45 Jahre Watergate: Die schmutzigen Tricks des Richard Nixon
Richard Nixon versuchte, den Skandal zu vertuschen. Mit jeder neuen Affäre in Washington lebt die Erinnerung daran wieder auf - so auch jetzt bei Donald Trump.
Es ist der frühe Morgen des 17. Juni 1972, ein Sonnabend. Nachtwächter Frank Mills macht seine Runden durch den weitläufigen Watergate-Gebäudekomplex am Potomac-Fluss in Washington. Der 24-Jährige hat einen ruhigen Job, denn Watergate mit seinem Luxushotel, seinen Büros und seinen Wohnungen gilt als sicher und ungefährdet. Doch dieser Tag verändert alles. Mills entdeckt, dass jemand Klebeband über einigen Türschlössern angebracht hat, um zu verhindern, dass die Türen beim Zufallen schließen. Er reißt das Band ab, stellt aber bei seiner nächsten Runde fest, dass es erneuert wurde. Mills ruft die Polizei, die in der Parteizentrale der oppositionellen Demokraten im Gebäude fünf Einbrecher auf frischer Tat ertappt: Der Watergate-Skandal hat begonnen.
Wieder aktuell
Seit Mills das Klebeband sah und die Telefonnummer des zuständigen Zweiten Polizeidistrikts von Washington wählte, steht der Name „Watergate“ für Skandal, Vertuschungsversuche und Korruption bis in höchste Regierungskreise. Längst wird das „Gate“ aus Watergate an andere Begriffe gehängt, wenn es eine neue politische Affäre zu benennen gilt, die von einem Amtsträger unter den Teppich gekehrt werden soll. Kaum ein anderes Ereignis hat das Verhältnis der Amerikaner zur Regierung so nachhaltig verändert wie Watergate.
Mit dem Russland-Skandal um Donald Trump wird die Affäre von damals nach 45 Jahren jetzt wieder hochaktuell. Auch bei „Trumpgate“ geht es um den Vorwurf einer illegalen Einflussnahme der Regierung, etwa durch die mutmaßliche Aufforderung des Präsidenten an das FBI, die Ermittlungen gegen seinen früheren Berater Michael Flynn einzustellen. Die Presse bringt unter Berufung auf Insider aus dem Behördenapparat immer neue Enthüllungen als Licht.
"Trumpgate" kommt gerade erst in Fahrt
Noch hat „Trumpgate“ keine Helden wie Carl Bernstein und Bob Woodward, die Reporter der „Washington Post“, die entscheidend an der Aufdeckung des Watergate-Skandals beteiligt waren und die im Hollywood-Streifen „Die Unbestechlichen“ mit Dustin Hoffman und Robert Redford in den Hauptrollen verewigt wurden. Aber „Trumpgate“ kommt ja auch gerade erst ins Rollen.
Schon jetzt entwickelt sich der Skandal bei Trump wesentlich schneller als bei Nixon 1972. Der damalige Präsident gewann wenige Monate nach dem Einbruch in Watergate die Wahl mit einem Erdrutschsieg und musste erst 1974 unter dem Druck der Vorwürfe zurücktreten, um einer Amtsenthebung durch den Kongress zuvorzukommen. Bei Trump ist schon nach wenigen Monaten im Weißen Haus von Amtsenthebung die Rede. Sonderermittler Robert Mueller hat laut Medienberichten auch den Präsidenten selbst im Visier.
Beim ursprünglichen Skandal vor 45 Jahren entdeckte die Polizei, dass mindestens einer der festgenommenen Einbrecher, der ehemalige CIA-Agent James McCord, von Nixons Republikanern bezahlt worden war. Der Präsident wollte den Skandal schnell aus der Welt schaffen und beschwor – teilweise mit ähnlichen Worten wie heute Donald Trump – die Amerikaner, sich wieder wichtigen politischen Fragen zuzuwenden.
Die Reaktionen kamen zu spät
Dieser Appell wurde damals bei Nixon so ignoriert, wie er heute bei Trump verhallt. Öffentlichkeit und Presse verlangten Auskunft darüber, wer die Einbrecher nach Watergate geschickt hatte, um Dokumente aus dem Hauptquartier der Demokraten zu stehlen und dort Abhörgeräte zu installieren. Nixon selbst wusste wohl nichts davon: „Welches Arschloch hat das angeordnet?“, soll er gefragt haben, als er von dem Einbruch erfuhr.
Obwohl die Nixon-Regierung alles tat, um den Skandal zu vertuschen, kamen immer neue Details ans Tageslicht, wie eine schwarze Kasse der Republikaner zur Finanzierung illegaler Attacken auf die Demokraten und ein Abhörsystem zur Aufzeichnungen von Unterhaltungen im Oval Office. Enge Nixon-Mitarbeiter verbreiteten Unwahrheiten und wurden später verurteilt. Trump will nicht sagen, ob im Oval Office immer noch alles mitgeschnitten wird.
Im Oktober 1973, fast anderthalb Jahre nach dem Einbruch in Watergate, feuerte Nixon den damaligen Justizminister Elliott Richardson und dessen Stellvertreter William Ruckelshaus, weil sie sich weigerten, den Watergate-Sonderermittler Archibald Cox zu entlassen. Nixon fand schließlich einen anderen Beamten, der Cox auf die Straße setzte. „Ich bin kein Gauner“, sagte Nixon dennoch. Bei „Trumpgate“ gibt es jetzt erste Forderungen von Anhängern des Präsidenten, den Sonderermittler Mueller zu entlassen.
Doch zumindest bei Nixon kamen alle Reaktionen des Präsidenten und seiner Mannschaft zu spät. Die letztlich vom Verfassungsgericht angeordnete Herausgabe der Mitschnitte aus dem Oval Office besiegelte Nixons Schicksal. Den politischen Todesstoß bildete ein im August 1974 veröffentlichtes Gespräch aus den Tagen unmittelbar nach dem Watergate- Einbruch. Daraus ging hervor, dass Nixon schon zu Beginn des Skandals mit seinen Beratern darüber sprach, den Ermittlungen der Bundespolizei FBI einen Riegel vorzuschieben. Damit war klar, dass Nixon die Nation belogen hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Präsident versichert, er habe erst im März 1973 – neun Monate nach dem Einbruch – von der Verwicklung enger Berater in den Skandal erfahren. Eine Lüge. Am 8. August 1974 trat Nixon dann zurück.
Neustart für das Hotel
Während der Watergate-Skandal in den Jahren darauf zur Legende wurde, ging es mit dem Hotelkomplex am Ufer des Potomac immer weiter bergab. Drei Jahre lang stand das Watergate leer, bevor die Gebäude im Jahr 2010 von dem New Yorker Investorenpaar Jacques und Rakel Cohen für 45 Millionen Dollar aufgekauft wurden. Die Cohens steckten mehr als 120 Millionen Dollar in die Renovierung, bevor das Hotel im Jahr 2015 wieder öffnete.
Das neue Watergate spielt mit seiner Vergangenheit. Das Design ist an die 1960er und 1970er Jahre angelehnt, an die große Zeit des Hotels. Auch Verweise auf den berühmten Skandal, der Watergate in der ganzen Welt berühmt machte, fehlen nicht. „Aus dem Watergate-Hotel gestohlen“, steht auf den Bleistiften der Luxusherberge. Magnetkarten für die Hotelzimmer tragen einen Hinweis für die Gäste: „Einbruch unnötig“.