Boris Johnson freut sich über den Brexit: „Ein großartiger Moment für dieses Land“
Der endgültiger Bruch zwischen Großbritannien und der EU ist vollzogen. Premier Johnson zeigt sich zuversichtlich. Sein Vater will derweilen Franzose werden.
Großbritannien hat den EU-Binnenmarkt und die Zollunion in der Nacht zum Freitag verlassen. Damit ist der Brexit nach einer Übergangszeit von elf Monaten endgültig vollzogen. Um Mitternacht (MEZ) trat ein Post-Brexit-Abkommen in Kraft, das zahlreiche Handels- und Zollfragen regelt und einen harten wirtschaftlichen Bruch zwischen Großbritannien und der EU vermeiden soll. Um 23 Uhr läutete der Glockenschlag von Big Ben das neue Kapitel in der Geschichte des Landes ein.
Der britische Premier Boris Johnson hat den finalen Bruch mit der Europäischen Union als Meilenstein für sein Land hervorgehoben. "Dies ist ein großartiger Moment für dieses Land. Wir haben die Freiheit in unseren Händen, und es liegt nun an uns, das Beste daraus zu machen", sagte Johnson am Donnerstag in seiner Neujahrsansprache ans britische Volk. Großbritannien könne Dinge nun anders machen - "und wenn nötig besser als unsere Freunde in der EU".
Großbritannien war nach 47 Jahren Mitgliedschaft bereits Ende Januar 2020 aus der EU ausgetreten. Das in letzter Minute mit der EU ausgehandelte Handels- und Partnerschaftsabkommen soll nun einen harten Bruch vermeiden. Wichtigster Punkt ist, dass im Warenhandel auch künftig keine Zölle und Mengenbeschränkungen gelten. Zudem regelt der knapp 1250 Seiten starke Vertrag viele weitere Themen, darunter Fischfang und Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei. In mehreren Bereichen bleibt Großbritannien dadurch weiter an europäische Standards gebunden.
Dennoch gibt es große Änderungen. So werden an den Grenzen künftig Kontrollen nötig, weil Standards überprüft werden müssen, unter anderem bei Agrarprodukten. Für Bürger ist die Möglichkeit des einfachen Umzugs vorbei. Auch die Visafreiheit bei Reisen ist künftig zeitlich begrenzt.
Der Vater von Boris Johnson hatte zuvor bekannt gegeben, dass er die französische Staatsbürgerschaft beantragen will. Dadurch wolle er eine persönliche "Verbindung" zur Europäischen Union erhalten, sagte Stanley Johnson am Donnerstag dem französischen Radiosender RTL. "Ich werde immer Europäer sein, das steht fest."
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"Es geht nicht darum, dass ich Franzose werde. Wenn ich es richtig verstehe, bin ich Franzose", erklärte der 80-Jährige in dem Radiointerview, das er auf Französisch führte. "Meine Mutter wurde in Frankreich geboren, ihre Mutter wiederum war völlig französisch und ihr Großvater auch."
Kritik und Belustigung bei Briten und EU-Bürgern
Die Ankündigung von Stanley Johnson sorgte für Kritik und Belustigung bei Briten und EU-Bürgern. Der 80-Jährige bewahre sich durch die Beantragung eines EU-Passes persönliche Vorteile, sagte Chris Rennard, ein Mitglied im britischen Oberhaus. "Das ist etwas, was sein Sohn Boris heute 67 Millionen britischen Bürgern vorenthält", fügte Rennard hinzu.
Die französische Zeitung "Libération" bezeichnete die Ankündigung humorvoll als "Familiendrama zum Abschluss der letzten Episode der guten alten Brexit-Saga".
Stanley Johnson war einer der ersten britischen Beamten in Brüssel, Mitglied des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission. Bis 2016 war er ein strikter Brexit-Gegner, schwenkte dann aber um. Der Austritt Großbritanniens aus der EU war von seinem Sohn, dem britischen Premierminister Boris Johnson, maßgeblich vorangetrieben worden. (dpa, AFP)