Rot-Rot-Grün in Thüringen: Ein CDU-Politiker, die Linke und die Mauertoten
Die CDU in Thüringen ist wütend wegen des Wahlsieges von Bodo Ramelow. Einer ihrer Funktionäre bringt Rot-Rot-Grün nun direkt mit den Mauertoten der DDR in Verbindung.
Angefasst sind viele in der thüringischen CDU nach der Wahl des Linke-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten. Manche auch sauer. Einer aber ist besonders aufgebracht - und hat bei seiner Kritik deutlich überzogen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski verbreitete am Samstag auf Twitter eine Fotomontage - darauf ein vermeintliches Linken-Wahlplakat, auf dem zu sehen ist, wie der Mauertote Peter Fechter davongetragen wird, der 1962 von DDR-Grenzsoldaten erschossen wurde - der Bauarbeiter war damals 18 Jahre alt. Dazu der Spruch: "Wir tragen euch in den nächsten Jahren wieder auf Händen. Versprochen! Die Linke".
Schipanski kommentierte den Tweet mit den Worten: "Versprechen von Bodo Ramelow am gestrigen Tag. Bekam es gerade gesendet." In Anspielung auf SPD und Grüne, die an der neuen Landesregierung in Thüringen beteiligt sind und die Wahl von Ramelow ermöglichten, fügte Schipanski hinzu: "Hoffentlich wachen die Steigbügelhalter auf."
Bundes- und Landes-CDU kommentierten die Attacke ihres Parteifreundes zunächst nicht. Empört reagierte die thüringische Landesvorsitzende und designierte Fraktionschefin der Linken im Erfurter Landtag, Susanne Hennig-Wellow. Sie sagte dem Tagesspiegel: "Schipanski verlässt jeden Rahmen politischen und menschlichen Anstands. Der Charakter von Menschen zeigt sich eben nicht im Sieg, sondern in der Niederlage. Schipanski ist tief gesunken."
Auch andere führende Linken-Politiker kritisierten den CDU-Bundestagsabgeordneten. Die Parlamentsgeschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, twitterte: "Schipanski kann einem nur noch leid tun in seiner Verbohrtheit!? Faire demokratische Auseinandersetzung sieht anders aus." Die thüringische Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner schrieb in dem Kurznachrichtendienst: "Ich finde, Schipanski ist derjenige, der die Mauertoten verhöhnt und zum Objekt primitiver politischer Häme macht."
Schipanski hatte die Wahl von Bodo Ramelow zum Regierungschef von Thüringen bereits zuvor mehrfach deutlich kritisiert. Den Freitag, an dem der aus Westdeutschland stammende Ramelow zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, nannte er einen "schrecklichen" Tag. Am Samstag sagte er im Deutschlandfunk, auch wenn Ramelow in seiner Antrittsrede um Entschuldigung für das SED-Unrecht gebeten habe, heiße das noch nicht, dass die ganze Partei zum Rechtsstaat stehe. Er nannte den Linken-Politiker den "Wolf im Schafspelz".
Schipanski hatte sich auch an der Demonstration gegen Rot-Rot-Grün am Vorabend der Ministerpräsidentenwahl vor dem Landtag beteiligt.
Ramelow war am Freitag im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt worden - er ist der erste Linke-Politiker mit einem solchen Amt.