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Ziemlich beste Freunde: Viktor Orbán und Wladimir Putin.
© dpa

Ungarn unter Viktor Orbán: Ein Putin innerhalb der EU

Die ungarische Regierung versucht einem dutzend Menschenrechtsorganisationen den Geldhahn zuzudrehen. Sie nennt sie "ausländische Agenten" und möchte "keine liberale Gesellschaft" im Land haben.

Für Viktor Orbán gibt es vier Vorbilder: China, Russland, die Türkei und Singapur. Das seien die neuen Erfolgsmodelle auf der Weltbühne, sagte der ungarische Ministerpräsident im Juli. Und ja, sie hätten alle wenig mit dem Verständnis von liberaler Demokratie zu tun. Aber Orbán war sowieso der Meinung, "dass sich Ungarn lossagen müsse von den liberalen Prinzipien und Methoden der Gesellschaftsorganisation, und überhaupt vom liberalen Verständnis der Gesellschaft", wie er in seiner viel beachteten Rede auf der Sommeruniversität in Tusnádfürdő erklärte.

In Ungarn beherrschen derzeit dreizehn Nichtregierungsorganisationen die Schlagzeilen. Denn die Fidesz-Regierung nimmt sich nach der demokratietheoretischen Rede des Ministerpräsidenten tatsächlich ein Beispiel an Orbáns Vorbildern. Die Organisationen, die sich unter anderem um Korruption, Frauenrechte, den Schutz von Minderheiten wie Roma oder Homosexuelle kümmert, bezeichneten mehrere Regierungsmitglieder als "ausländische Agenten". Sie würden mit fremden Kapital als politische Opposition ausschließlich gegen die Regierung in Budapest arbeiten, so der Vorwurf.

Grund genug für Viktor Orbán und seine Regierung diese NGOs zu bekämpfen. Unter anderem landeten der ungarische Ableger von Transparency International, die Enthüllungsplattform Átlatszo, die mehrfach kritisch über Viktor Orbán berichtete und die ungarische Menschenrechtsorganisation "Civil Liberties Union" auf der schwarzen Liste. Eine staatliche Repressionsmaßnahme gegen zivilgesellschaftliche Kräfte, die auch in Ägypten, Pakistan und eben Russland angewendet wird.

Mit Raffinesse gegen die Zivilgesellschaft

Tatsächlich erhalten diese Organisationen auch Gelder aus dem Ausland, unter anderem auch aus einem norwegischen Fond. Die Regierung in Oslo beschwerte sich offiziell bei der Regierung in Budapest, doch die beharrt darauf, dass die NGOs auf ihrer Liste nicht Teil der Zivilgesellschaft seien. Nach einer Polizeirazzia im Büro einer Organisation sagte Vidar Helgesen, Europaminister in Norwegen: "Die ungarische Regierung respektiert nicht die europäischen Werte, die mit Demokratie und guter Regierungsführung zusammenhängen". Es ist längst ein diplomatischer Streit entbrannt, vor und hinter den Kulissen.

"In Ungarn werden Nichtregierungsorganisationen nicht verboten, aber momentan wird raffiniert gegen einige dieser Organisationen vorgegangen“, sagte Jan Niklas Engels, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Budapest, dem Tagesspiegel. Die Finanzbehörden führten Ermittlungen durch und überhäuften die kleinen Organisationen mit Anfragen und behinderten somit deren eigentliche Arbeit. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat Kontakte zu einigen Organisationen auf der schwarzen Liste. "Die haben eine korrekte Buchhaltung, sie machen eine gute Arbeit", sagte Engels.

Orbán erinnert stark an Putin

Ziemlich beste Freunde: Viktor Orbán und Wladimir Putin.
Ziemlich beste Freunde: Viktor Orbán und Wladimir Putin.
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Innerhalb der Europäischen Union gilt Orbán als sehr russlandfreundlich. Im Zuge der Ukraine-Krise habe er im Kreis der Staats- und Regierungschefs mehrfach auf die Bremse beim Thema Sanktionen gegen Russland getreten. Beobachter berichten allerdings von vermehrt "russischen Tendenzen" in der ungarischen Politik. Die Korruptionsrate unter den Parteien - auch bei der sozialistischen Opposition - sei hoch, die Diskriminierung von Minderheiten staatlich geduldet und die Zivilgesellschaft werde behindert, sobald sie gegen die Ideologie der Regierungspartei Fidesz Position beziehe.

"Man kann Orbáns Worte aber auch wohlwollend interpretieren und seine Rede als Kritik an einer neoliberalen Wirtschaftsordnung deuten", sagte Jan Niklas Engels von der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Blick auf Orbáns Rede zur Entwicklung der Demokratie in Ungarn. Der Ministerpräsident habe seine Worte von Tusnádfürdő teilweise relativiert. Er sitze ja auch regelmäßig am Tisch der Europäischen Regierungschefs, ansprechbar sei er deswegen allemal. Aber der europäische Dialog mit der ungarischen Regierung, auch über Menschenrechte, Pressefreiheit und dem Schutz der Zivilgesellschaft müsse intensiviert werden.

Eine Burg für Orbán

Die außerparlamentarische Opposition in Ungarn spricht dagegen von einer "Putinisierung Ungarns", wie es die Menschenrechtlerin Stefánia Kapronczay formulierte. Ihre Menschenrechtsorganisation TASZ landete ebenfalls auf der schwarzen Liste und sieht darin einen "Feldzug der Regierung gegen die Freiheitsrechte". Das quasi Verbot der NGOs sei das beste Beispiel dafür, dass Viktor Orbán Russland als Vorbild ansehe, auch in Sachen "Terrorisierung der Zivilgesellschaft".

Orbán selbst sorgt für die passende Symbolik zu seiner "putinisierten Politik". Seine Regierung hat die Verlegung ihres Sitzes in den Burgpalast an der Donau beschlossen. Das Vergabeverfahren für die Renovierungsarbeiten wird als Staatsgeheimnis betrachtet und nicht öffentlich ausgeschrieben.

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