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Geste der Entschlossenheit. US-Präsident Donald Trump spricht vor dem Marine-Corps in San Diego.
© Kevin Lamarque/Reuters

Donald Trump: Ein Mann hält Wort

Stück für Stück macht US-Präsident Trump seine Versprechen aus dem Wahlkampf wahr. Dabei verlässt er sich auf sein Bauchgefühl - auch in seiner Personalpolitik.

Niemand kann Donald Trump vorwerfen, er habe sich im Wahlkampf verstellt: Die Amerikaner bekommen mit ihrem 45. Präsidenten genau das, was der frühere Immobilienmakler versprochen hat. Der Rechtspopulist regiert trotz der vielen Pannen im Weißen Haus in der festen Überzeugung, es besser zu wissen als alle anderen. Wie die Entlassung von Außenminister Rex Tillerson zeigt, legt der 71-jährige Trump nach einem Jahr im Amt zunehmend die Rücksicht auf Traditionen, alte Bündnisse oder fachpolitischen Sachverstand ab. In der Regierung könnten deshalb weitere Amtsinhaber ihren Job verlieren, in US-Medien kursieren bereits Listen mit möglichen Abschusskandidaten. Allerdings regt sich bei den Wählern zunehmend Unbehagen mit der Politik des Präsidenten.

Längst haben sich die USA und die Welt an ein Personalkarussell gewöhnt, das sich bei Trump wesentlich schneller dreht als unter anderen Präsidenten. Zuletzt hatten Wirtschaftsberater Gary Cohn und Kommunikationschefin Hope Hicks gekündigt. Seit Trumps erster Sicherheitsberater Michael Flynn schon nach drei Wochen im Amt im vergangenen Jahr die Koffer packen musste, sind im Weißen Haus ein Stabschef, mehrere Chefs der Kommunikationsabteilung plus Stellvertreter, ein Regierungssprecher, ein Chefstratege und eine Vize-Sicherheitsberaterin entweder entlassen worden oder freiwillig gegangen.

Fast kein Tag vergeht ohne neue Überraschungen im Mitarbeiterstab des Weißen Hauses. Anfang der Woche musste Trumps persönlicher Assistent John McEntee gehen. Laut Medienberichten waren bei ihm finanzielle Unregelmäßigkeiten aufgeflogen; McEntee soll ein leidenschaftlicher Glücksspieler sein.

Große Politik - auch ohne detailliertes Fachwissen

Trotz der vielen Pannen soll der Präsident intern nach seinem Überraschungscoup des geplanten Gipfeltreffens mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un gesagt haben, er wolle sich künftig mehr auf sein Bauchgefühl verlassen. Trump ist sicher, dass er auch ohne detailliertes Fachwissen oder den Rat von Experten eine überragende Spürnase besitzt, und dass er seine populistische Agenda energischer als bisher vorantreiben sollte.

Diese Tendenz zeigte sich zuletzt an der Verkündung von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte. Der Handelsprotektionismus ist ein wichtiger Bestandteil von Trumps Agenda, die in Teilen auf der Überzeugung aufbaut, dass die USA von anderen Staaten übervorteilt wird. Die Drohung mit Strafzöllen betrifft nicht nur weltpolitische Rivalen wie China, sondern auch Verbündete wie die EU. Am Mittwoch berichtete Reuters unter Berufung auf Insider, dass Trump Strafzölle gegen chinesische Technologiefirmen plane.

Um Abschottung geht es auch in Trumps Einwanderungspolitik. Bei einem Besuch an der mexikanischen Grenze am Dienstag inspizierte der Präsident einige Prototypen für die geplante Mauer, die illegale Einwanderer und Drogen aus den USA fernhalten soll. Noch hat der Kongress kein Geld für das bis zu 20 Milliarden Dollar teure Projekt genehmigt, doch der Präsident wird bei diesem Thema ebenso weiter Druck machen wie bei der Abschiebung von Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung. Gleichzeitig reduzieren die USA die Aufnahme von Flüchtlingen drastisch.

Zu den Maßnahmen des Präsidenten gegen angebliche Versuche des Auslands, Amerika zu übervorteilen, gehört auch sein Ausstieg aus dem internationalen Klimavertrag von Paris. Trump selbst, Umweltminister Scott Pruitt und sein designierter neuer Außenminister Michael Pompeo zweifeln daran, dass es einen von Menschen verursachten Klimawandel gibt. Politiker, die auf den wissenschaftlichen Konsens in dieser Frage verweisen, haben bei Trump einen schweren Stand.

