Nach Anschlägen in Belgien: Dritter Attentäter vom Flughafen sitzt in Haft
Der Mann mit Hut ist identifiziert. Er sitzt in Haft. In Brüssel wurde der "Marsch gegen die Angst" abgesagt, der Sonntag stattfinden sollte.
In Belgien ist einer der mutmaßlichen Attentäter von Brüssel in Haft und wird eines Terroranschlags beschuldigt. Wie die Staatsanwaltschaft am Samstag mitteilte, handelt es sich um den festgenommenen Fayçal Cheffou. Der Mann wäre somit der bisher einzige mutmaßliche Beteiligte an den Anschlägen von Brüssel, der identifiziert und festgenommen werden konnte.
Cheffou würden unter anderem terroristische Morde vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Eine Bestätigung dafür, dass es sich bei ihm um den gesuchten "Mann mit dem Hut" handelt, gab es zunächst nicht. Der Haftbefehl gegen Cheffou war den Behördenangaben am Freitag erlassen worden. Bei einer Durchsuchung seien bei ihm weder Waffen noch Sprengstoff gefunden worden.
Die Zeitung "Le Soir" berichtete am Samstag unter Berufung auf gute Quellen, der in der Nacht zum Freitag festgenommene Cheffou sei von dem Taxifahrer identifiziert worden, der das Terrorkommando zum Flughafen gebracht habe. Seit dem Bombenanschlag am Brüsseler Flughafen am Dienstag mit mindestens elf Toten war fieberhaft nach dem Mann gesucht worden.
24 Todesopfer identifiziert
Vier Tage nach den Terroranschlägen in Brüssel sind die meisten Todesopfer identifiziert. Bei 24 der 31 von Selbstmordattentätern getöteten Menschen sei nun geklärt, um wen es sich handelt, teilte die Staatsanwaltschaft laut Nachrichtenagentur Belga am Samstag mit. Unter den Toten ist auch eine Frau aus Aachen. Mittlerweile geht das Gesundheitsministerium von 340 Verletzten aus - bisher war von 300 Personen die Rede. Rund 100 Verletzte sind danach noch im Krankenhaus, davon 62 auf der Intensivstation. Einige Opfer haben schwere Verbrennungen. Auch der Mann der getöteten Aachenerin liegt nach Angaben vom Freitag noch im Krankenhaus
Auf dem Bild der Überwachungskamera ist er in der Flughafenhalle rechts von den beiden Selbstmordattentätern Najim Laachraoui (24) und Ibrahim al Bakraoui (29) mit weißer Jacke und schwarzem Hut zu sehen.
Bericht über Sicherheitslücke in Akw dementiert
Die Staatsanwaltschaft in Belgien hat im Zusammenhang mit den Terrorattacken von Brüssel einen Bericht über eine mögliche Sicherheitslücke in einem Atomkraftwerk dementiert. Im Fall eines am Donnerstag durch mehrere Schüsse getöteten Sicherheitsmannes gebe es keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund, berichtete die Nachrichtenagentur Belga am Samstag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft in Charleroi südlich von Brüssel. Auch die Information, der Dienstausweis des Toten sei gestohlen, wurde dementiert.
Der Mann habe zudem nicht in einem Atomkraftwerk gearbeitet, sondern an einem Institut (Institut national des radioéléments) in Fleurus bei Charleroi, das sich mit medizinischen Anwendungen von Radioaktivität befasst. Die belgische Zeitung "La Dernière Heure" hatte gemeldet, der Wachmann sei vor einem Atomkraftwerk erschossen worden. Zudem sei ihm sein Zugangsausweis gestohlen worden. Belga schriebt, der Mann sei in seinem Haus in Froidchapelle getötet worden. Die Polizei ermittele in zwei Richtungen: Der Tod könne mit einem Einbruch zusammenhängen oder einen privaten Hintergrund haben.
"Marsch gegen die Angst" in Brüssel abgesagt
Nach einem entsprechenden Aufruf von Belgiens Innenminister Jan Jambon ist eine für Sonntag geplante Kundgebung in Brüssel gegen Extremismus und Gewalt abgesagt worden. Die Initiatoren erklärten am Samstag, sie hätten Verständnis für den Appell des Innenministers. "Die Sicherheit unserer Bürger ist eine absolute Priorität", hieß es in ihrer Erklärung.
