Venezuela: Drei Tote bei Protesten gegen Präsident Maduro
Präsident Maduro fürchtet um seine sozialistische "Revolution". Eine Millionen demonstriert gegen ihn. Er lässt die Proteste blutig niederschlagen.
Venezuelas Präsident Nicolas Maduro gerät immer mehr unter Druck: Am Mittwoch demonstrierten im gesamten Land mehr als eine Million Menschen gegen die sozialistische Regierung, forderten Neuwahlen und humanitäre Hilfe, Medikamente und Lebensmittel. An einer gleichzeitig von der Regierung angesetzten Gegendemonstration nahmen zehntausende Anhänger teil, meist Staatsangestellte und Sozialhilfeempfänger. Bei den Protesten, die von Sicherheitskräften und regierungsnahen Milizen niedergeschlagen wurden, kamen drei Menschen ums Leben.
In Caracas starb ein 17-Jähriger durch einen Kopfschuss, in Tachira wurde eine 23-Jährige erschossen. Ersten Informationen zufolge waren beide nicht direkt an den Protesten beteiligt, sondern wurden von paramilitärischen Kommandos am Rande ermordet, offenbar um Panik auszulösen. Darüber hinaus starb ein Mitglied der Nationalgarde, wie die Zeitung "El Nacional" berichtete. Dutzende wurden verletzt, mehr als 400 festgenommen. Es war die bislang größte Kundgebung gegen Nicolas Maduro seit Beginn der Proteste vor drei Wochen, die bislang neun Menschen das Leben kosteten.
In Caracas – aber auch in anderen Landesteilen – spielten sich dramatische Szenen ab. Die Sicherheitskräfte riegelten in der Hauptstadt das Stadtzentrum und Einrichtungen der Regierung ab, feuerten stundenlang Tränengasbomben sowie Gummigeschosse und setzten Wasserwerfer ein. Es kam zu Straßenschlachten. Dutzende Demonstranten retteten sich mit einem Sprung in den kloakenähnlichen Guaire-Fluss, um den Attacken zu entkommen. Andere, zumeist vermummte jugendliche Demonstranten, warfen Steine und Molotowcocktails und errichteten brennende Barrikaden.
Die staatlichen Medien zeigten währenddessen Kindersendungen und Seifenopern. In der Nacht klapperten in ganz Caracas die Kochtopfdeckel – eine in Südamerika verbreitete Form des Protests. Daran beteiligten sich auch die Armenviertel, lange eine Hochburg der sozialistischen Regierung.
Entzündet hatte sich die Krise an der jüngsten Entscheidung des von Maduro kontrollierten Obersten Gerichtshofs, dem oppositionellen, bürgerlichen Parlament die Rechte abzuerkennen und selbst Gesetze zu erlassen. Aufgrund der nationalen und internationalen Proteste ruderte das Gericht auf Anweisung von Maduro zwar zurück, doch den Volkszorn konnte er damit nicht besänftigen. Angesichts von mehr als 700 Prozent Inflation, Güterknappheit und galoppierender Kriminalität wollen Umfragen zufolge drei Viertel der Bürger Neuwahlen. Die Zustimmung der Bürger zu Maduro – 2013 zum Nachfolger seines verstorbenen Mentors Hugo Chávez gewählt – liegt inzwischen unter 20 Prozent.
Die Opposition ruft zu weiteren Protesten auf
In Venezuela habe die Revolution gesiegt, alle Revolutionäre stünden Gewehr bei Fuß, um sie zu verteidigen, erklärte der ehemalige Parlamentspräsident und Leutnant a.D. Diosdado Cabello, eine der radikalsten und einflussreichsten Figuren der Sozialistischen Einheitspartei PSUV. Er gilt als Organisator der "Colectivos": organisierte Motorradgangs, die kriminellen Aktivitäten nachgehen, aber auch der Regierung als paramilitärische Stoßtrupps dienen. Cabello zufolge waren am Mittwoch 60.000 Mitglieder der gefürchteten "Colectivos" im Einsatz. Maduro rief seinerseits die Opposition zu einem neuerlichen Dialog auf. Ein erster Anlauf im Dezember war unter anderem daran gescheitert, dass die Regierung keine der Vereinbarungen einhielt, weder einen Wahlkalender veröffentlichte noch politische Gefangene freiließ. Der Vatikan hatte sich daraufhin aus der Vermittlung zurückgezogen.
"Auf die Unterdrückung und Barbarei antworten wir mit mehr Demokratie", sagte Oppositionsführer Henrique Capriles und rief für Donnerstag zu neuerlichen Kundgebungen auf. Capriles wurden kürzlich seine politischen Rechte auf 15 Jahre aberkannt. Ein regierungsnahes Gericht begründete dies mit "Unregelmäßigkeiten" während seiner Amtszeit als Gouverneur. Seit 2015 sitzt Oppositionsführer Leopoldo López in Haft.
Maduro ist noch an der Macht, weil ihm die Militärs ihre Loyalität erklärten. Sie gelten als die eigentlichen Stützen der Macht, kontrollieren wirtschaftliche Schlüsselposten wie den Zoll, die Steuerbehörde, die Devisenkontrollbehörde sowie Erdöl- und Bergbaukonzessionen, stellen zahlreiche Gouverneure und elf der 32 Minister. Die meisten haben ein Eigeninteresse am Verbleib Maduros: Gegen viele von ihnen laufen im Ausland Ermittlungen, unter anderem wegen Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Geldwäsche und Drogenhandel.
Aber auch die wirtschaftliche Lage wird für Maduro zu einem immer größeren Problem. Der Verfall der Erdölpreise hat die Staatseinnahmen schrumpfen lassen. Die Auslandsschulden sind gestiegen; die Finanzmärkte sehen einen Zahlungsausfall näher rücken. Bislang hat der Staat seine Schulden pünktlich bedient, musste dafür aber die Importe weiter zurückfahren, was Nahrungsmittel- und Medikamentenknappheit verschärft. Bereits jetzt leben 80 Prozent in Armut. Das Gesundheitssystem ist dem Kollaps nahe. Das Land importiert 80 Prozent seiner Gebrauchsgüter und bezieht 90 Prozent seiner Deviseneinnahmen aus dem Ölexport.
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