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Militärchef Min Aung Hlaing hat die Macht übernommen.
© AFP

Putsch in Myanmar: Die Welt muss geschickt agieren

Lasst die Wahlen überprüfen - selbst kleinere Unregelmäßigkeiten ändern nichts am Wahlausgang. Das nähme dem General die Argumente. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ingrid Müller

Das darf die Welt nicht hinnehmen! Gemeinsam müssen die Staaten den Militärputschisten in Myanmar entgegentreten – auch Joe Biden sollte keinen Alleingang starten. Allerdings reichen Appelle an die Generäle nicht, damit sie Aung San Suu Kyi und die wohl mehreren hundert anderen Gefangenen sofort freilassen.

Das wäre das Mindeste, was die neuen alten Herrscher tun müssen – behauptet doch der putschende Armeechef Min Aung Hlain, er wolle mit dem Coup die Missachtung demokratischer Regeln verhindern. Ein Hohn, in dieser Demokratur, aber man sollte ihn beim Wort nehmen.

Damit es Eindruck macht, muss es klare Folgen haben, sollten die Herren in Naypitaw ihren Schritt nicht revidieren: (schärfere) Sanktionen – und diese dann durchziehen. Schluss mit Waffenlieferungen. Aung Hlain hat bewiesen, dass er Gegner brutal niedermetzeln lässt, beim Genozid an den muslimischen Rohingya wie beim Vorgehen gegen Proteste.

Die Bevölkerung ist jung, viele schätzen die neuen Freiheiten. Was, wenn sie für ihre Rechte und „Mama Suu“ auf die Straße gehen, weil sie nicht mehr viel zu verlieren haben? Viele kämpfen wegen der schlechten Wirtschaftslage schon jetzt ums tägliche Überleben.

Viele Ex-Militärs sind jetzt Unternehmer und wollen keine Ächtung

Internationale Einigkeit in den UN ist wegen Chinas Vetorecht – dessen Prestigeprojekt Neue Seidenstraße führt auch durch das Nachbarland – oft schwer zu erreichen. Doch selbst die frühere Junta hatte irgendwann erkannt, dass ihr Land kaum auf die Beine kommt, wenn es sich China als einzigem Partner quasi ausliefert. Es wird erpressbar. Das war ein Grund für die vorsichtige „Zivilisierung“ nach Jahrzehnten Diktatur.

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Mit der im Westen damals gefeierten Suu Kyi öffneten sich die Tore zur Welt. Da wie dort herrschte Goldgräberstimmung, viele Militärs griffen sich lukrative Firmen. Sie haben kein Interesse an einer erneuten Ächtung Myanmars.

Eine Überprüfung der Wahl wäre eine Ausweg

Geschickte Diplomatie könnte versuchen, die tiefe Schmach des neuen Herrschers zu lindern: Wollte er doch selbst Präsident werden, heißt es, aber die militärnahe Partei USDP holte nur 33 der 476 wählbaren Mandate. Hätte sich das Parlament am Montag konstituiert, hätte es so ausgesehen, als akzeptiere er das Wahlergebnis, das er bisher anfocht und als Putschgrund nennt. Eigentlich stünde Mitte 2021 seine Rente an. Für künftigen Einfluss wäre er auf die verhasste Suu Kyi angewiesen.

Jetzt sitzen ihm genehme Minister im Kabinett, die ihre Wahlkreise nicht gewinnen konnten. Ein Ausweg könnte sein, dass eine internationale Kommission die Wahl prüft. Sie würde wohl wirklich Unregelmäßigkeiten finden, aber vermutlich in kleinerem Umfang. Über die Konsequenzen könnte man mit Aung Hlain und Suu Kyi sprechen.

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