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Ungarns Regierungschef Viktor Orbán steht wegen der Vetternwirtschaft in seinem Land am Pranger.
© John Thys/REUTERS

Rechtsstaatsverletzungen in Ungarn und Polen: Die Rechnung, bitte

In Ungarn und Polen steht die Unabhängigkeit der Justiz in Frage. Die EU sollte darauf mit Mittelkürzungen reagieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Schon wieder Ungarn.  Die mutmaßliche Bespitzelung von Journalisten durch ungarische Behörden mithilfe der Spionagesoftware Pegasus ist eine Ungeheuerlichkeit. Sie zeigt, dass der Bewegungsraum von Medienschaffenden, die nicht linientreu über die Politik von Regierungschef Viktor Orbán berichten wollen, immer mehr beschnitten wird. Auch die Tatsache, dass regierungsnahe Medien in Ungarn kaum über Pegasus berichteten, verdeutlicht die Einschränkung der Informationsfreiheit – mitten in der EU.

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Es ist deshalb keine Überraschung, dass sich die EU-Kommission in ihrem neuen Rechtsstaatsbericht kritisch mit der Lage der Medien in Ungarn auseinandersetzt – und ihnen einen schlechten Zustand attestiert. Deren Vielfalt in Ungarn sei weiterhin in Gefahr, heißt es dort. Unabhängige Medien und Journalisten müssen mit anhaltenden Behinderungen bei ihrer Arbeit und Einschüchterungen rechnen, so die Analyse.

Die EU-Kommission nimmt in ihrem Rechtsstaatsbericht, der inzwischen zum zweiten Mal vorgelegt wird, nicht nur Ungarn unter die Lupe, sondern sämtliche EU-Staaten. Auf diese Weise begegnet die Brüsseler Behörde dem Vorwurf aus Budapest und Warschau, sich allein auf die nationalkonservativen Regierungen Ungarns und Polens zu kaprizieren. Dennoch liefert der Rechtsstaatsbericht einen Befund, der speziell diese beiden Länder betrifft: Denn neben der Beschneidung der Medienfreiheit durch Orbán sind es gerade Ungarn und Polen, die die Unabhängigkeit ihrer Justiz immer mehr einschränken und sich damit von den Grundwerten der Gemeinschaft weiter entfernen.

Die EU hechelt stets hinterher

Eigentlich verfolgt die EU-Kommission mit dem jährlichen Rechtsstaatsbericht das Ziel, schon frühzeitig auf Missstände in den Justizsystemen der Mitgliedstaaten oder bei der Korruptionsbekämpfung hinzuweisen und damit Fehlentwicklungen zu verhindern. Doch die Praxis sieht anders aus: Während in Ungarn und Polen der Rechtsstaat weiter abgebaut oder die Diskriminierung von nicht heterosexuellen Menschen zunimmt, hecheln die Brüsseler Institutionen stets hinterher – mit Vertragsverletzungsverfahren, Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof und Verfahren zum Entzug der EU-Stimmrechte. Die Konsequenzen blieben bislang überschaubar.

Milliarden für die beiden Länder aus dem Corona-Fonds

Das könnte sich ändern, weil die EU mittlerweile zusätzlich über die Möglichkeit verfügt, Rechtsstaatssündern die Subventionen aus Brüssel zu kürzen – was für Ungarn und Polen von Bedeutung ist: Beide Länder können aus dem Corona-Hilfsfonds der Europäischen Union viel Geld erwarten. Im Fall Ungarns sind es rund sieben Milliarden Euro, und die polnische Regierung rechnet sogar mit knapp 24 Milliarden Euro. Bislang hat die EU-Kommission die Gelder aber weder für Ungarn noch für Polen freigegeben. Denn wo die Rechtsstaatlichkeit eingeschränkt wird, wird auch die unabhängige juristische Überprüfung schwierig, ob die EU-Milliarden wirklich zweckgebunden ausgegeben werden.

Vetternwirtschaft in Budapest

Besonders im Fall Ungarns dürfte der jüngste Rechtsstaatsbericht eine Argumentationshilfe für Kommissionschefin Ursula von der Leyen liefern. Laut dem Bericht wird in Budapest nichts unternommen, um die Vetternwirtschaft auf der höchsten Ebene der Regierung zu beenden. In Ungarn fehlt es nach der Einschätzung der EU-Kommission an unabhängigen Kontrollmechanismen zur Korruptionsbekämpfung. So lange dieser Missstand nicht beendet ist, sollte Orbán auf die Corona-Hilfen aus Brüssel warten müssen.

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