Mecklenburg-Vorpommern: Die NPD erzählt einen vom Pferd
Die rechtsextreme Partei in Schwerin kehrt aus ihrer langen Sommerpause zurück - mit Aufmärschen und einer Lügengeschichte.
Auf einer Koppel in der Nähe der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Schwerin hätte man Pferdeköpfe und sauber abgeschabte Knochen gefunden, heißt es in der kleinen Anfrage der NPD-Fraktion an die Landesregierung. Jetzt wolle man wissen, wie viele Straftaten es insgesamt im Umkreis des Flüchtlingsheims gegeben habe und was mit den angeblichen Tätern – aufgelistet u.a. nach Nationalität, Aufenthaltsstatus und Vorstrafen – geschehen sei. Mit dieser Anfrage meldet sich die NPD in Mecklenburg-Vorpommern aus der Sommerpause zurück. Mit Tamtam, um zu zeigen, dass sie auch noch da ist.
Wichtige NPDler auf der Demo in Schwerin
In den vergangenen Monaten war es ruhig geworden um die rechtsextreme Partei. Und das ausgerechnet bei diesem Thema: Flüchtlinge. Mindestens 16.000 Menschen werden in diesem Jahr an der Ostsee erwartet. Das Land braucht Notunterkünfte– in alten Schulen, in ehemaligen Bundeswehrkasernen, auf dem Gelände der Agrarmesse Mela in Mühlengeez. Es ist nicht lange her, da hätte die NPD schon bei einem Bruchteil dieser Zahlen gehetzt und Ängste geschürt.
Die Hetze haben erst einmal andere übernommen. „Deutschland wehrt sich“ zum Beispiel. Auf den Facebookseiten der Gruppe wird alles gesammelt, was Vorurteile hergeben. Die Fremdenfeinde hatten zum Protest vor einer geplanten Notunterkunft im Schweriner Stadtteil Lankow aufgerufen und es tatsächlich geschafft, dass Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow (Linke) spontan herbeieilte, um sich den Fragen der aufgebrachten Leute zu stellen. Es wirkte wie herbeizitiert.
Aufmärsche wurden in Wismar und Schwerin organisiert. Am Samstag zählte die Polizei in der Landeshauptstadt 450 Teilnehmer. Darunter viele Neonazis aus freien Kameradschaften, Hooligans, junge Männer in Landser-Shirts – und etliche NPD-Kader. Der ehemalige Bundesvorsitzende Udo Pastörs reihte sich nach längerer Auszeit ein, die Nachwuchshoffnung der rechtsextremen Partei, Andreas Theißen, dazu aus Hamburg der einflussreiche Thomas Wulff.
Vors Mikro aber durfte Michael Stürzenberger, der Chef der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“. Sein rhetorischer Kahlschlag vor der Schweriner Staatskanzlei zeigte Wirkung. „Wir wollen keine Asylantenheime“, wurde von der Menge immer wieder skandiert. Vereinzelt auch: „Merkel an die Wand“. Ein Betrunkener hatte sich kurz zuvor mit Hitlergruß fotografieren lassen.
Pferde? Welche Pferde?
Die NPD marschierte mit. Und wird es am Montag vermutlich wieder tun, wenn MVgida demonstriert. Auch der Pegida-Ableger hatte eine lange Pause eingelegt und versucht heute ein Comeback in Boizenburg. Die Fremden- und Islamfeinde in Mecklenburg-Vorpommern lassen nichts unversucht, um ihr Thema auf die Straße zu bringen. Und die NPD möchte offensichtlich dabei sein. Ihr droht immer noch das Verbot – und der Bedeutungsverlust. Deshalb auch das Tamtam mit der Anfrage, das sich die NPD hätte sparen können, wenn es ihr um etwas anderes als Tamtam gegangen wäre: In Schwerin wurden keine Pferde nahe des Flüchtlingsheims getötet, niemand stellte eine Anzeige. Und überhaupt: Es gibt keine Sicherheitsprobleme rund um Flüchtlingsheime. Ein Anruf bei der Polizei hätte genügt.
Matthias Hufmann