zum Hauptinhalt
Hackerangriff: Die Daten zahlreicher Abgeordneter und Prominenter wurden per Twitter veröffentlicht.
© dpa-tmn/Oliver Berg
Update

Datensicherheit: Durchsuchung in Heilbronn in Zusammenhang mit Hackerangriff

Nach der Veröffentlichung privater Daten haben Ermittler die Wohnung eines 19-Jährigen durchsucht. Die Bundesregierung will ein "Abwehrzentrum plus" einrichten.

Nach dem großangelegten Hackerangriff auf Daten von Politikern und Prominenten haben Ermittler die Wohnung eines Mannes in Heilbronn durchsucht. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft bestätigte, dass mehrere Zeugen vernommen worden seien, unter anderem auch in Heilbronn.

Der 19-Jährige arbeite im IT-Bereich und werde derzeit als Zeuge in den Verfahren geführt, meldeten das ARD-Politikmagazin Kontraste und das rbb-Inforadio. Der junge Mann bestätigte die Razzia laut "Kontraste". Er sei "über mehrere Stunden befragt worden", sagte er demnach.

Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) hatten dem Bericht zufolge am Sonntagmorgen die Wohnräume und den Hausmüll des Mannes durchsucht und technische Geräte beschlagnahmt Der 19-Jährige stand nach eigener Aussage in Kontakt mit dem Hacker, der für den Datendiebstahl verantwortlich sein soll. Analysen hätten ergeben, dass vereinzelte kompromittierte Datensätze bereits 2018 wegen Datenmissbrauchs bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden seien und sich in den vorliegenden Listen wiederfänden, erklärte das BKA.

Das Kopieren persönlicher Daten hunderter deutscher Politiker und Prominenter, darunter zahlreiche Handynummern, und deren Veröffentlichung im Internet war am Freitag öffentlich bekannt geworden. Links zu den Datensätzen wurden über einen mittlerweile gesperrten Account bei Twitter verbreitet.

"Cyber-Abwehrzentrum plus" soll kommen

Unter dem Eindruck des hundertfachen Kopieren und Veröffentlichen von privaten Daten hat das Bundesinnenministerium außerdem Verbesserungen in der Abwehr entsprechender Attacken angekündigt. Das Cyber-Abwehrzentrum, das im konkreten Fall die Ermittlungen führe, werde verbessert, „ein Cyber-Abwehrzentrum plus“ werde in den nächsten Monaten konkret ins Werk gesetzt, sagte der parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) am Rande der Jahrestagung des Beamtenbundes dbb in Köln. 

Das Cyber-Abwehrzentrum ist Teil der Cyber-Sicherheitsstrategie der Regierung und soll die operative Zusammenarbeit der Behörden optimieren sowie Schutz- und Abwehrmaßnahmen koordinieren.

Das Innenressort werde in den nächsten Monaten zudem einen Entwurf für ein zweites IT-Sicherheitsgesetz vorlegen, so Mayer weiter. 

Im aktuellen Fall habe Minister Seehofer größtes Interesse, „dass schnellstmöglich, zügig und lückenlos Licht ins Dunkel gebracht wird“, sagte Mayer. Seehofer arbeite mit Hochdruck an der Aufklärung. Alle Informationen würden dem Innenausschuss für eine Sondersitzung am Donnerstag zur Verfügung gestellt. Mitte der Woche werde sich Seehofer „nach einer fundierten Sachverhaltsaufklärung“ zu der Angelegenheit äußern.

Noch am Montagvormittag wollte Seehofer laut Mayer die Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und BKA, Arne Schönbohm und Holger Münch, anhören. Dabei gehe es um Fragen des Zeitablaufs beim aktuellen Datenklau und darum, wer hinter den Angriffen stecke. 

Zu Berichten über erste Ermittlungen wollte Mayer nichts sagen: „Es ist allemal besser, noch ein oder zwei Tage zuzuwarten als vorschnell und übereilt irgendwelche Verlautbarungen zu machen.“ Regierungsnetze seien von dem jüngsten Veröffentlichen der Daten von Politikern und Prominenten offensichtlich nicht betroffen.

Innenministerium verteidigt BSI

Das Bundesinnenministerium stellt sich derweil hinter den in die Kritik geratenen Präsidenten des (BSI), Arne Schönbohm. Dieser sei bei seinen Äußerungen zur Veröffentlichung von Daten von Politikern und Prominenten "etwas missverstanden" worden, sagte Ministeriumssprecher Sören Schmidt am Montag in Berlin. Es habe den Einzelfall eines Abgeordneten gegeben, der sich Anfang Dezember an das BSI gewandt habe, da von ihm persönliche Daten veröffentlicht worden seien. Das BSI habe sich intensiv um den Fall gekümmert. Allerdings sei zu dem Zeitpunkt nicht klar gewesen, dass es einen speziellen Bezug zu der jetzt veröffentlichten großen Anzahl an Daten gab.

Schönbohm steht unter Druck, nachdem er zunächst erklärt hatte, dass seine Behörde bereits im Dezember über den Datendiebstahl informiert gewesen sei. Diese Aussage wurde von seinem Amt aber später relativiert. Politiker von SPD, Grünen und FDP hatten infrage gestellt, ob die Behörde rasch genug reagiert habe.

Schmidt erläuterte, neben dem konkreten Einzelfall, um den sich das BSI gekümmert habe, habe es im Dezember noch vier andere Fälle gegeben, in denen Strafanzeige gestellt worden sei. In zwei Fällen sei das BSI nochmal tätig geworden. Erst im Nachhinein sei der Zusammenhang zu dem Gesamtkomplex klargeworden. (AFP, Reuters, dpa)

Zur Startseite