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Einfach zu ähnlich: Die SPD schafft es nicht, sich zu profilieren. Unser Bild zeigt SPD-Chef und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel neben CDU-Kanzleramtschef Peter Altmaier bei der Kabinettssitzung am 29. Juli.
© Wolfgang Kumm/dpa

Genossen in der Krise: Die SPD ist zu müde für neue Themen

Die Digitalisierung beschert der SPD jede Menge Themen. Doch die umkurvt die Partei unter Sigmar Gabriel mal links, mal rechts, meint unsere Kolumnistin.

Viele Sozialdemokraten denken im Augenblick mit Verzweiflung über ihre Partei nach. Ist Angela Merkel das Problem der SPD? Ist es das Parteiprogramm? Oder ist es gar Partei-Chef Sigmar Gabriel selbst? Ist die Partei zu weit links, zu rechts, oder zu mittig positioniert? Warum gelingt es nicht, die Wähler für das segensreiche Wirken der SPD zu begeistern? Die Antwort ist nicht einfach. Denn das wahre Problem der Sozialdemokraten liegt weder in ihrer politischen Positionierung, noch in mangelnder Durchsetzungsfähigkeit in der Regierung. Die SPD ist einfach gähnend langweilig geworden. Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa leidet die gemäßigte Linke unter Chronic Fatigue.

Andere sozialdemokratische Parteien in Europa gewinnen Wähler

Während es Parteien links der Sozialdemokratie in Griechenland und Spanien momentan scheinbar spielend gelingt, Wähler zu mobilisieren und für regierungsfähig gehalten zu werden, erscheint das politische Original verbraucht und orientierungslos. SPD? Warum denn?

Langeweile allein ist eigentlich nicht schlimm in der Politik, solange sich die Wähler trotzdem in die Wahllokale schleppen. Die Konservativen machen vor, dass es funktionieren kann. Die Wahlbeteiligung sinkt auch bei ihnen – aber die andere Seite schrumpft schneller. Das schmälert zwar die Legitimation der politischen Arbeit insgesamt. Aber abgesehen davon lässt es sich ganz gut leben.

Sigmar Gabriel positioniert die SPD mal links, mal rechts, mal mittig

Für die SPD aber steht man gar nicht mehr auf. Sie ist selbst nicht mehr überzeugt von dem, was sie tut. Sigmar Gabriel positioniert die Partei mal links, mal lockt er mit Markt und Ordnungspolitik, mal kokettiert er mit den Israel-Kritikern ganz links und ganz rechts. Die neuen großen Themen der Sozialdemokratie übersieht er. Er verantwortet federführend die „Digitale Agenda“ der Bundesregierung. Darin finden sich ganze Kapitel zum Breitbandausbau und Netzsicherheit. Die disruptive Kraft der Digitalisierung für Jobs und Arbeitsbeziehungen aber werden in einem einzigen Absatz knapp gewürdigt. Die Ängste der klassischen Wähler der Sozialdemokratie zu adressieren, interessiert die SPD nicht mehr. Daraus Kraft zu schöpfen, hat sie versäumt. Sie ist einfach zu müde.

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