Bewegungsfreiheit eingeschränkt: Die Maßnahmen der Lockdown-Verschärfung im Überblick
Merkel und die Länderchefs haben eine Lockdown-Verlängerung bis zum 31. Januar beschlossen. Schulen und Kitas bleiben geschlossen. Kontaktbeschränkungen werden verschärft.
Bund und Länder haben sich am Dienstag darauf verständigt, den Mitte Dezember beschlossenen Lockdown bis 31. Januar zu verlängern und in Teilen auch zu verschärfen.
Nach dem Beschlusspapier der Runde von Kanzlerin Angela Merkel und der Ministerpräsidentenkonferenz gilt diese Verlängerung des Lockdowns auch für die Schulen und Kitas. "Das ist eine große Herausforderung für alle Eltern und Kinder", sagte Merkel. "Aber wir sahen uns dazu genötigt, um unser Ziel nicht aus den Augen zu verlieren." Die Maßnahmen seien "hart, aber notwendig".
Das Ziel lautet weiterhin, die Ansteckungen deutlich zu vermindern und wieder auf einen Schnitt von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen zu kommen. Derzeit liegt diese Inzidenz bundesweit bei etwa dem Dreifachen. Merkel und die Länderchefs bereiteten die Bürger auf längerfristige Einschnitte vor. „Die vor uns liegenden Monate Januar, Februar und März werden noch erhebliche Geduld und Disziplin aller erfordern“, heißt es in dem Beschlusspapier der Spitzen von Bund und Ländern.
Nach den Vereinbarungen, die vom 11. Januar an gelten, bleibt es bei der Schließung von Geschäften, Gastronomie, Kultur- und Sportstätten für weitere drei Wochen.
Auch an Schulen und Kitas wird bis Ende Januar fortgesetzt, was in den Ländern jeweils seit Mitte Dezember gilt. Teils ist hier die Präsenzpflicht ausgesetzt, teils ist es zu Komplettschließungen gekommen.
Unterschiede gibt es auch bei den Notbetreuungsmaßnahmen. Präsenzunterricht aber wird es in den kommenden drei Wochen noch nirgends geben.
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Der von den Kultusministern vereinbarte Stufenplan mit der Rückkehr zum Präsenzunterricht für Grundschüler oder Wechselunterricht in höheren Klassen beginnt demnach frühestens im Februar.
Kommentare zur Lockdown-Verlängerung
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Entlastung für Eltern
Zur Entlastung wegen der Betreuung der Kinder daheim sollen beim Kinderkrankengeld zehn zusätzliche Tage je Elternteil eingeführt werden. Es wird also pandemiebedingt mehr Kinderkrankentage für die Eltern geben, die daheim betreuen müssen.
Die generellen Kontaktbeschränkungen werden ausgeweitet, und zwar wie im Frühjahrs-Lockdown auf einen Hausstand plus eine Person. Bisher gilt: ein Hausstand plus ein weiterer Hausstand, maximal fünf Personen. In diesem Zusammenhang wurde auch beschlossen, dass Betriebskantinen geschlossen werden, "wo immer die Arbeitsabläufe es zulassen". Zulässig bleibt nur die Abgabe von "mitnahmefähigen Speisen und Getränken".
Arbeitgeber sind "dringend gebeten", großzügige Homeoffice-Möglichkeiten zu schaffen.
Enger Bewegungsradius möglich
Eine Verschärfung ist auch der Beschluss, bundesweit lokale Einschränkungen des Bewegungsradius vorzusehen. In Landkreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen, also in echten Hotspots, soll verfügt werden, dass sich niemand weiter als 15 Kilometer im Umkreis des eigenen Wohnorts bewegen darf – es sei denn, es gibt einen triftigen Grund dafür. Entsprechend gilt das auch für Stadtkreise, also auch die Großstädte, die aber immer im Ganzen ein Wohnort sind.
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Ausdrücklich nicht darunter fallen laut Beschlusspapier "tagestouristische Ausflüge": Merkel machte deutlich, dass damit die zuletzt häufigen Massenbewegungen in winterliche Ausflugsgebiete unterbunden werden sollen. Zu den triftigen Gründen zählen dagegen Fahrten zum Arbeitsplatz. In Sachsen gibt es diese Regelung schon länger, auch der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sie für sein Land gerade erst angekündigt.