Tillerson gehörte zu ihnen. Der geschasste Außenminister war auch einer jener Politiker, die in der Iran-Politik zu einem gemäßigten Vorgehen rieten. Trump droht seit dem Wahlkampf damit, das internationale Atomabkommen mit Teheran aufzukündigen – sein neuer Außenminister Pompeo dürfte ihn in dieser Haltung bestärken. Nach Tillersons Ausscheiden aus der Regierung könnte nun schon im Mai das Aus für den Iran-Vertrag kommen.

Entscheidend sind die Vorteile für die USA

Trumps betreibt eine so genannte transaktionale Außenpolitik, bei der die USA ihr Engagement in einer Weltgegend von konkreten und raschen Vorteilen für sich selbst abhängig machen. Deshalb droht der Präsident den europäischen Verbündeten mit Strafmaßnahmen, weil deren Rüstungsausgaben nach seinem Geschmack nicht hoch genug sind.

Auch das US-Engagement für die Menschenrechte in aller Welt spielt bei Trump keine große Rolle. Seine Kandidatin für den Führungsposten beim Geheimdienst CIA, Gina Haspel, soll Foltermethoden beim Verhör von Terrorverdächtigen angeordnet haben. Immerhin habe Trump es geschafft, der Welt klarzumachen, dass die USA eben keine Kraft des Guten seien, schrieb der Journalist Stephen Kinzer auf Twitter. Haspels Ernennung führe jedermann vor Augen, „wer wir wirklich sind“.

Von kritischen Einwänden lässt sich Trump aber immer weniger beeindrucken. Mehr denn je will der Präsident seinem Bauchgefühl folgen. Nicht zuletzt deshalb könnten schon bald weitere Entlassungen anstehen. Einer, dessen Position als unsicher gilt, ist Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster. Der ehemalige General erregte den Unwillen seines Chefs unter anderem mit öffentlichen Beschwerden über die russischen Einflussversuche bei der US-Wahl von 2016. In manchen Medienberichten heißt es, McMaster werde möglicherweise noch im März gehen. Als Nachfolger wird unter anderem der frühere amerikanischen UN-Botschafter John Bolton gehandelt, wie Pompeo ein außenpolitischer Hardliner.

Auch Stabschef John Kelly ist Trump hin und wieder ein Dorn im Auge. Kelly, ebenfalls ein Ex-General, hat vor allem die Aufgabe, das Chaos im Weißen Haus zu bändigen. Dazu gehört die Beschränkung des Zugangs zu Trump sowie eine strengere Handhabung von Geheimhaltungsvorschriften, was die uneingeschränkte Akteneinsicht von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner beendete.

Auch der Justizminister wackelt

Justizminister Jeff Sessions ist ein weiterer Wackelkandidat im Kabinett. Als Senator war Sessions einer der ersten Trump-Anhänger, was der auf Loyalität bedachte Präsident sehr zu schätzen weiß. Doch die Tatsache, dass Sessions die Berufung von Russland-Sonderermittler Robert Mueller ermöglichte, erregt nach wie vor den Zorn des Staatschefs. Mehr als einmal hat Trump seinen Justizminister öffentlich beschimpft – bisher lässt Sessions all dies an sich abperlen und bleibt im Amt. Wie lange Trump ihn gewähren lassen will, ist aber nicht sicher.

Allerdings deutet sich trotz Trumps Populismus-Offensive an, dass die Wähler dem Präsidenten möglicherweise nicht so begeistert folgen, wie er sich das wünscht. Im vergangenen Jahr ging für Trumps Republikaner im tief konservativen Alabama eine Nachwahl für einen Senatssitz verloren. Diese Woche muss Trumps Kandidat bei einer weiteren Nachwahl um ein Abgeordnetenmandat in Pennsylvania zittern: Nach Auszählung der meisten Stimmen am Mittwoch lag dort der Bewerber der oppositionellen Demokraten, Conor Lamb, knapp vor dem Republikaner Rick Saccone.

Die Entscheidung in Pennsylvania fällt voraussichtlich erst nach Auswertung der Briefwähler-Stimmen – und das in einer Gegend, in der Trump bei der Wahl 2016 noch 60 Prozent der Stimmen eingefahren hatte. Das ist ein äußerst schlechtes Vorzeichen für Trump vor den Kongresswahlen im Herbst.

Thomas Seibert

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