Waffenrecht in den USA: Donald Trump irrlichtert durch die Waffendebatte
Bislang versicherte der US-Präsident, Waffenanhänger nicht enttäuschen zu wollen. Jetzt spricht sich Donald Trump live im Fernsehen für Restriktionen beim Waffenkauf aus.
Mit einem denkwürdigen Fernsehauftritt hat Donald Trump Freund und Feind in der Waffendebatte überrascht und die Bereitschaft zu einer umfassenden Reform angedeutet, die den Anhängern der Waffenlobby kalte Angstschauer über den Rücken jagt. Bei einem Treffen mit Senatoren und Abgeordneten beider Parteien im Weißen Haus befürwortete der 71-jährige erstmals eine erhebliche Verschärfung der Regeln für den Waffenbesitz und warf den Politikern seiner eigenen republikanischen Partei vor, vor dem Waffenverband NRA zu kuschen.
Ob sich daraus konkrete Gesetzgebungsvorhaben ergeben, oder ob es sich um einen impulsiven Auftritt ohne Folgen handelte, ist nicht klar: Die Frau, die Trumps Botschaften an die Öffentlichkeit ordnen soll, verkündete ihren Abschied aus dem Weißen Haus.
Seit dem Schulmassaker von Florida, bei dem am 14. April 17 Menschen von einem jungen Täter mit einem Sturmgewehr getötet wurden, diskutiert Amerika über das Waffenrecht. Trump stand bisher auf der Seite der NRA und der konservativen Republikaner, die keine Regeln wollen, die als Einschränkung des verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf Waffenbesitz verstanden werden könnten. Noch im vergangenen Jahr hatte Trump der NRA, einer der mächtigsten Interessengruppen in Washington, versprochen, er werde die Waffenanhänger niemals enttäuschen.
"Trauer in Taten verwandeln"
Nun aber wandte er sich gegen die Forderung der NRA, die Vorschriften für das Mitführen von Schusswaffen weiter zu lockern. Er regte sogar an, die Polizei solle das Recht erhalten, bei Hinweisen auf bevorstehende Straftaten verdächtigen Waffenbesitzern die Schießeisen abzunehmen. „Ich mag es, wenn die Waffen früh genug einkassiert werden“, sagte der Präsident. Zudem betonte er die Notwendigkeit strengerer Überprüfungen von Waffenkäufern – zum Skandal von Florida gehörte es, dass sich der Todesschützer als 18-jähriger Teenager ganz legal ein halbautomatisches Gewehr kaufen konnte. Trump will auch das Mindestalter für den Kauf bestimmter Waffen auf 21 Jahre anheben.
Republikanische Politiker reagierten konsterniert, während sich die oppositionellen Demokraten die Hände rieben. Vor laufenden Kameras putzte Trump die Vertreter der eigenen Partei herunter. „Ihr habt Angst vor der NRA“, sagte er. „Sie hat große Macht über euch, aber nicht so viel über mich.“
Trump betonte, er wolle „nicht rumsitzen und Spielchen spielen, während nichts getan wird“. Er forderte die Republikaner auf, sich mit den Demokraten zu einigen. Per Verordnung will der Präsident schon bald die Schnellfeuer-Stutzen verbieten, die aus einer halbautomatischen Waffe ein Maschinengewehr machen. „Wir sind entschlossen, unsere Trauer in Taten zu verwandeln“, sagte Trump. „Wir müssen unsere Schulen abhärten.“
Händler erhöhen Altersgrenze für Waffenkauf
Unterdessen wird die 21-Jahre-Regel bereits von einigen Großunternehmen auch ohne gesetzliche Vorgaben umgesetzt. Walmart, die größte Supermarktkette der USA, erklärte am Mittwochabend, ab sofort werde niemand unter 21 mehr Waffen in einem der Märkte kaufen können. Auch der Sportausrüster Dick’s führte die 21-Jahre-Grenze ein und stoppte darüber hinaus den Verkauf von Sturmgewehren, die bei Walmart schon seit drei Jahren nicht mehr zu haben sind.
Ob nach Trumps Auftritt bei dem Treffen mit den Parlamentariern auch Taten auf politischer Ebene folgen, ist offen. Im Januar hatte Trump bei einer ähnlichen Gelegenheit ebenfalls vor den Fernsehkameras seine Bereitschaft zu einem parteiübergreifenden Kompromiss in der Einwanderungspolitik bekundet, war wenig später aber nach heftigem Gegenwind von seiner rechtskonservativen Anhängerschaft davon wieder abgerückt.
Diesmal könnte es ähnlich laufen. Waffenanhänger wie der republikanische Senator Marco Rubio zeigten sich entschlossen, Trumps Appell ins Leere laufen zu lassen. Rubios Kollege John Cornyn nannte die Show des Präsidenten „surreal“.
Weiterer Abgang im Weißen Haus
Trumps Sprunghaftigkeit und das Fehlen verlässlicher Leitlinien gehören zu den größten Schwächen seiner Präsidentschaft. Am Mittwoch verlor der Präsident nun auch noch die wichtigste Mitarbeiterin in Sachen Öffentlichkeitsarbeit: Kommunikationschefin Hope Hicks reichte ihre Kündigung ein. Das 29-jährige Ex-Model ist eine der engsten Mitarbeiterinnen des Präsidenten und gilt als eines der einflussreichsten Mitglieder des engsten Beraterkreises um Trump. Hicks‘ Büro im Weißen Haus liegt unmittelbar neben dem Oval Office.
Am Tag vor ihrer Kündigung war Hicks von einem Kongressausschuss acht Stunden lang zum Verdacht einer Zusammenarbeit zwischen dem Trump-Wahlkampf und Russland bei den Manipulationsversuchen während der Kampagne im Jahr 2016 verhört worden. Das Weiße Haus betonte jedoch, ihre Kündigung habe bereits zuvor festgestanden und nichts mit der Russland-Affäre zu tun.
Mit Hicks‘ Abgang verliert der Präsident nicht nur eine wichtige Beraterin. Sie tat im Hintergrund viel dafür, ein von inneren Streitigkeiten und Intrigen zerrissenes Weißes Haus zusammenzuhalten. Trump hat seit seinem Amtsantritt im Januar vergangenen Jahres bereits mehrere Kommunikationsdirektoren, einen Sicherheitsberater, einen Stabschef, einen Chefstrategen und einen Regierungssprecher verschlissen.
Thomas Seibert