Das sind Seehofers Krisenmanager: Ein Staatssekretär und ein Polizeichef im Kampf gegen das Coronavirus
Hans-Georg Engelke und Dieter Romann managen für den Innenminister die Abwehr von Covid-19 aus dem Ausland. Die Schließung der Grenzen ist ein Kraftakt.
Die beiden sitzen bei der Pressekonferenz neben Horst Seehofer, sie sagen nur wenig und sind doch und gerade jetzt eminent wichtig. Hans-Georg Engelke und Dieter Romann managen für den Bundesinnenminister die harten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, aktuell vor allem die Schließung der Grenzen für „Reisende ohne triftigen Reisegrund“, wie es Seehofer am Sonntagabend vor den eilig herbeigetrommelten Journalisten formuliert.
Engelke ist als Staatssekretär zuständig für die „öffentliche Sicherheit“ und führt den Corona-Krisenstab im Ministerium.
Romann leitet die Bundespolizei, eine riesige Behörde mit mehr als 48 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Es hängt jetzt viel davon ab, ob Engelke und Romann es schaffen, die Republik vor Virus-Trägern aus den Nachbarstaaten zu bewahren. Auch wenn die Aufgabe eine bislang ungekannte Dimension hat, dürften Engelke und Romann die passenden Krisenmanager sein. Mit Erfahrung in schwierigen Lagen.
Engelke, 56 Jahre alt, Jurist und ehemaliger Verfassungsschützer, ist ein freundlicher Mensch. Er lächelt seine Gesprächspartner an, Arroganz ist ihm fremd. Und doch ist eiserne Energie spürbar. Was der Staatssekretär will, setzt er durch. Wenn er von einem Projekt nicht überzeugt ist, macht er so lange Druck, bis es doch die nötige Substanz hat. Wie das System Engelke funktioniert, zeigte sich vor wenigen Monaten bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Engelke bereitete Verbot der Nazitruppe Combat 18 penibel vor
Horst Seehofer deutete nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke an, militante Gruppierungen von Neonazis zu verbieten. Rasch kursierte in Politik und Medien der Name „Combat 18“, auf Deutsch übersetzt Kampfgruppe Adolf Hitler.
Ein Trupp von etwa 20 Fanatikern mit Hang zu Waffen und Schießtraining, allerdings eher lose organisiert. Für ein bundesweites Verbot musste das Innenministerium jedoch belegen, dass Combat 18 durchaus als strukturierter Verein zu werten ist. Das Beweismaterial von Polizei und Nachrichtendiensten reichte Engelke lange nicht. Die Gefahr, beim Verwaltungsgericht gegen Neonazis zu verlieren, war dem Staatssekretär zu groß. Er insistierte.
Dann kamen doch genügend Belege für ein Verbot zusammen. Im Januar löste Seehofer die Nazitruppe auf. Engelke hatte sich mit dem Prinzip Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit durchgesetzt. Mit Erfolg. Die Verbotsverfügung ist so detailliert, dass Combat 18 auf rechtliche Schritte verzichtet hat.
Ein Verfassungsschützer, der einen Verfassungsschutzskandal audklären sollte
Als Krisenmanager war Engelke auch in einer besonders heiklen Geschichte gefragt. Im November 2011, nur wenige Tage nach dem dramatischen Ende der Terrorzelle NSU, ließ ein Referatsleiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Akten schreddern. Als das herauskam, geriet das BfV unter schweren Beschuss durch Politik und Medien. Der Präsident des Bundesamtes, Heinz Fromm, trat im Juli 2012 zurück.
Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beauftragte Engelke, damals im Ministerium als Referatsleiter mit der Bundespolizei befasst, die Affäre zu untersuchen. Engelke hatte dennoch genügend Kenntnis über den Nachrichtendienst, von 2006 bis 2010 leitete er im BfV die Abteilung Terrorismus/Islamismus. Dass ausgerechnet ein ehemaliger Verfassungsschützer die Schredder-Affäre des BfV aufklären sollte, stieß in der Öffentlichkeit auf Kritik.
Doch Engelke galt und gilt bis heute als integer. In seinem Bericht zur Affäre nannte er weitere Schredderaktionen, kritisierte auch interne Abläufe im BfV, sah aber keine gezielte Vertuschungsaktion. Das Resumee wurde ebenfalls in Medien und Politik kritisiert, aber Engelkes Ruf blieb unbeschädigt. Seinen Aufstieg zum Staatssekretär im Jahr 2015 stand nichts entgegen.
Romann holte eigenhändig einen Mörder aus dem Irak zurück
Bei Dieter Romann hingegen erscheint es schon erstaunlich, dass er sich seit mehr als sieben Jahren auf dem Chefposten der Bundespolizei hält. Romann, 57 Jahre alt, auch Jurist, hat ein ganz anderes Temperament als Engelke.
Der Präsident der Bundespolizei grantelt schnell, wenn ihm etwas nicht passt. Im Herbst 2015 attackierte er intern und gemeinsam mit dem damaligen BfV-Präsidenten Hans-Georg Maaßen die Bundeskanzlerin für den Zustrom hunderttausender Flüchtlinge ohne Grenzkontrolle.
Und sein Unmut über die Flüchtlingspolitik hält an. Im Februar kritisierte er beim Europäischen Polizeikongress in Berlin, es gebe 249 000 ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige, aber nur 557 Sicherungshaftpätze. Lediglich „ein Freistaat“ verhalte sich vorbildlich, gemeint war Bayern. Angela Merkel hat dennoch bislang darauf verzichtet, den Abgang des Präsidenten der Bundespolizei zu erzwingen.
Romann nimmt Sicherheitspolitik sehr persönlich. Im Juni 2018 flog er mit Bundespolizisten in den von Kurden beherrschten Nordirak und holte einen Mörder nach Deutschland zurück. Ali B. hatte in Wiesbaden eine 14-jährige Schülerin vergewaltigt und getötet. Der Iraker setzte sich in seine Heimat ab, doch Romann schritt ein.
Die Rückholaktion war umstritten, die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelte gegen den Präsidenten der Bundespolizei wegen des Verdachts auf Freiheitsberaubung. Romann blieb ungerührt. Das Ende der Geschichte gab ihm Recht. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, das Landgericht Wiesbaden verurteilte Ali B. zu lebenslanger Haft und bescheinigte ihm eine besondere Schwere der Schuld. Der Iraker wird deutlich länger als die üblichen 15 Jahre im Gefängnis verbringen.
Nun muss Romann eine weit größere Aufgabe bewältigen. Der Schutz der Republik vor Corona-Infizierten aus den Nachbarländern fordert den gesamten Apparat der Bundespolizei. Die selbst auch schon betroffen ist. Am Sonntagabend sagt Romann, es gebe vier infizierte Beamte, 90 Labortests seien „noch offen“.
Aber Romann wäre nicht Romann, würde er auch nur den Hauch eines Zweifels an der Einsatzfähigkeit seiner Truppe zulassen. „Wir haben ausreichend Beamte“, knarzt er einen Journalisten an, der nach den Kapazitäten der Bundespolizei gefragt hat. Und er belehrt die Medien, „wir schließen keine Grenzen, das tut Nordkorea. Wir kontrollieren Grenzen, das ist was ganz anderes.“ Seehofer und Engelke nicken. Das Bundesinnenministerium signalisiert Entschlossenheit. Von Resignation ist weder beim Minister noch bei seinen Krisenmanagern etwas zu spüren.