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Der Grünen-Politiker Volker Beck.
© Gambarini/dpa
Update

Grünen-Politiker: Drogenfund: Volker Beck stellt Ämter zur Verfügung

Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck wurde am Dienstagabend in Berlin mit Drogen erwischt. Angeblich soll es sich um Crystal Meth handeln. Der Fall trifft die Grünen hart.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck ist am Dienstagabend am Nollendorfplatz in Schöneberg mit Drogen erwischt worden. Laut "Bild-Zeitung" soll es sich dabei um Crystal Meth handeln. Die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass bei dem Grünen-Politiker "0,6 Gramm einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz" gefunden worden seien.

Demnach wurde Beck am Dienstag gegen 23 Uhr kontrolliert. Die Beamten hatten am Abend Becks Personalien festgestellt, ihn danach aber wieder gehen lassen. "Er hat sich nicht widersetzt", sagte Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft zum Verhalten des Abgeordneten. Ob es sich tatsächlich um Crystal Meth handelte, blieb zunächst offen. "Wir können noch nicht klar sagen, was es ist", sagte Steltner. "Das muss noch untersucht werden."

Beck selbst gab am Mittwoch eine persönliche Erklärung ab: "Hiermit stelle ich meine Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher meiner Fraktion und Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, die mir die Fraktion verliehen hat, der Fraktion zur Verfügung. Ich habe immer eine liberale Drogenpolitik vertreten. Zu den gegen mich erhobenen Vorwürfen wird mein Anwalt zu gegebener Zeit eine Erklärung gegenüber der Staatsanwaltschaft abgeben. Ich werde mich dazu öffentlich nicht einlassen. Meinen Freunden und Unterstützern danke ich für ihr Verständnis und schon jetzt für ihre Unterstützung."

Zu einem Mandatsverzicht äußerte sich Beck in der Stellungnahme nicht. Auf eine telefonische Anfrage reagierte der Grünen-Politiker bis Mittwochnachmittag ebenso wenig. Die Homepage des Abgeordneten brach kurz nach der Veröffentlichung der Erklärung offenbar aufgrund der hohen Zugriffszahlen zusammen und war erst wieder am frühen Abend zu erreichen.

Im Sommer 2014 musste der SPD-Politiker Michael Hartmann den Konsum von Crystal Meth zugeben. Er hatte sich die Drogen in der Berliner Kleingartenanlage Samoa besorgt. Hartmann legte daraufhin ebenfalls seine Ämter nieder. Sein Bundestagsmandat hat er im Moment zwar noch inne, allerdings ist er offiziell krankgeschrieben. Hartmann geriet auch in der Affäre um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy in die Kritik, weil Edathy ihn bezichtigt hatte, über mögliche Ermittlungen frühzeitig informiert zu haben.

Fall Beck trifft die Grünen hart

Der Abgang Becks und vor allem der Grund dafür trifft die Grünen hart - vor den so wichtigen Landtagswahlen am 13. März um so mehr. Beck gehört zwar nicht zur ersten Reihe der Grünen, aber er ist ein Aushängeschild der Menschenrechtspartei - und beliebte Zielscheibe der Konservativen. In Baden-Württemberg will der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wiedergewählt werden. Dafür muss er kräftig Stimmen im konservativen Lager sammeln. In Rheinland-Pfalz geht es um den Erhalt der rot-grünen Koalition.

Beck gilt nicht unbedingt als Leisetreter im Politikbetrieb. Seit 1994 gehört er dem Bundestag an. Seitdem teilt er kräftig aus und scheut auch publikumsträchtige Aktionen nicht. Der meist elegant gekleidete Historiker und Germanist polarisiert mit Spitzen und scharfen Kommentaren gegen den politischen Gegner, engagiert sich für die Menschenrechte. Selbst homosexuell, kämpft er gegen die Diskriminierung von Schwulen. Immer wieder geriet er bei Demonstrationen für die Rechte von Homosexuellen in Bedrängnis - auch international. In Moskau wurde er von Rechtsextremen angegriffen und sorgte für Schlagzeilen.

Unermüdlich äußert sich Beck zu den aktuellen Debatten und scheut auch bei Twitter keine Auseinandersetzung. Zu seinen Lieblingsfeinden zählten zuletzt die ausländerfeindliche Pegida-Bewegung und die rechtskonservative AfD, aber auch CDU-Politikerin Erika Steinbach.

