Wen das Unwetter besonders hart trifft: „Dieses Ausmaß an Überflutung ist nicht mehr zu bekämpfen“
Ein Feuerwehrmann stirbt bei Rettungsarbeiten, eine Frau liegt tot auf der Straße, ein Paar ertrinkt im vollgelaufenen Keller. Unfassbares Leid an vielen Orten.
Die Wassermassen fressen sich regelrecht durch die Straßen, ganze Orte versinken in braunen Fluten. Es sind unfassbare Bilder und Szenen, die sich am Donnerstag in der Eifel und in Teilen von Nordrhein-Westfalen abspielen. Das, was die meisten Menschen in Deutschland bislang nur aus weiter Ferne kannten, ist plötzlich ganz nah.
In Altena im Märkischen Kreis ist die Lage besonders schlimm. Die Menschen sind dort von den Wassermassen eingeschlossen. Die Stadt sei von der Außenwelt abgeschnitten. „Es ist wirklich sehr bedrückend hier“, schilderte Kreis-Sprecher Alexander Bange der Deutschen Presse-Agentur. „Das Wasser fließt noch immer kniehoch durch die Straßen, Autos stehen quer, an den Seiten türmen sich Abfall und Gestrüpp.“
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Es sei auch nicht absehen, wann das Wasser zurückgeht, sagte Bange. „Das einzig Gute ist, dass es gestern Abend aufgehört hat zu regnen.“ Anwohner versuchten verzweifelt, mit Besen oder anderen Geräten das Wasser aus ihren Häusern zu bekommen. „Ich glaube, dass es noch viele Tage - wenn nicht Wochen - dauern wird, bis hier wieder Normalität einkehrt.“
Zwei Menschen sterben im vollgelaufenen Keller
Die Anzahl der Toten in der Flutkatastrophe in NRW ist erschütternd. In Köln sind zwei Menschen tot in ihren mit Wasser vollgelaufenen Kellern entdeckt worden. Die Feuerwehr habe die tote Frau (72) sowie den toten Mann (54) in der Nacht auf Donnerstag bei Einsätzen gefunden. „In beiden Fällen hat die Polizei Ermittlungen zur genauen Todesursache aufgenommen“, erklärten die Ermittler.
Auch in Rheinbach bei Bonn ist frühmorgens eine tote Frau auf einer Straße entdeckt worden. Ein Zusammenhang mit dem Unwetter sei wahrscheinlich, erklärte die Bonner Polizei.
Insgesamt sind in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mindestens 42 Menschen im Zusammenhang mit den schweren Unwettern gestorben.
Auch Retter kamen im Einsatz ums Leben. Ein 46 Jahre alter Feuerwehrmann war am Mittwoch in Altena in NRW ertrunken, nachdem er einen Mann gerettet hatte. Ein 52 Jahre alter Feuerwehrmann kollabierte bei einem Unwettereinsatz im sauerländischen Werdohl und starb trotz Reanimationsversuchen. Zudem seien zwei Helfer verletzt worden.
Der Deutsche Feuerwehrband (DFV) trauert um die beiden Feuerwehrmänner. „In Gedanken sind wir bei ihren Familien und den Angehörigen der Feuerwehren“, sagte DFV-Präsident Karl-Heinz Banse am Mittwoch. Angesichts der Todesfälle rief der Verband deutschlandweit die Feuerwehren dazu auf, ihre Einsatzfahrzeuge zwei Wochen lang mit Trauerfloren zu versehen.
Menschen in Altena von Wassermassen eingeschlossen
In Rheinland-Pfalz traf es den kleinen Eifel-Ort Schuld besonders schwer. Das Dorf mit etwa 700 Einwohnern - nahe der Landesgrenze zu NRW - liegt in einer Schleife an der Ahr, die normalerweise ein kleiner Fluss ist. Nun hat sich die Ahr in ein reißendes Gewässer verwandelt.
Ein junger Mann steht vor den Trümmern seines Hauses, das die Fluten wegrissen. Es lief ein dramatischer Rettungseinsatz, weil sich Dutzende Menschen auf den Dächern in Sicherheit gebracht haben. Viele weitere Häuser gelten nun als einsturzgefährdet.
Ein Polizeisprecher sagte, zwischenzeitlich hätten etwa 70 Menschen als vermisst gegolten. "Die eine oder andere Person" habe sich aber mittlerweile bei Angehörigen gemeldet, so dass diese Zahl niedriger sei. Wie viele Menschen am Donnerstagmittag noch vermisst wurden, konnte der Polizeisprecher aber nicht sagen.
82-Jähriger in Solingen stirbt in überflutetem Keller
In Solingen in NRW war Mittwochabend ein 82 Jahre alter Mann im überfluteten Keller seines Einfamilienhauses gestürzt und mit dem Kopf unter Wasser geraten. Wenig später starb der Rentner in einem Krankenhaus, wie eine Sprecherin der Polizei in Wuppertal am Donnerstag sagte.
Die Ehefrau hatte ihren verunglückten Mann in einem Schacht im Keller entdeckt und einen Rettungswagen alarmiert. Obwohl der Mann zunächst wiederbelebt werden konnte, überlebte er den Unfall nicht.
Andere konnten aus den Fluten gerettet werden. Am Donnerstagnachmittag gelang es Rettungskräften, etwa 130 Menschen im Stadtgebiet Solingen aus akuter Not vor dem Hochwasser zu retten. Das sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Donnerstag. „Wir haben die Menschen über Drehleitern, Boote, Bojen herausgeholt. Es war alles improvisiert.“ In zwei Situationen hätten sich Einsatzkräfte zudem auf Tanklöschfahrzeugen in Sicherheit bringen müssen.
Die Einsatzkräfte sprechen nach den starken Regenfällen in Solingen nach Angaben eines Stadtsprechers von einem „Jahrhunderthochwasser“. „Unsere Heimatstadt ist von einer großen Katastrophe heimgesucht worden“, sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). „Dieses Ausmaß an Überflutung ist nicht mehr zu bekämpfen. Das Wasser ist stärker. (Tsp, dpa, AFP)