Rede zur Lage der Nation: Ein US-Präsident und viele Dreamers
US-Präsident Donald Trump will mit seiner Rede zur Lage der Nation ein Zeichen setzen - doch die Opposition hat das auch vor. Und nimmt zahlreiche junge Einwanderer mit in den Saal.
Die jährliche Rede zur Lage der Nation ist für einen amerikanischen Präsidenten einer der wichtigsten Termine des Jahres. Vor beiden Häusern des Kongresses, den Mitgliedern des Kabinetts, des Verfassungsgerichts und der Militärführung kann der Staatschef zur besten Sendezeit für seine Politik werben und die Einheit des Landes beschwören. Auch Donald Trump wird bei seiner ersten Ansprache an diesem Dienstagabend (3 Uhr MEZ am Mittwochmorgen) die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit und sich selbst loben. Doch ein reines Vergnügen dürfte die Zeremonie für Trump nicht werden. Der Streit um die Zuwanderungspolitik und die Russland-Affäre werfen ihre Schatten auf den großen Auftritt.
Nicht nur der Präsident wird bei der Rede im Plenum des Repräsentantenhauses Zeichen setzen: Die oppositionellen Demokraten wollen mehrere Dutzend junge Einwanderer mit in den Saal bringen – jene so genannten „Dreamers“, die als Kinder ohne Papiere in die USA kamen und von Trump jetzt aus dem Land geworfen werden sollen. Der Präsident will die rund 800.000 „Dreamers“ nur weiter dulden, wenn die Demokraten im Gegenzug milliardenschweren Ausgaben für die Grenzsicherung und besonders die umstrittene Mauer an der Grenze zu Mexiko zustimmen. Der Streit, der vor zwei Wochen schon zu einer kurzfristigen Haushaltssperre führte, vergiftet das Klima zwischen den Demokraten und Trumps Republikanern.
Die Suche nach einer Lösung wird nicht zuletzt durch die Sprunghaftigkeit des Präsidenten selbst erschwert. Trump sagt und twittert viel, wenn der Tag lang ist – und nicht alles passt zusammen. So sprach er sich in den vergangenen Wochen zunächst für umfassende Kompromisse in der Immigrationspolitik aus und überraschte die Demokraten dann mit seinen Milliardenforderungen. Zugleich verhöhnte er ranghohe Demokraten und bezeichnete mittelamerikanische Länder als „Scheißlöcher“. Mit Trump zu verhandeln gleiche dem Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln, sagt Chuck Schumer, der Fraktionschef der Demokraten im Senat. Ob Trump bei der Rede am Dienstag neue und verbindliche Angebote an die Opposition unterbreitet, ist offen.
Sonderermittler Mueller zieht immer engere Kreise um Trump
Unklar ist auch, wie und ob der Präsident auf die Vorwürfe einer Verwicklung seines Wahlkampfteams in russische Manipulationsversuche bei der Präsidentenwahl 2016 eingehen wird. Sonderermittler Robert Mueller zieht immer engere Kreise um den Präsidenten selbst und will Trump persönlich befragen. Der Staatschef weist alle Vorwürfe zurück und ist nach eigenen Worten zu einer Vernehmung unter Eid bereit.
Die Vorstellung eines persönlichen Gesprächs zwischen Trump und Mueller bereitet einigen seinen Mitarbeitern schlaflose Nächte, wie das Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf Gewährsleute meldete. Der für sein loses Mundwerk bekannte Präsident könnte sich in einer Vernehmung leicht in Widersprüche verstricken und einen Meineid begehen, lautet demnach die Befürchtung.
Der „New York Times“ zufolge konnte der Präsident im Sommer nur mit großer Mühe davon abgebracht werden, Mueller zu feuern. Die Nachricht schockte sogar ranghohe Republikaner: Jeder im Weißen Haus wisse, dass eine Ablösung Muellers das Ende von Trumps Präsidentschaft bedeuten würde, sagte der einflussreiche Senator Lindsay Graham in einem Fernsehinterview.