Beziehungen zwischen USA und Russland: Die Rückkehr der Machtpolitik
Trumps Luftangriff in Syrien und der US-Flugzeugträger vor Nordkorea sind Drohgebärden mit begrenzter Wirkung. Es droht kein "Dritter Weltkrieg". Eine Analyse.
Das war ein kurzer "Honeymoon". Donald Trumps Hoffnung auf ein besseres Verhältnis zu Russland hat nur wenige Wochen Realitätstest überlebt. Heute reist sein Außenminister Rex Tillerson nach Moskau. Es ist der erste Besuch eines Mitglieds der Trump-Regierung dort, und die Beziehungen sind eisiger, als sie unter Barack Obama waren. Es ist nicht einmal sicher, ob Wladimir Putin Tillerson überhaupt empfängt oder der mit seinem Kollegen Sergej Lawrow vorliebnehmen muss.
Was ist schief gelaufen?
Trump und Putin sind nicht alleinige Herren ihrer Optionen. Auf beiden Seiten gibt es Mitspieler, die kein Interesse an besseren Beziehungen haben, sei es weil sie den Kurs für falsch halten, sei es weil sie dann eine Verringerung des eigenen Einflusses befürchten müssen.
In Syrien, zum Beispiel, kann Machthaber Assad nichts Positives erwarten, wenn Washington und Moskau sich annähern. Wenn zunächst die Außenminister Tillerson und Lawrow und später die Präsidenten Trump und Putin ernsthaft über Syriens Zukunft reden, rückt Assads Sturz in den Bereich der Optionen. Der Giftgasangriff war vermutlich eine gezielte Provokation, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Das hat ja auch funktioniert.
Assad hat Trump und Putin gegeneinander ausgespielt
Und in Washington setzen die traditionell Russland-skeptischen Kräfte im Kongress und im Militär Trumps Spielraum enge Grenzen. Der Verdacht, dass Trumps Wahlkampfteam etwas zu enge Kontakte zu Russen mit Geheimdienstverbindungen in Moskau gehabt haben könnte, schränkt Trumps Spielraum weiter ein.
Assad konnte zwar nicht sicher sein, dass Trump auf den Giftgaseinsatz hin gleich Luftangriffe fliegen lässt. Aber eine Verstimmung war in jedem Fall die Folge. Assads Risiko war andererseits gering, dass die USA nun militärisch ganz groß in Syrien intervenieren und die Machtverhältnisse am Boden zu Ungunsten des Regimes in Damaskus und seiner Schutzmacht Russland wenden. Die Gründe, die Obama zu Zurückhaltung in Syrien veranlassten, gelten fort. Die USA wollen in keinen weiteren Bodenkrieg in einem muslimischen Land hineingezogen werden.
In Syrien beginnt kein großer Krieg
Syrien gehört nicht zu den herausragenden Regionen im geostrategischen Denken. Syrien ist ein Regionalkonflikt. Für die Russen steht dort mehr auf dem Spiel als für die Amerikaner, nämlich ihr einziger Flottenstützpunkt und einziger Militärflugplatz im Mittelmeerraum. Deshalb hat Putin am Ende sein Militär geschickt, um Assad zu halten. Auch in Russland ist es aber keineswegs populär, eigene Soldaten für Syrien sterben zu sehen.
Das amerikanische Interesse begrenzt sich darauf zu verhindern, dass der IS größere Gebiete in Rest-Syrien kontrolliert und dort Terrorausbildungslager aufbaut. Die USA wollen auch nicht, dass Syrien unkontrolliert zerfällt und die Frage der Bildung eines Kurdenstaats auf die internationale Tagesordnung rückt.
Die Ängste vor einem angeblich drohenden "Dritten Weltkrieg", mit denen manche deutsche Medien nun leichtfertig spielen, ist mit Blick auf Syrien unbegründet. Trump benutzt das US-Militär lediglich, um Druck auf Moskau auszuüben. Putin soll seinen Schützling Assad besser unter Kontrolle halten. Einen ausufernden Stellvertreterkrieg streben die USA nicht an.
Der Atomkonflikt mit Nordkorea ist riskanter
Weit ernster ist der Atomkonflikt mit Nordkorea. Auch dort haben die USA kein Interesse an einem heißen Krieg. Aber sie müssen und wollen China dazu bringen, dass es Nordkorea am Bau strategischer Atomraketen hindert, die die USA erreichen. Die Entsendung eines Flugzeugträgers ist eine Drohgebärde. Die Lösung wird weiter am Verhandlungstisch gesucht.
Gewiss wären viele Menschen weniger besorgt, wenn eine andere Persönlichkeit in dieser entscheidenden Phase im Weißen Haus säße: nicht der impulsive und unberechenbare Donald Trump, sondern ein, Präsident, der Ruhe und nüchternes Abwägen ausstrahlt. Manche würden jetzt sagen: einer wie Barack Obama. Der hatte in amerikanischen Augen allerdings den Nachteil, dass er etwas zu ruhig agierte und das US-Militär nicht einmal dann wenigstens zu symbolisch gemeinten Luftangriffen einsetzte, um sich und der Supermacht Respekt zu verschaffen, als Assad 2013 Giftgas einsetzte.
Deutsche Ängste vor einem "Dritten Weltkrieg"
Ein US-Präsident handelt nicht allein. Er ist eingebunden in einen Mechanismus von "Checks and Balances" aus Sicherheitsberatern, parlamentarischer Kontrolle durch den Kongress und einer Öffentlichkeit, die mit Protest reagiert, wenn der Präsident überzieht. Das alles gibt es weder in Syrien noch in Russland, China und Nordkorea.
Die deutschen Spekulationen über einen "Dritten Weltkrieg" haben weniger mit Trump und seinen begrenzten Machtdemonstrationen zu tun als mit den Deutschen und ihren aus Kriegsschuld resultierenden pazifistischen Illusionen, wie man die Welt friedlicher gestalten könne. Ganz ohne Militär und allein durch gutes Zureden lässt sich keine Machtbalance gegen brutale Akteure wie Assad, Putin, Kim-Jong-Un erzielen. Druck ist aber die Voraussetzung für eine Verhandlungslösung.