Corona-Gipfel am Montag: Die Notbremse wird kommen, aber wie heftig wird sie?
Während Hamburg Geschäfte geschlossen und Kontakte eingeschränkt hat, plant Rheinland-Pfalz die Öffnung der Außengastronomie. Das ist der Stand vor dem Gipfel.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) druckste nach dem Impfgipfel am Freitagabend nicht lange rum. Schon drei Tage vor dem Bund-Länder-Treffen machte sie den Bürgern mit deutlichen Worten klar, was sie ab Montag erwarten könnten.: „Ich hätte mir gewünscht, dass wir ohne diese Notbremse auskommen, aber das wird nicht möglich sein, wenn ich mir die Entwicklung der letzten Tage anschaue.“
Die „Notbremse“ war nach dem letzten Corona-Gipfel der Kanzlerin und der Länderchefs Anfang März in das Beschlusspapier gewandert. Sie sieht vor, Öffnungen zurückzunehmen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region oder einem Land an drei aufeinander folgenden Tagen auf über 100 steigt.
Damals zeigte die Entwicklung noch in eine ganz andere Richtung. Da hoffte man noch, dass Deutschland in absehbarer Zeit eine Inzidenz von unter 50 erreichen würde. Auf dem Papier stand da, dass es ab dem 22. März Öffnungen bei der Außengastronomie, Theatern, Konzert- und Opernhäusern, Kinos und Fitnessstudios geben soll.
Doch es kam anders. Knapp drei Wochen später liegt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen laut RKI bei 99,9. Statt Lockerungsüberlegungen lautet die Frage nun wohl eher: Wie hart wird die Notbremse ausfallen? Welche Öffnungen müssen zurückgenommen werden?
Blickt man nach Hamburg, so bekommt man eine Ahnung, welche Verschärfungen es auch in anderen Landesteilen bald geben könnte. Hier zog der rot-grüne Senat am Freitag die Notbremse nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz die 100 überschritten hatte. Am Samstag stieg sie auf 115,3.
Tschentscher: "Wir können nicht abwarten."
Geschäfte dürfen Waren jetzt wieder nur noch zum Abholen bereitstellen, Termin-Shopping ist nicht mehr erlaubt. Zudem müssen Museen, Galerien, Zoos und botanische Gärten wieder schließen.
Strengere Regeln gelten auch bei privaten Kontakten. So darf sich ein Haushalt wieder nur mit einer weiteren Person treffen. Die Beschränkungen gelten nicht für Kinder unter 14 Jahren. Sie dürfen zudem in Gruppen bis zu zehn Jungen und Mädchen im Freien Sport betreiben.
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Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) begründete die Maßnahmen mit den Worten: „Ich befürchte, dass sich die Lage weiter verschlechtert. Wir sind in einer starken dritten Welle.“ Man wolle frühzeitig reagieren, um ein Volllaufen von Intensivstationen mit Corona-Patienten zu verhindern. "Wir können nicht abwarten", sagte Tschentscher.
Wie sehen das die anderen Ministerpräsidentin:innen? Folgen sie Merkel und Tschentscher?
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zählt zu denen, die ein besonders hartes Durchgreifen fordern. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ betonte er: „Weitere Öffnungen ergeben angesichts der erneut steigenden Infektionen keinen Sinn. Die Notbremse muss für alle gelten. Und zwar konsequent."