Michael Müller: Keine Zeit für Halbherzigkeit
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), derzeit auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, appellierte an den Durchhaltewillen der Bürger. „Es ist jetzt keine Zeit für Halbherzigkeit, wir müssen den Weg entschlossen weitergehen“, sagte er.
Zwar hätten die bislang ergriffenen Maßnahmen Wirkung erzielt, „das reicht aber noch nicht“. Am Ende einer „schweren, aber wichtigen Ministerpräsidentenkonferenz“ sprach Müller davon, dass die Fortsetzung und Verschärfung der verhängten Maßnahmen „unstrittig“ gewesen sei.
Die vom Kanzleramt in den Vorgesprächen geforderte härtere Regelung zur Möglichkeit von Ausgangssperren ist in dem Beschlusspapier nicht mehr enthalten. Merkel hatte ursprünglich gefordert, die Schwelle für solche Maßnahmen auf100 Neuinfektionen zu senken. Zu diesen gehören schon nach der Beschlusslage vom Dezember auch lokale Ausgangsperren, die weiterhin ab einem Inzidenzwert von 200 Neuinfektionen möglich sind und auch schon häufiger ausgesprochen wurden. Das ist laut der Coronavirus-Karte des Tagesspiegel mittlerweile in 101 Land- und Stadtkreisen der Fall.
Viele Kreise betroffen
Insgesamt gibt es in Deutschland 294 Kreise und 107 kreisfreie Städte. In diesen Kreise kann die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt werden:
- Vogtlandkreis (801,2)
- Meißen (504,2)
- Eisenach (429,5)
- Osterzgebirge (408,8)
- Hildburghausen (401,2)
- Cottbus (348,2)
- Zwickau (336)
- Coburg (319,9)
- Nürnberg (310,6)
- Dresden (309,9)
- Landkreis Bayreuth (301)
- Stadt Hof (285,2)
- Limburg-Weilburg (259,4)
- Passau (257,3)
- Gießen (253,6)
- Potsdam (241,5)
- Oberhausen (236,7)
- Stadt Fürth (223,1)
- Stadt Landshut (216,8)
- Stendal (206,3)
Insbesondere der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält Ausgangssperren für ein probates Mittel bei hohen Infektionszahlen. In Bayern gilt landesweit eine generelle Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr, mit Ausnahmen wegen beruflicher Anlässe oder bei Notfällen. Ähnlich ist es in Baden-Württemberg und Sachsen. In Nordrhein-Westfalen dagegen gibt es bisher keine landesweite Verfügung, wohl aber Ausgangssperren auf Kreisebene.
Nach dem Knall in der schwarz-roten Koalition im Bund wegen der Impfpolitik von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war auch die Versorgungslage mit Impfstoffen ein Thema in der Runde.
Die SPD macht Spahn dafür verantwortlich, dass wohl zu wenig Impfstoff geordert worden sei und dass die Koordination mit den Ländern nicht funktioniere. In dem Beschluss stellt der Bund nun die Lieferung von vier Millionen Impfdosen bis zum 1. Februar verbindlich in Aussicht.
Zudem heißt es: „Der Bund wird den Ländern auf Grundlage der Herstellermeldungen verlässliche Lieferzeiten übermitteln, um ein abgesichertes Einlademanagement vor Ort zu ermöglichen.“ Zugesichert wird, dass im Lauf des Januars allen Bewohnern von Pflegeeinrichtungen ein Impfangebot gemacht werden kann.
Zudem will der Bund mit den Herstellern sprechen, wie „schnellstmöglich“ weitere Produktionskapazitäten für Impfstoffe aufgebaut werden könnten. Der Biontech-Gründer Ugur Sahin kündigte am Dienstag an, „dass wir bis Sommer ausreichend Impfstoff bereitstellen können“, so dass alle geimpft werden könnten, die dies wünschten.
Mit Blick auf das zuletzt auch aus Berlin heraus kritisierte Tempo bei der Lieferung von Impfstoffdosen erklärte der Regierende Bürgermeister Müller, die nun zugesagten Lieferungen seien die Grundlage dafür, Termine verlässlich vergeben und Planungssicherheit zu bekommen. Er betonte, dass Berlin darauf „gut vorbereitet“ sei.