Shanahan soll im Pentagon bleiben: Ein ungedienter Manager als Trumps Feldherr
Seit vier Monaten leitet Shanahan das US-Verteidigungsministerium kommissarisch, nun soll der Ex-Boeing-Manager, ein Trump-Jünger, die Armee dauerhaft führen.
Wie sich die Zeiten ändern: Als der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump 2017 seine Regierung zusammenstellte, mokierten sich viele Beobachter über sein auffälliges Interesse an Generälen. Gleich drei dieser ehemals hochrangigen Militärs berief der Mann, der selbst nie gedient hat, in sein Kabinett, um die Außen- und Verteidigungspolitik zu gestalten.
Mehr als zwei Jahre später will Trump nun in Patrick Shanahan (56) einen Mann zum Befehlshaber über die 1,2 Millionen US-Soldaten im aktiven Dienst machen, der den Großteil seiner Karriere in der Privatwirtschaft gearbeitet hat und über kaum außenpolitische und gar keine militärische Erfahrung verfügt. Und das in einer Zeit, in der es die USA mit mehreren außenpolitischen Krisen gleichzeitig zu tun haben, die das Potenzial haben, aus einem Verteidigungs- einen Kriegsminister zu machen: Die Lage im Iran, in Nordkorea und in Venezuela ist brandgefährlich.
Nun führte Shanahan das Pentagon bereits seit 128 Tagen kommissarisch – ein Rekord –, nachdem der Viersternegeneral Jim Mattis, von vielen als „der letzte Erwachsene im Weißen Haus“ bezeichnet, frustriert hingeschmissen hatte. Dass Trump unabgesprochen den vollständigen Truppenrückzug aus Syrien und die Reduzierung der Truppen in Afghanistan verkündete, war eine Demütigung zu viel für ihn.
Davor hatte Shanahan anderthalb Jahre als Mattis' Stellvertreter agiert. Er hat aber auch mehr als drei Jahrzehnte für den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Boeing gearbeitet – und das macht seine Ernennung zusätzlich problematisch. Denn bisher haben es Präsidenten eher vermieden, einen Kandidaten für das Verteidigungsministerium der stärksten Militärmacht der Welt vorzuschlagen, der zuvor in einer Rüstungsfirma gearbeitet hatte.
Doch Trump scheut den Vorwurf nicht, Politisches und Geschäftliches zu vermengen. Immerhin: Eine interne Untersuchung wegen Vorwürfen, Shanahan habe im Pentagon Maßnahmen ergriffen, um seinen früheren Arbeitgeber gegenüber Wettbewerbern zu begünstigen, fand keine Beweise für diese Anschuldigungen.
Zweifel an seiner Qualifikation
Das heißt aber nicht, dass Shanahan im Senat so einfach bestätigt werden wird. Mehrere Senatoren, darunter auch Republikaner, äußerten sich in den vergangenen Monaten skeptisch über seine Qualifikation für das Amt. Immerhin übernähme er die Verantwortung über den weltweit größten Rüstungsetat und die wohl weltweit größte Mitarbeiterzahl.
Trump scheint dagegen an seinem Kandidaten neben den mehrfach gelobten Managerqualitäten vor allem eins zu gefallen: dass der 56-Jährige überaus loyal zu ihm steht. So unterstützt Shanahan eines der wichtigsten und umstrittensten Projekte des Präsidenten voll und ganz. Nachdem dieser einen nationalen Notstand ausgerufen hatte, um den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko ohne Zustimmung des Kongresses vorantreiben zu können, stellte der kommissarische Verteidigungsminister dafür Milliarden aus dem Budget des Pentagon bereit. Auch ist er einverstanden damit, weiterhin tausende Soldaten an die Grenze zu entsenden. Zudem wurde Shanahan erst am Dienstag gerügt, weil er den Kongress nicht vorab informiert hatte, bevor er vor dem Hintergrund des Streits mit dem Iran die Verlegung eines Flugzeugträgers und einer Bomberstaffel in den Persischen Golf anordnete.
Trump treu ergeben
Sein hoch angesehener und selbstbewusster Vorgänger Mattis hatte aufgegeben, weil Trump schlecht mit abweichenden Meinungen umgehen kann und zu unüberlegten außenpolitischen Schritten neigt. Das scheint für Shanahan eher kein Problem zu werden. Bei seiner ersten Pressekonferenz als kommissarischer Verteidigungsminister im Januar hatte er auf die Frage, ob er bereit sei, auch einmal Nein zum Präsidenten zu sagen, schwammig erklärt: „Ich bin immer gewillt, dem Präsidenten eine Rückmeldung zu geben.“
In den vier Monaten danach ist er öffentlich wenig in Erscheinung getreten, unternahm deutlich seltener Auslandsreisen als Mattis, der den Kontakt zu den traditionellen Verbündeten pflegte.
Kaum Aussagen zu aktuellen Krisen
Auch zu den aktuellen Krisenherden Iran, Nordkorea und Venezuela war von Shanahan ebenfalls kaum etwas zu vernehmen. Die Linie geben hier eher Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo vor, der gerade kurzfristig in den Irak flog, um der dortigen Regierung den Schutz der im Land stationierten US-Truppen ans Herz zu legen.
Ex-Manager Shanahan will sich dagegen nach eigenen Angaben eher auf die Modernisierung der US-Streitkräfte konzentrieren, damit „unsere bemerkenswerten Soldaten, Seeleute, Luftwaffensoldaten und Marineinfanteristen alles haben, was sie brauchen, damit unser Militär tödlich und unser Land sicher bleibt“. Das wird denjenigen gefallen, die schon länger auf eine Verbesserung der Beschaffungsprozesse drängen.
Shanahan will Armee modernisieren
Dabei kann er durchaus auf langjährige Erfahrung zurückgreifen: 2007 übernahm der studierte Maschinenbau-Ingenieur das Management für das Zivilflugzeug 787 Dreamliner, das Milliardenprojekt von Boeing, das damals mit großen Produktionsschwierigkeiten und Verzögerungen zu kämpfen hatte.
Zuvor hatte er sich an leitender Stelle um die Verteidigungssparte des Konzerns gekümmert, um Raketenabwehrsysteme und Militärhubschrauber. Er erarbeitete sich den Ruf eines effizienten Problemlösers und den Spitznamen Mr. Fix. Als Shanahan dann 2017 ins Pentagon wechselte, erklärte er: „Es ist so, wie wenn man sich nach vielen Jahren von seiner Freundin trennt und dann die Liebe seines Lebens trifft.“
Wie lange die Liebe andauert, wird sich zeigen. Denn auch wenn er den Nominierungsprozess übersteht: Die Halbwertszeit von Trumps Ministern ist eher begrenzt. Da helfen solche Loyalitätsbekundungen wie die, als der Präsident im Frühjahr 2018 den Aufbau einer neuen Teilstreitkraft für den Weltraum ankündigte. Damals noch stellvertretender Verteidigungminister, signalisierte Shanahan umgehend volle Unterstützung: Das Pentagon sei ja kein Ministerium, das immer nur Nein sage.
Juliane Schäuble