Beck, der zum linken Flügel der Grünen gehört, hat sich aber auch als politischer Strippenzieher profiliert. Von 2002 bis 2013 war er Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag. Nach der Wahl 2013, bei der die Grünen schwach abschnitten, zog er sich von dem Amt zurück. Kurz vor der Wahl war ihm vorgehalten worden, er habe über einen früheren Aufsatz zu pädophilen Positionen nicht die Wahrheit gesagt. Er war für einen Fachaufsatz in die Kritik geraten und hatte behauptet, der damalige Herausgeber habe seinen Text verfälscht.

Grüne: "Werden das Gespräch mit ihm suchen"

Die Reaktionen auf den Drogenfund bei Beck fallen unterschiedlich aus. "Wir nehmen die persönliche Entscheidung von Volker Beck mit Respekt zur Kenntnis und werden das Gespräch mit ihm suchen", teilte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann für die Grünen-Fraktion mit. Wie aus Parteikreisen heißt, sei die Fraktion von der Nachricht überrascht worden. „Das ist sicher keine ganz einfache Droge“, sagt Fraktionschef Anton Hofreiter dem Sender n-tv.

Zur Sache wollte Haßelmann sich nicht einlassen. Es müssten erst die Ermittlungen abgewartet werden. Allerdings werde trotz eines Anfangsverdachts derzeit nicht gegen Beck ermittelt, betonte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Er verwies auf die Immunität Becks, die ihn als Bundestagsabgeordneter vor Strafverfolgung schützt. Die Staatsanwaltschaft kann die Aufhebung der Immunität beim Bundestag beantragen, in der Regel wird einem solchen Antrag zugestimmt.

Zwischen Schadenfreude und Bedauern

Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer, twitterte schlicht: "Und Tschüss"

Vielsagend zugeknöpft gab sich seine Parteifreundin Erika Steinbach, die sonst oft mit scharfen Äußerungen auffällt. "Da ist jeder Kommentar überflüssig!", schrieb Steinbach bei Twitter, nachdem sie um eine Stellungnahme gebeten worden war.

Aber der Spruch:"Ich war immer für eine liberale Drogenpolitik" in diesem Zusammenhang, der ist schlimm. Als ob es eine Entschuldigung wäre, wenn man mit 100 durch die Zone 30 brettert und sagt "Ich war immer schon für freie Fahrt für freie Bürger"

schreibt NutzerIn dd001

Nicht ohne Schadenfreude griff die Junge Union den Fall auf. Dadurch erscheine der Kampf für eine liberale Drogenpolitik "im neuen Licht", twitterte der Nachwuchs der Christdemokraten. "Bleibt sauber, Leute!"

Martin Delius, Ex-Pirat und Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin, hatte dafür nur eine knappe Antwort übrig: "Widerliche Kleingeister."

Die Publizistin Sibylle Berg twitterte: "Ein beschissner Tag für alle Angehörigen von Minderheiten in D! In Zukunft wieder ohne Unterstützung @Volker_Beck"

Crystal Meth ist die Szenebezeichnung für kristallines Metamphetamin. Die Droge ist für ihre hochgradig suchterzeugende Wirkung bekannt. Sie löst euphorische Zustände und sexuelles Verlangen aus, unterdrückt Müdigkeit, Hunger und Schmerzen. Als Nebenwirkungen treten Schlafstörungen und in der Folge Paranoia und Psychosen auf. Außerdem legen regelmäßige Konsumenten oft ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag. Crystal Meth schädigt Zähne, Schleimhäute und Nieren. Unter dem Namen Pervitin wurde die Droge im Zweiten Weltkrieg im großen Stil von der deutschen Wehrmacht eingesetzt.

Der Straßenpreis für Crystal Meth in Berlin liegt laut Polizei bei 50 bis 160 Euro pro Gramm. Es wird meist geschnupft oder geraucht, bisweilen auch intravenös gespritzt. Crystal Meth wird meist in Tschechien in privaten Laboren hergestellt und dann über die grüne Grenze nach Sachsen und nach Franken gebracht. Von dort aus hat sich Crystal Meth in den vergangenen Jahren in Deutschland ausgebreitet.

Während in Brandenburg bereits ein massives Crystal Meth-Problem besteht, spielt die Droge in Berlin weiter eine nachrangige Rolle. Allerdings hatte das Stadtmagazin "Zitty" zuletzt über sogenannte "Chemsexparties" in Berlin berichtet, bei denen mit Hilfe der Droge tagelange Orgien gefeiert werden. (mit dpa)

Mehr zur gefährlichen Verbreitung von Crystal Meth in Brandenburg können Sie hier in einer Reportage nachlesen.

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