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Der Verband für die türkischen Muslime in Deutschland: Ditib.
© Marijan Murat/dpa
Update

Türkischer Verband: Ditib sieht in Kölner Marsch gegen Terror "Vereinnahmung"

Muslime wollen am Samstag mit einer Demonstration ein Zeichen für den Frieden setzen. Doch der türkische Dachverband Ditib spricht von Stigmatisierung.

Der größte Islam-Dachverband in Deutschland, die türkisch-islamische Union Ditib, wird sich nicht an dem in Köln geplanten Friedensmarsch von Muslimen gegen islamistischen Terror beteiligen. "Forderungen nach "muslimischen" Anti-Terror-Demos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen" heißt es in einer Erklärung von Ditib. Unter dem Motto "Nicht mit uns" wollen Muslime aus ganz Deutschland am Samstag in Köln mit dem Friedensmarsch ein Zeichen setzen.

Ditib: Marsch ist fastenden Muslimen nicht zuzumuten

"Das ist der falsche Weg und das falsche Zeichen, denn diese Form der Schuldzuweisung spaltet die Gesellschaft", erklärte der Verband, der eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden ist. "Forderungen nach 'muslimischen' Anti-Terror-Demos" griffen zu kurz. Ditib kritisierte zudem fehlende Vorgespräche über die Kundgebung. Zudem sei fastenden Muslimen nicht zumutbar, "stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und demonstrieren". Ditib werde am Freitag in allen Moscheen in Deutschland ein Bittgebet gegen den Terror und für den Frieden halten.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion Ditib wurde 1984 in Köln als bundesweiter Dachverband von Moscheevereinen gegründet. Mittlerweile gehören dem Verband mehr als 900 Moscheegemeinden an, die vorwiegend von Muslimen mit türkischen Wurzeln besucht werden. Ditib ist nach eigenen Angaben die "mitgliederstärkste Migrantenorganisation" in Deutschland. Personell und organisatorisch ist Ditib eng mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet verwoben - die Ditib-Imane in Deutschland werden von der Türkei bezahlt. Diyanet wiederum ist direkt der türkischen Regierung in Ankara unterstellt.

Wegen Spionagevorwürfen gegen einzelne Ditib-Imame steht der Dachverband seit Monaten unter Druck. Imame des Moscheeverbands, so der Vorwurf, sollen im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diyanet Gegner des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ausgeforscht haben. Wegen der Spionagevorwürfe ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag des Generalbundesanwalts seit Januar gegen eine ganze Reihe von Beschuldigten.

Zentralrat der Muslime ruft zu Teilnahme auf

Der Zentralrat der Muslime stellte sich ausdrücklich hinter die Demonstration. Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" und andere Extremisten wollten "mit ihren Morden die Spaltung der Gesellschaft", sagte der Zentralratsvorsitzende und derzeitige Sprecher des Dachverbandes Koordinationsrat der Muslime, Aiman Mazyek, der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf.

"Das Beste, was ihnen passieren kann, ist, wenn wir den Islam mit ihrem mörderischen Terror in einen Topf werfen", fügte Mazyek mit Blick auf die Dschihadisten hinzu. "Wir müssen weiter auf die Straße gehen, uns zeigen, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und den Frieden kämpfen und den Extremismus verurteilen." Öffentliche Demonstrationen seien dafür ein geeignetes Mittel. Deshalb werde sich der Zentralrat auch an den Friedensmärschen in Köln und eine Woche später in Berlin beteiligen.

Volker Beck: Verband wird immer mehr zum Problembären

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck erklärte, Ditib habe sich mit der Kritik an der Kölner Kundgebung "als Teil der Zivilgesellschaft abgemeldet". Der Verband werde "immer mehr zum Problembären der islamischen Verbändelandschaft". "Wer als Religionsgemeinschaft die Millionen Muslime in Deutschland repsäsentieren will, muss auch seine gesellschaftliche Verantwortung annehmen", erklärte Beck. Dazu seien "die Ditib-Strukturen nicht in der Lage". Die "Türkisch-Islamische Union" habe sich mit der Absage "als Teil der deutschen Zivilgesellschaft abgemeldet".

Beck erklärte, dass kein Muslim in Deutschland zu der Friedensdemonstration in Köln gehen müsse. "Wer mit unserer Gesellschaft nichts zu tun oder ihr nichts zu sagen hat, kann einfach zu Hause bleiben", betonte er. Viele islamische Verbände seien dem Aufruf gefolgt und unterstützten ihn. Andere hätten geschwiegen, sagte Beck. Ditib habe den Organisatoren jedoch "in die Kniekehlen getreten und sie in der Pressemitteilung kritisiert". (dpa/AFP/epd)

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