Deutliche Verluste für die radikalen Rechten: Die Wahlergebnisse der AfD sollten niemanden beruhigen
Die Partei hat mittlerweile eine Stammwählerschaft, die sie nicht trotz, sondern wegen ihrer radikal rechten Positionen wählt. Eine Analyse.
Einige jubeln jetzt schon angesichts der Wahlergebnisse der AfD in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: Der Aufstieg der AfD sei gestoppt, die radikal Rechten hätten ihren Zenit überschritten.
Tatsächlich sind die Wahlergebnisse für die AfD deutlich niedriger als 2016. Damals holte die AfD in Baden-Württemberg 15 Prozent, in Rheinland-Pfalz knapp 13. Beides sind Bundesländer, in denen die AfD im westdeutschen Vergleich stark ist. Entsprechend lösen die deutlich niedrigeren Ergebnisse bei dieser Landtagswahl keine Euphorie bei der AfD aus.
Ein Grund zum Jubeln sollten sie aber auch für die Gegner der AfD nicht sein. Denn: Die radikal rechte Partei hat diese Ergebnisse trotz aller äußeren Umstände geholt.
Die Einstufung als Verdachtsfall störte viele Wähler nicht
Die Partei ist intern stark zerstritten zwischen sich als gemäßigt verstehenden Kräften und extrem rechten Kräften. Sie hat es in der Coronakrise nicht geschafft, einen stringenten Kurs zu formulieren: Sie schwankt etwa zwischen Impfgegnerschaft und Verurteilung des Impfversagens der Bundesregierung. Und die Partei steht im Visier des Verfassungsschutzes.
Anfang März wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz die Partei beobachten will und sie als rechtsextremen Verdachtsfall einstuft. Auch wenn ein Gericht die Beobachtung bis zum Ende eines von der AfD angestrengten Eilverfahrens stoppte: Das Signal ist eigentlich eindeutig. Der Verfassungsschutz sieht die AfD als potenzielle Gefahr für die Demokratie.
Doch all das störte viele Wähler in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg offenbar nicht. Erste Hochrechnungen sahen die AfD sogar in beiden Bundesländern zweistellig, nach der Auszählung weiterer Stimmen sanken die Werte der AfD noch etwas.
Das Thema Migration spielte kaum eine Rolle im Pandemiejahr
Das Wahlergebnis der AfD bedeutet in der Konsequenz: Bis zu 10 Prozent der Wähler im tiefen Westen wählen eine Partei, die unter Rechtsextremismus-Verdacht steht und bisher in der Coronakrise keine überzeugenden Lösungen anbieten konnte. Das lässt sich nicht mehr einfach mit Protestwählertum erklären oder mit Frust über die Migrationspolitik der Bundesregierung. Das Thema Migration spielte im Pandemiejahr kaum eine Rolle.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Die Wahlergebnisse der AfD bedeuten vor allem eines: Die AfD hat sich mittlerweile eine Stammwählerschaft aufgebaut, die sie nicht trotz, sondern wegen ihrer radikal rechten Positionen wählt. Diese Wähler lassen sich von Grenzüberschreitungen und Tabubrüchen nicht abschrecken. Sie sind ein Fundament, auf das die AfD vermutlich noch Jahre bauen kann. Um ihren Einzug in den nächsten Bundestag müssen sich die radikalen Rechten keine Sorgen machen. Das ist die eigentliche Lehre aus den Wahlergebnissen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.