Der Quälgeist aus Thüringen: Die Union wird das Thema Maaßen nicht los
Bildungsministerin Anja Karliczek wollte in Berlin über Projekte gegen Antisemitismus sprechen. Doch dann ging es um Maaßen. Karliczek war genervt.
Es ist offenbar unvermeidlich in diesen Tagen, dass beim Thema Antisemitismus auch über Hans-Georg Maaßen gesprochen wird. Der Ex-Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, heute CDU-Kandidat in Südthüringen für den Bundestag, hat mit umstrittenen Äußerungen reichlich Wirbel verursacht. Der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes warf im Juni Maaßen sogar vor, „klassische antisemitische Stereotype“ zu verwenden. Maaßen hatte in einem Essay für das neurechte Magazin „Cato“ über „globalistische Kräfte“ geraunt, die „eine neue Weltordnung radikal“ verwirklichen wollten. Maaßen wies Kramer Kritik als „Blödsinn“ zurück. Doch der Text in „Cato“ erinnert den Verfassungsschützer und weitere Kritiker Maaßens an antisemitische Parolen vom Streben „der Juden“ nach Weltherrschaft. Kramer betonte, er hätte sich gewünscht, die Antisemitismusbeauftragten hätten sich der Bewertung von Maaßens Ansichten angenommen. Das ist nun im Einzelfall geschehen. Allerdings ungeplant.
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Bei einer Pressekonferenz von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Mittwoch in Berlin nahm der auch auf dem Podium sitzende Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, Maaßen in Schutz. So halb jedenfalls. Auf hartnäckige Fragen eines Journalisten antwortete Klein, „ich würde nicht soweit gehen, Herrn Maaßen als Antisemiten zu bezeichnen“. Es sei aber „durchaus problematisch, was da in Rede steht“. Der Antisemitisbeauftragte verzichtete allerdings darauf, Zitate von Maaßen zu analysieren. Denn bei der Pressekonferenz ging es eigentlich um den Stand der Forschung zu Antisemitismus und Rechtsextremismus, Klein berichtete gemeinsam mit Ministerin Karliczek. Doch auch sie konnte der Causa Maaßen nicht entrinnen.
Anja Karliczek ist genervt
Karliczek tat sich noch schwerer als Klein. Auf die Frage, ob sie davon abraten würde, Maaßen zu wählen, kam in leicht genervtem Ton die Antwort, Maaßen sei vom CDU-Kreisverband in Südthüringen als Kandidat aufgestellt worden. Wenn er etwas von sich gebe, „was über den Rahmen des demokratischen Spektrums hinausgeht, ist das zu verurteilen“. Bei dem Tenor blieb es, die Ministerin klang allerdings angesichts weiterer Fragen zu Maaßen etwas stärker genervt. „Er ist demokratisch legitimiert aufgestellt worden. Punkt.“ Karliczek war jetzt stur. Mehr kam von ihr zu dem schwierigen Parteifreund nicht mehr. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte Anfang Juli Maaßen nach weiteren provokativen Äußerungen den Parteiaustritt nahegelegt.
Die Episode vom Mittwoch zeigt, dass die Debatte um Maaßen nach wie vor schwelt. Die Union muss befürchten, dass Themen, die ihr wichtig sind, darunter leiden. Karliczek hatte bei der Pressekonferenz einen ganz anderen Schwerpunkt. Das Bildungsministerium wird ab sofort „Forschungsverbünde“ zum Thema Antisemitismus mit zwölf Millionen Euro vier Jahre lang fördern. In Kürze sollen zudem weitere 23 Millionen Euro für Forschungsprojekte bereit stehen. Dieser Komplex ist ein Resultat der im Mai beendeten Arbeit des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus.
Aufbau einer Datenbank zu Rechtsextremismus
Bei den Projekten geht es unter anderem um das Thematisieren von Antisemitismus in Schulen, die Herausforderung der Justiz durch Judenhass und um ein „Multiplikatorentraining zur Bekämpfung antisemitischer Hassrede auf den sozialen Medien junger Menschen“. Der Titel des Trainingsprogramms lautet „Respond - Nein zu Judenhass im Netz!“ Vorgesehen ist zudem der Aufbau einer Datenbank zur Forschung über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.