Darum schlössen sie sich den Behörden an, "eine Verschiebung vorzuschlagen". Jambon hatte die Bürger kurz zuvor dazu aufgerufen, "morgen nicht zu demonstrieren". Der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur verwies auf die aktuelle Gefährdungslage, die laufenden Ermittlungen zu den Anschlägen sowie die begrenzten Kapazitäten der Polizei.
Er schlug eine Verschiebung der Kundgebung um mehrere Wochen vor, um es den Sicherheitsbehörden zu "erlauben, ihre Arbeit zu tun". Die Initiatoren hatten mit einem "Marsch gegen die Angst" ein Zeichen gegen Extremismus und Gewalt setzen wollen. Die Demonstration sollte am Sonntagnachmittag am zentralen Place de la Bourse beginnen, der zu einem Gedenkort für die Opfer der Anschläge geworden ist.
Salah Abdeslam redet nicht mehr mit Ermittlern
Die Zeitung "Le Soir" berichtete am Samstag, der gesuchte dritte Attentäter vom Brüsseler Flughafen sei gefasst worden sein. Das Blatt schreibt unter Berufung auf gute Quellen, der in der Nacht zum Freitag festgenommene Faycal Cheffou sei von dem Taxifahrer identifiziert worden, der das Terrorkommando zum Flughafen gebracht habe. Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Samstagmittag, dass ein dritter Attentäter vom Flughafen gefasst sei.
Der Terrorverdächtige Salah Abdeslam will seit den verheerenden Anschlägen von Brüssel mit mindestens 31 Toten nicht mehr mit Ermittlern sprechen. Das sagte der belgische Justizminister Koen Geens am Freitag im Parlament. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass der vor einer Woche in Brüssel gefasste Abdeslam unmittelbar nach den Anschlägen am Dienstag verhört wurde, aber nichts gesagt habe.
Der 26-Jährige war den bisherigen Ermittlungen zufolge an den Pariser Anschlägen mit 130 Toten beteiligt und stand auch in Kontakt zu Mitgliedern der Terrorzelle, die am Dienstag die Selbstmordattentate am Brüsseler Flughafen und in einer Metro verübte. Zu den Anschlägen hatte sich die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannt.
Nach einem Bericht der französischen Zeitung "Le Monde" hat Abdeslam bei einer Vernehmung am Tag nach seiner Festnahme seine Rolle im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen relativiert. Danach bezeichnete er den wenige Tage später bei einem Polizeieinsatz getöteten Abdelhamid Abaaoud als Planer der Anschläge. "Es ist Abaaoud. Ich weiß das durch meinen Bruder Brahim. Er ist es, der mir gesagt hat, dass Abaaoud der Verantwortliche war", sagte Abdeslam der Zeitung zufolge, die sich in ihrer Samstagausgabe auf das Protokoll der Befragung beruft. Die Staatsanwaltschaft in Brüssel wollte den Bericht auf Anfrage nicht bestätigen oder kommentieren.
Athener Polizei soll Pläne zu Brüssel-Anschlag 2015 entdeckt haben
Die griechische Polizei soll bereits im Januar 2015 in zwei Wohnungen in Athen Pläne entdeckt haben, die auf einen Terroranschlag auf dem Flughafen von Brüssel hindeuteten. Schon damals seien die belgischen Behörden informiert worden, berichtete der Athener Nachrichtensender Skai am Samstag unter Berufung auf die griechische Polizei. Unter anderem sei eine Karte des Flughafens von Brüssel gefunden worden. Eine offizielle Erklärung der Polizei dazu gab es zunächst nicht.
Dem Bericht zufolge wurden die Unterlagen in Wohnungen entdeckt, die von Islamisten angemietet worden waren. Nach den Anschlägen von Paris im November habe sich herausgestellt, dass es sich bei einem der Männer um Abaaoud gehandelt habe, meldete der Sender. Er wurde im November wenige Tage nach Terrorserie bei einem dramatischen Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis getötet.
Abaaoud hatte auf seinen Reisen quer durch Europa auch eine Wohnung in Athen gemietet. Die französische Polizei hatte nach seinem Tod eine DNA-Probe des 27 Jahre alten Terroristen an die griechischen Behörden übermittelt. Damals war im Zuge der Ermittlungen in einer anderen Wohnung auch ein 33-jähriger Mann festgenommen worden, den die griechischen Behörden anschließend nach Belgien überstellten.
(rtr/dpa)