Söder: Notbremse konsequent anwenden
Für Corona-Hotspots forderte er einheitliche Regeln. „Wir haben ein Instrument, das wirkt: die Notbremse. Die muss überall in Deutschland gleich und konsequent angewendet werden“, betonte der CSU-Chef. „Wer jetzt die falschen Schritte geht, riskiert, dass aus der dritten Welle eine Dauerwelle wird“, warnte Söder. „Damit könnte sich alles bis in den Sommer hinein verlängern. Daher jetzt lieber konsequent und schneller - auch wenn es noch mal Kraft kostet.“
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat sich für eine Fortsetzung des Lockdowns ausgesprochen. „Es führt kein Weg daran vorbei: Wir können die Kontaktbeschränkungen nicht weiter aufheben“, sagte der Regierungschef dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
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Ähnlich entschieden äußert sich auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): "Die dritte Welle hat begonnen, da braucht man nicht drum herum zu reden", sagte der "Welt". Es gebe "keinen Grund anzunehmen, dass die steigenden Zahlen jetzt wie durch ein Wunder wieder von alleine zurück gehen werden: Die Welle, die sich gerade auftürmt, müssen wir brechen." Den Inzidenzwert von 100, ab dem besonders scharfe Lockdown-Regeln gelten sollen, dürfe man nicht aufweichen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet sagte, es könne ab dem 22. März keine weiteren Öffnungen geben. Die Notbremse werde NRW landesweit zur Anwendung kommen. Laschet kritisiert allerdings die Städte Duisburg und Dortmund scharf, die angesichts steigender Infizierten-Zahlen Schulen und Kitas schließen wollen. Das Land werde diesen Weg nicht mitgehen. Es müsse differenzierte Antworten geben.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte vor den Beratungen: „Damit muss man rechnen, dass Dinge zurückgenommen und verschärft werden.“ Angesichts vieler Ansteckungen in Kitas und Schulen könne es zudem sein, „dass wir da auch was ändern müssen“.
Gelten mit der Notbremse wieder die alten Regeln, dann würde das Folgendes bedeuten:
- Der Einzelhandel für sogenanntes Terminshopping („Click and meet“) muss wieder schließen.
- Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten müssen wieder schließen.
- .Individualsport alleine oder zu zweit und Sport in Gruppen von bis zu zehn Kindern bis 14 Jahren im Außenbereich ist wieder untersagt.
- Kontaktbeschränkungen werden wieder verschärft. Treffen mit nur noch einer Person eines anderen Haushalts.
Nach dem Willen der Kultusminister der Länder sollen die Schulen allerdings so lange wie möglich offengehalten werden. Dabei sollten Lehrkräfte im Präsenzunterricht zugleich Vorrang beim Impfen bekommen. Auf diese Position verständigte sich die Kultusministerkonferenz (KMK) in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss.
Für Kinder und Jugendliche sei der Schulbesuch für ihre weitere Bildungsbiografie von entscheidender Bedeutung, sagte KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD) aus Brandenburg. Seit Februar wird an den meisten Grundschulen in Deutschland wieder unterrichtet. Zuletzt waren je nach Land auch ältere Jahrgänge zumindest im Wechselbetrieb zurückgekehrt. Regional sind Schulen wegen hoher Corona-Zahlen aber auch schon geschlossen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, auch sie sehe die Entwicklung mit Sorge. Beim weiteren Vorgehen müssten Schulen und Kitas aber weiterhin oberste Priorität haben. „Wir haben die meisten Kinder in die Schulen und Kitas zurückgeholt. Das ist wichtig für die Kinder wie auch für die Eltern.“
Während die einen jegliche weitere Öffnungen entschieden ablehnen, will die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), einen Weg mit regionalen Lösungen geben. Sie will ab Montag anderes als ihre Kollegen Lockerungen ermöglichen.
Ab Montag werde die Außengastronomie mit einem "Sicherheitsmechanismus" geöffnet, erklärte Dreyer nach einer Kabinettssitzung in Mainz am Freitag. Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 werde aber die "Notbremse" gezogen.
Dreyer: Deutschland nicht für weitere Monate komplett abriegeln
Ziel der Öffnung sei es, eine Möglichkeit zu schaffen, "dass die Menschen in den anstehenden Osterferien bei uns wandern und in einem Gartenlokal einkehren können, statt nach Mallorca zu fliegen", erklärte Dreyer. Die Öffnung der Außengastronomie erfolge unter strengen Bedingungen. So müssten Besucher einen gültigen negativen Corona-Schnelltest vorweisen und die allgemeinen Schutzmaßnahmen beachten.
"Weil wir ganz Deutschland nicht für weitere Monate komplett abriegeln können, setzen wir in Rheinland-Pfalz darauf, auch regionale Lösungen zu finden", sagte Dreyer,
Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) machte mit seinen Aussagen Andeutungen, dass er ähnlich wie Dreyer Öffnungen nicht gänzlich ablehne. Er plädierte aber für eine „strenge Teststrategie“. „Ohne Kontaktnachverfolgung und ohne Testen bin ich nicht fürs Öffnen, da bin ich für gar nichts.“ Neben der Notbremse wird bei dem Gipfel am Montag das Thema Testen wohl erneut ein großes Diskussionsthema sein.
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