Bundeskanzlerin und Bundestagswahl: Mit Angela Merkel rechnen
Die Unionsparteien wollen sichergehen, dass Angela Merkel zur nächsten Bundestagswahl 2017 wieder antritt – zum Leidwesen der SPD.
Die Bundeskanzlerin ist in den Sommerferien, aber ganz weg ist sie ja eigentlich nie. Nicht dass sie über die Gnade der Heiligen verfügt, an zwei Stellen gleichzeitig zu sein. Doch beschäftigt Angela Merkel die Politik auch hierzulande weiter. In beiderlei Hinsicht: Merkel muss sich mit der Politik befassen, und sei es in Südtirol, und der Politikbetrieb in Berlin befasst sich mit allem, was sie angeht. So kommt es, dass jetzt berichtet wird, sie habe sich „offenbar entschieden“, bei der Bundestagswahl 2017 noch einmal anzutreten. Das schreibt der „Spiegel“ über ein „Strategietreffen“. Abgesehen davon, dass er auch schreibt, Merkel habe intern erklärt, sie werde die Entscheidung, „ob sie erneut kandidiere“, Anfang nächsten Jahres bekannt geben – wohlgemerkt: ob, nicht dass sie kandidiert –, so spricht doch vieles, wenn nicht alles dafür, dass sie es tut. Dazu passt ironischerweise der Kommentar der CDU-Zentrale, nicht jede Meldung im Sommerloch sei es wert, kommentiert zu werden.
Klar ist, dass Merkel als CDU-Chefin regelmäßig mit Generalsekretär Peter Tauber und Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler spricht. Auch über Strategien. Anders ist die Partei nicht zu führen. Die drei begegnen sich ja außerem schon bei jeder Präsidiums- und Vorstandssitzung. Wahrscheinlich ist überdies, dass die drei bei ihren Treffen über den längst heraufziehenden Bundestagswahlkampf beraten. Denn hier wartet viel inhaltliche und organisatorische Arbeit.
Die SPD, zum Vergleich, ist auch schon daran, sich aufzustellen. Ein Vizeparteichef, Thorsten Schäfer-Gümbel, hat zum Beispiel bereits die Steuerpolitik vorsortiert. Die Antwort auf die Kanzlerkandidatenfrage ist für die SPD hingegen ein wenig schwieriger als für die CDU. Obwohl Spitzengenossen wie der Schleswig-Holsteiner Torsten Albig ja wohl meinen, Merkel – mit der alle rechnen – solle sie für die SPD gleich mitübernehmen.
Der Druck innerhalb der Union wächst
Wenn das nun aber schon beim vergleichsweise größten Konkurrenten so ist, dann ist vorstellbar, wie der Druck innerhalb der Union wächst. Der Union aus zwei Parteien, wohlgemerkt. CSU-Chef Horst Seehofer hat klar gesagt, dass er von Merkel eine weitere, die vierte Kandidatur erwartet. Sein Ziel ist die absolute Mehrheit, mindestens die der Mandate im Bundestag. Ausgeschlossen ist das nicht, wie die Umfragen zeigen; aber möglich ist es nur mit Merkel. Keiner und Keine in der gesamten Union ist so populär wie die Kanzlerin. Eine absolute Mehrheit nützte auch der CSU absolut: Sie wäre der kleine, aber höchst einflussreiche Koalitionspartner.
Hinzu kommt die Malaise mit den möglichen Nachfolgern, Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen. De Maizière, wieder Innenminister, benötigt Zeit, seinen Ruf aufzupolieren; die Flüchtlingsdebatte gibt ihm eine Möglichkeit dazu, aber das Thema bleibt heikel. Ursula von der Leyen muss beweisen, dass sie das große Ressort für Verteidigung über die Außendarstellung hinaus inhaltlich beherrscht, und dass sie zum Teamspiel befähigt ist. Daran gibt es in beiden Unionsparteien unverändert Zweifel. Die auszuräumen, braucht ebenso Zeit.
Zeit, die eine erneute Kanzlerschaft Merkels beiden gäbe. Allerdings wird jetzt immer wieder einmal ein Name genannt, der überrascht: Volker Kauder, Unionsfraktionschef. Inzwischen ist er, der gemäßigte Konservative aus Baden-Württemberg, zum Merkel-Vertrauten aufgerückt und Garant der unionspolitischen Stabilität. Er wird für den Fall gehandelt, dass weder de Maizière noch Leyen die CDU und CSU überzeugen.
Auch binnenpolitisch hat die CDU-Führung ein Interesse daran, Merkel in ihren beiden Ämtern zu halten. Tauber zum Beispiel ist von Merkel ausgesucht und im CDU-Amt an sie gebunden. Ein neuer Parteichef holt in aller Regel einen neuen Generalsekretär. Wichtiger ist, dass Tauber sich mit allen Führungsmitgliedern einig weiß: Merkel soll bleiben. So lange sie will, natürlich, aber besser noch, so lange es geht. Finanzminister und Präsidiumsmitglied Wolfgang Schäuble hat bereits vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass Merkel so lange im Amt bleiben solle, wie die Wähler sie darin wollten. Das kann noch lange sein.