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Dilek Dündar und ihr Gatte Can (Archivbild vom 6. Mai 2016)
© AFP/Ozan Kose
Update

Ehefrau von türkischem Journalisten: Dilek Dündar gelingt Ausreise nach Deutschland

Fast drei Jahre lang hat Dilek Dündar versucht, zu ihrem Mann ins deutsche Exil zu gelangen - aber die Türkei nahm ihr den Pass. Jetzt ist sie geflohen.

Nach fast drei Jahren erzwungener Familientrennung durch den türkischen Staat ist die Ehefrau des regierungskritischen Journalisten Can Dündar in Deutschland angekommen. Sie sei seit Dienstag im Land, sagte Dilek Dündar der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in einem Telefongespräch. Die türkische Ausreisesperre gegen sie sei weiter intakt. Zu den Umständen ihrer Ausreise wollte sie nicht Stellung nehmen. Ihr Mann Can Dündar ist als Ex-Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ in der Türkei auch wegen Terrorvorwürfen angeklagt und lebt seit dem Spätsommer 2016 im deutschen Exil. Seiner Frau hatten die Behörden kurz darauf den Reisepass entzogen.

In dem Gespräch sagte Dilek Dündar, die Ausreisesperre sei illegal gewesen, denn gegen sie lägen keine Anschuldigungen vor. „Ich habe alle Arten von rechtlichen Interventionen versucht, aber nie eine Antwort bekommen.“ Jahrelang sei sie von Mann und Sohn, der im Ausland studiert, getrennt gewesen. Sie sei als „Geisel“ gegen ihren Mann gehalten worden. „Da habe ich entschieden, meine mütterlichen Rechte anzuwenden und zu handeln, um bei meiner Familie zu sein.“ Auf Twitter postete sie ein Bild, das sie freudestrahlend mit ihrer Familie zeigte.

Dilek Dündars Flucht vor dem türkischen Staat nach Deutschland dürfte das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara nicht verbessern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland mehrfach vorgeworfen, Dündar zu beherbergen. Sogar bei seinem Staatsbesuch in Deutschland im September 2018 hatte er das Thema angesprochen, Dündar einen „Agenten“ und „Verbrecher“ genannt sowie seine Auslieferung gefordert.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei leiden außerdem nach wie vor daran, dass seit 2017 wegen angeblicher Terrorvorwürfe eine Reihe von Deutschen inhaftiert wurden. Viele durften mittlerweile ausreisen. Mindestens fünf Deutsche sitzen aber wegen solcher Vorwürfe entweder weiter in Haft oder dürfen nicht ausreisen.

36 Ausreisesperren gegen Deutsche

Einer von ihnen ist der Kölner Adil Demirci. Auch er spürt die Trennung von der Familie zurzeit schmerzhaft. Seine Mutter sei am Mittwoch gestorben, sagte er am Freitag. Aber am Freitagabend gab es zumindest eine etwas tröstliche Nachricht für ihn. Ein Gericht habe die Aufhebung der Ausreisesperre beschlossen, teilte sein Anwalt Keles Öztürk mit. Allerdings gelte sie noch, bis Demirci am Montag bei der Bank eine Kaution von 20.000 Lira (rund 3000 Euro) hinterlegt habe und der Beleg in den Gerichtsakten sei. Danach werde das Gericht auch die Reisesperre außer Kraft setzen. Demirci ist seit Mitte Februar auf freiem Fuß, darf aber Istanbul nicht verlassen.

Demirci, der die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit hat, war im April 2018 während des Urlaubs festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor. Die gilt in der Türkei als Terrororganisation. Demirci weist die Vorwürfe zurück.

Dem Auswärtigen Amt (AA) sind zurzeit insgesamt 36 Ausreisesperren gegen Deutsche bekannt. Der jüngste Fall betrifft die Tochter der Kölner Sängerin Hozan Cane (Künstlername), die in der Türkei wegen Terrorvorwürfen in Haft ist. Die Frau hatte in der letzten Maiwoche ihre Mutter besuchen wollen und war bei der Einreise in Istanbul kurzzeitig festgenommen worden. Die Ausreisesperre gelte weiter, sagte eine ihrer Anwältinnen am Freitag.

Dass Canes Tochter festgehalten werde, habe zu tun mit Ermittlungen zur Teilnahme an einer Protestaktion in Köln im Jahr 2012, sagte die Anwältin. Daran sei eine Gruppe beteiligt gewesen, die als PKK-nah gelte. Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK gilt in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation. (dpa)

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