Marco Bülow über seinen Parteiaustritt: "Die SPD hat sich mit dem Neoliberalismus arrangiert"
Mit einem emotionalen Auftritt begründet der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow seinen Austritt aus der SPD. Er habe die letzte Hoffnung verloren, sagt er.
Nach 26 Jahren in der SPD ist der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow aus der Partei ausgetreten. Sein Mandat als direkt gewählter Parlamentarier werde er behalten, erklärte der 47-Jährige, der seit 2002 den Wahlkreis Dortmund I im Parlament vertritt. Bei einem teilweise emotionalen Auftritt („Es macht mich wütend“) vor der Presse nannte der Gegner der großen Koalition als Grund vor allem Enttäuschung über den Erneuerungsprozess der Partei, den er als vollständig gescheitert darstellte. Die Frage, ob er nun zur Linkspartei wechseln werde, wollte Bülow nicht beantworten. „Zu dem anderen ein andermal“, sagte er dazu nur.
Mit dem Kurs der SPD-Führung um Parteichefin Andrea Nahles ging Bülow hart ins Gericht: „Die SPD-Erneuerung ist zu einem absoluten Lippenbekenntnis verkommen.“ Weder die versprochene personelle, strukturelle oder inhaltliche Erneuerung der SPD sei vorangekommen, klagte er. Der Abgeordnete hatte sich seit Jahren einen Namen als linker Kritiker seiner Partei gemacht und im Bundestag seiner Fraktion häufig die Gefolgschaft verweigert. Nun versicherte er: „Ich war, ich bin und bleibe engagierter Sozialdemokrat, wenn auch, wie viele andere, außerhalb der Partei.“
Sein Entscheidung habe er „nach reiflicher Überlegung, ohne Häme, aber mit Traurigkeit“ getroffen, meinte der Ex-Journalist. Ausschlaggebend sei gewesen, dass nach den desaströsen Landtagswahl-Ergebnisse in Bayern und Hessen aus der SPD keine Reaktion gekommen sei – weder von der Spitze noch von der Basis. Nach diesem „Absturz ohne Lerneffekt“ habe er die letzte Hoffnung verloren.
Er habe am Ende keine Chance gehabt, kritisiert Bülow
Bülow kritisierte inhaltliche und strukturelle Defizite seiner Ex-Partei. So habe sich die SPD mit dem Neoliberalismus arrangiert und tue zu wenig gegen Armut und soziale Ungleichheit. Die Partei sei zu einem „Karriereverein“ verkommen. Innerparteiliche Vielfalt gebe es nicht mehr, Kritiker des aktuellen Kurses würden kaltgestellt. Der Abgeordnete erinnerte daran, dass er im März die überparteiliche Progressive Soziale Plattform (PRO) gegründet hatte. Mit diesem linken Bündnis hatte er die SPD erneuern und Konzepte gegen die soziale Ungleichheit entwickeln wollen. „Leider ist das nicht gelungen“, bilanzierte er nun.
Als weiteren Grund für den Austritt nannte Bülow die Erfolglosigkeit seiner eigenen Bemühungen. Er habe „am Ende gar keine Chance gehabt, irgendwas zu bewegen“. Tatsächlich galt er in seiner Fraktion zuletzt als Einzelgänger, der nur noch mit wenigen ebenfalls linksorientierten SPD-Kollegen Kontakt hielt.
„Da waren viele traurig“, sagte Bülow über die Reaktion seiner Wahlkreis-Konferenz auf die Entscheidung. In Berlin seien die Antworten nicht so eindeutig. „Es gibt auch Leute, die sich freuen“, meinte er – und fügte andeutungsvoll hinzu: „Vielleicht freuen sie sich auch ein bisschen zu früh.“