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Bernd Lucke, AfD.
© dpa

Flüchtlinge: Die widersprüchliche Asylpolitik der AfD

Zuerst gab die AfD sich liberal - indem sie forderte, dass Asylbewerber arbeiten dürfen. Nun spricht Parteichefin Frauke Petry von einem „Schlag ins Gesicht der deutschen Arbeitssuchenden“. Kriegsflüchtlinge sollen laut Bernd Lucke am besten von Deutschland ferngehalten werden.

Als die AfD vor eineinhalb Jahren gegründet wurde, trug die Parteispitze eine Forderung wie eine Monstranz vor sich her: Dass Asylbewerber arbeiten dürfen. Man wollte dies als Ausweis von Humanität verstanden wissen, und als Beweis dafür, dass die Partei doch nicht so weit rechts stehe, wie ihr immer unterstellt werde. Tatsächlich dürfte die Asylpolitik am Ende der Lackmustest dafür sein, wo die AfD politisch einzuordnen ist.

Mittlerweile aber ist die Forderung nach dem Arbeitsrecht weitgehend obsolet geworden. Nach dem Asylkompromiss vom September können Asylbewerber leichter eine Arbeitserlaubnis erhalten. Umso mehr werden nun die Widersprüche bei der AfD in dieser Frage erkennbar. Parteichef Bernd Lucke sagt zu der Lockerung: „Das haben wir früher als alle anderen Parteien gefordert und inzwischen sind die Fristen erfreulicherweise auch verkürzt worden.“ Merkwürdig nur, dass Luckes Co-Vorsitzende Frauke Petry genau jenen Kompromiss kritisiert: Es sei ein „Schlag ins Gesicht der deutschen Arbeitssuchenden“, dass die Vorrangprüfung (der Nachweis, dass die gleiche Stelle nicht mit einem EU-Bürger besetzt werden kann) abgeschafft werde. „Nicht hinnehmbar“ sei dies, so Petry kürzlich.

Die AfD wird inzwischen mehr mit der Zuwanderungs- als mit der Euro-Politik identifiziert

Der Fall zeigt, wie sehr die steigenden Flüchtlingszahlen die AfD in ein Dilemma stürzen. Sie ist bemüht darum, ihre bürgerliche Fassade nicht zu verlieren. Gleichzeitig hat sie bei einer Klientel Erwartungen geweckt, die am liebsten die Schotten dicht machen will. Die drei Wahlen in Ostdeutschland gewann sie auch mit simplen Slogans wie „Einwanderung braucht klare Regeln“. Ergebnis: Laut einer neuen Allensbach-Umfrage wird die Partei inzwischen stärker mit einer „Begrenzung der Zuwanderung“ identifiziert als mit der Euro-Politik. Lucke selbst tut hingegen so, als habe die AfD nicht selbst die Zuwanderungsfrage zum Schwerpunkt gemacht: „Das Thema beunruhigt die Bevölkerung sehr. Deshalb nehmen wir uns dieses Themas an. Wir sind vorsichtig, weil wir nicht überall fertige Antworten haben, aber ab und zu wollen wir doch einen Denkanstoß geben.“

Ein Denkanstoß soll es dann wohl auch sein, wenn er anregt, in Zukunft zwei Gruppen von Asylsuchenden zu unterscheiden: Zum einen Menschen, die „wegen ihres eigenen aktiven Einsatzes politisch oder religiös verfolgt werden“. Das sei der „klassische, völlig berechtigte Asylgrund“. Und zweitens Kriegsflüchtlinge, die ohne eigenes Zutun verfolgt würden. „Auch diese Menschen brauchen unsere Hilfe, aber für ganze Völker, die verfolgt werden, ist unser Asylrecht nicht geschaffen.“ Luckes Vorschlag: Diese sollten dort bleiben, „wo man ihre Sprache spricht und wo man kulturell ähnlich geprägt“ sei, vorrangig in arabischen Ländern. Im Kern läuft sein Vorschlag also darauf hinaus, dass Deutschland Ländern wie der Türkei Geld dafür bezahlt, dass weniger Flüchtlinge hier ankommen. Einwände, dass dies kaum praktikabel sei, wischt er vom Tisch.

Parteivize Henkel: „Irgendwann sagen sie: Die können gar nichts“

Möglicherweise sind es solche Vorschläge, die Parteivize Hans-Olaf Henkel meint, wenn er wie jetzt dem „Spiegel“ sagt: „Sie können den Leuten nicht sagen: Ich kann alles. Irgendwann sagen sie: Die können gar nichts.“ Henkel gilt als Vertreter des wirtschaftsliberalen Flügels. Lucke hingegen versucht vom fernen Brüssel aus, zwischen den Parteiflügeln zu balancieren. Mit dem Ergebnis, dass der Ton immer öfter in den ostdeutschen Landesverbänden gesetzt wird. Dort wird wohl auch seine Begründung gut ankommen, mit der er inzwischen für das Arbeitsrecht von Asylbewerbern wirbt: „Untätigkeit kann schnell zu Alkoholmissbrauch oder Kriminalität führen.“

Fabian Leber

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