SPD-Analyse "Aus Fehlern lernen": „Die SPD hat seit Jahren keinen Wert mehr auf politische Kommunikation gelegt“
Noch als Parteichef hatte Martin Schulz eine Analyse der SPD-Wahlniederlage von 2017 in Auftrag gegeben. Jetzt wurde sie veröffentlicht. Zitate aus einer bitteren Selbstkritik.
"In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Sozialdemokratie zu einem Sanierungsfall geworden", heißt es in einer Analyse, die auf der Befragung von Ministern, Funktionären, Oberbürgermeistern, Wahlkämpfern und Beschäftigten im Willy-Brandt-Haus (WBH)basiert. Am Montag wurde die über 100 Seiten umfassende Analyse vorgestellt, in Auftrag gegeben hatte sie noch der im Februar zurückgetretene SPD-Chef Martin Schulz.
Im Folgenden dokumentieren wir einige der eindrücklichsten Zitate. Als Ganzes können Sie "Aus Fehlern lernen. Eine Analyse der Bundestagswahl 2017" hier herunterladen.
"Bei Presseterminen schickte der WBH-Sprecher die online-KollegInnen schon mal mit den Worten vor die Tür: ,Geht mal spielen, jetzt müssen die Erwachsenen ran.'"
"Fotos wie jene von Ende April 2017 aus der Fischräucherei in Eckernförde mit peinlich wirkender Kopfbedeckung (…) hätte es nie geben dürfen."
"Ob ihm (Schulz) die Kommunikationsabteilung des WBH dabei Hilfestellung leistete, aber nicht durchdrang, oder ob sie ihr Knowhow gar nicht erst einbrachte, war im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar."
"Mit der Schwemme belangloser Schreiben ist zumindest teilweise auch zu erklären, warum viele Mitglieder sich hartnäckig weigern, der Partei ihre Mailadresse zu überlassen. "
"Für die Wahlkreis-KandidatInnen wurden Videos produziert, die in der Online-Abteilung – vor allem wegen der Länge – komplett durchfielen. Sie wurden dann gar nicht erst online gestellt."
"Dieses Erstzugriffsrecht wurde von Sigmar Gabriel zwei Mal missbraucht und damit die gesamte Partei Geisel seiner Launen, Selbstzweifel und taktischen Manöver."
"Die SPD hat seit Jahren keinen Wert mehr auf politische Kommunikation gelegt."
"Das wohl schwerwiegendste Versäumnis: Das Nichtvorhandensein einer Medienstrategie."
"Einzelne Medien wurden offensichtlich bevorzugt, nachgeschobene Erklärungen waren nachweisbar falsch und Entscheidungen für oder gegen Interviews zogen sich unhaltbar in die Länge."
"Die meisten seiner (Schulz) vorgelesenen Reden waren eher durchschnittlich und sowohl pointen- als auch überraschungsfrei."
"DienstleisterInnen haben zuweilen – und fast unbemerkt – ihre Arbeit eingestellt, weil sie sich überflüssig fühlten und möglicherweise auch waren."