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Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Berliner Julis-Chef kritisiert Lindner: „Ein Schlag ins Gesicht aller jungen Menschen“

Die Freien Demokraten brauchen Ernsthaftigkeit beim Klimaschutz, weniger Abgrenzung vom politischen Gegner und eine Betonung der eigenen Ideen. Ein Gastbeitrag.

Die FDP ist die proeuropäischste aller Parteien. Das sage nicht ich, sondern das hat vor wenigen Wochen Heinrich August Winkler hier im Tagesspiegel bilanziert. Eine europäische Armee, ein Verfassungskonvent bis zum Jahr 2022, ein föderaler europäischer Bundesstaat – keine andere Partei ist so überzeugt von Europas Potenzial, die Zukunft zu gestalten, wie die Liberalen. Nur hat das keiner mitbekommen, was aufgrund einer blassen Kampagne nicht verwunderlich ist. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 verlor die Partei mehr Stimmen an die Gruppe der Nichtwähler, als Wahlberechtigte der Partei erneut ihre Stimme gaben.

Die stärkste Wählergruppe der FDP bleiben die Jung- und Erstwähler. Während die AfD bei den Erstwählern nur fünf Prozent holt, gewinnen die Grünen 36 Prozent. Statt künftig nur die Sorgen von Wutbürgern zu diskutieren, sollten Liberale die Anliegen der jungen Generation in den Fokus nehmen.

Symptomatisch für den fehlenden Optimismus ist ein Spruch des Bundesvorsitzenden. Die Aussage Lindners, Klimapolitik solle man „den Profis überlassen“, war ein Schlag ins Gesicht aller jungen Menschen, auch bei den Jungen Liberalen und der FDP. Gleichzeitig trifft die Aussage nicht das Programm der Partei. Die FDP ist die progressivste Klimapartei. Eine CO2-Steuer kann sich der Städter mit dem SUV leisten, die Krankenpflegerin vom Land, die 50 Kilometer zur Arbeit fährt, hingegen nicht.

„Obergrenze für Emissionen statt für Flüchtlinge“

Mit einer Ausweitung des europäischen Zertifikatehandels werden alle Emissionen europaweit begrenzt und die Unternehmen zu ökologischem Wirtschaften animiert. „Obergrenze für Emissionen statt für Flüchtlinge“ wäre ein wirklich mutiges Plakat für die FDP gewesen.

Nachdem die Partei 2013 nicht in den Bundestag gewählt wurde, hat sie sich selbst erneuert. Die Kernthemen Bürgerrechte und Soziale Marktwirtschaft wurden um die weltbeste Bildung erweitert. Diesen Erneuerungsprozess muss die Partei weiter fortsetzen. Das Motto „Monday for Economy“ als Antwort auf „Friday for Future“ beim vergangenen Bundesparteitag ging nicht nur gänzlich unter. Es ist auch keine neue Erkenntnis, dass die FDP für wirtschaftspolitische Vernunft steht. Die anstehenden Landtagswahlen im Osten wären ein guter Anlass gewesen, um mit den noch immer großen Unterschieden zwischen Ost und West eine der größten Ungerechtigkeiten Deutschlands zu thematisieren.

In der Parteienlandschaft ist etwas grundsätzlich in Bewegung geraten. Die CDU ist nur noch bei der ältesten Wählergruppe stärkste Kraft. Mit einer starken grünen Partei gibt es links der Mitte scheinbar keine Notwendigkeit mehr, einen sozialdemokratischen Spitzenkandidaten zu wählen. Die Grünen sind dabei, sich als neue Volkspartei zu etablieren und vereinen derzeit Wählerschichten von ganz links bis tief ins konservative Milieu. Ob das so bleiben kann, selbst wenn die Grünen auf Bundesebene Regierungsverantwortung übernehmen, ist offen. Während in Baden-Württemberg eine konservative Grüne Partei regiert, machen sie in Berlin der Linkspartei Konkurrenz.

Mit Optimismus, Mut und Empathie

Dennoch: Je weniger es CDU und SPD gelingt, die Anliegen junger Menschen ernst zu nehmen, desto mehr bedarf es einer Partei, die diesen Menschen ein Angebot macht. Das müssen nicht die Grünen sein. Diese Rolle kann auch die FDP übernehmen. Bei der Digitalisierung von Gesellschaft, Bildung und Wirtschaft sind die Liberalen Vorreiter. Bei Uploadfiltern war sie ganz auf Linie mit der Mehrheit meiner Generation.

Was fehlt ist mehr Ernsthaftigkeit beim Klimaschutz, weniger Abgrenzung vom politischen Gegner und eine Betonung der eigenen Ideen. Um die Stimme der Jugend zu stärken, sollte sich die FDP für eine Absenkung des Wahlalters aussprechen. Mit Optimismus, Mut und Empathie kann die FDP Antworten kommunizieren und neue Potenziale gewinnen. Wovon Robert Habeck nachts träumt, kann den Liberalen dafür herzlich egal sein.

David Jahn ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Berlin.

David Jahn

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