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Neue Töne. Heiko Maas findet, dass mit Russland in einer anderen Sprache gesprochen werden muss, einer harten.
© Thomas Trutschel/Imago/photothek

Umstrittene Russland-Politik: Ein Hauch von Hochmut umweht Heiko Maas

Mit Russland soll eine andere, harte Sprache gesprochen werden, lautet die Botschaft des neuen Außenministers. Doch sein Kurswechsel kann Maas ins Abseits führen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Kaum angekommen, verursacht der neue Amtsinhaber unerhörte Dissonanzen. Ausgerechnet der Außenminister als Chefdiplomat geht überraschend undiplomatisch vor – und das auch noch gegen eine der großen (im Sinne von bedeutenden) Traditionslinien seiner Partei, der SPD. So kommt es, dass Heiko Maas mit seinem Russland-Kurs geradezu zwangsläufig Widerspruch hervorruft. Alles andere wäre auch ein Wunder.

Natürlich hat ein neuer Minister das Recht, neue Akzente zu setzen. Selbstverständlich kann Maas die Russland-Politik Revue passieren lassen und Änderungen vornehmen wollen. Aber erstens kann er sie zur Diskussion stellen, zweitens kann er sich Argumenten öffnen, drittens Fakten prüfen. Viertens sollte er unter keinen Umständen den Eindruck hinterlassen, als sei die bisherige Politik seiner Vorgänger – in Person Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel – nur beschwichtigend gewesen. Um das außenpolitisch böse, ja kontaminierte Wort Appeasement zu vermeiden.

Sein neuer Ton fällt auf seine Vorgänger zurück

Das alles ist allerdings geschehen. Maas hat vom ersten Moment der Amtsübernahme an einen neuen Ton angeschlagen, er selbst, nicht nur das Haus in Presseerklärungen. Mit Russland soll demnach eine andere Sprache gesprochen werden, eine harte. Was umgekehrt auf seine Vorgänger zurückfällt. Das ist unfein und unrichtig. Ein Hauch von Hochmut weht am Werderschen Markt.

Wer die Politik von Steinmeier (und auch von Gabriel) verfolgt hat, wird Maas widersprechen. Das wiederum wird auf den Neuen im Amt zurückfallen, in der SPD und darüber hinaus.

Außenpolitik ist nicht bloß einfach eine veränderte Sprache. Sondern sie ist unterlegt von Abwägung und Prüfung, basierend auf vielfacher Erfahrung. Die lässt sich gerade im Diplomatischen nutzen, wo Köpfe zählen und nicht Waffen. Wäre das alles nicht so, könnte man das Außenministerium gleich schließen. Oder es so behandeln wie Donald Trump in den USA. Dann reichte hierzulande auch eine Kommunikationsabteilung.

Der Spielraum droht zu verschwinden

Hinzu kommt: Eine Bundesregierung benötigt zur Wahrung oder Durchsetzung eigener Interessen immer Spielräume. Darum gibt es unterschiedliche Aufgaben, die zuweilen zu unterschiedlichen Rollen führen. Führen müssen. Nehmen wir den Russland-Fall: Der Außenminister muss einen Handlungsspielraum eröffnen. Wenn er aber eine Meinung so scharf wie die Bundeskanzlerin vertritt, schärfer sogar noch, gerät die nur noch weiter unter Druck ihrer Russlandkritiker in der eigenen Fraktion und Partei. Und der Spielraum ist keiner mehr.

Ein letztes. Der Respekt vor der außen- und sicherheitspolitischen Bedeutung der Entspannungspolitik Willy Brandts, noch dazu einer SPD-Ikone, gerade gegenüber den östlichen Nachbarn erfordert, das Thema umso gründlicher zu beraten. In Partei und Öffentlichkeit. Auch oder gerade, wenn im Sinne europäischer Geschlossenheit konstatiert werden soll, dass das Russland von heute nicht die Sowjetunion von einst ist, dass Wladimir Putin unberechenbarer als Leonid Breschnew ist – muss die neue Politik doch erst begründet werden. Zu quick zu sein, kann schnell ins Abseits führen.

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