Linkspartei: Die Linke hat ihren Ost-West-Konflikt zurück
Ost-Funktionäre der Linken sind genervt, weil westdeutsche Genossen sich eine radikalere Partei wünschen. Sie fordern: Die Partei müsse "mehr ostdeutsches Selbstbewusstsein" demonstrieren.
Die Linke hat ihren Ost-West-Konflikt zurück. Ostdeutsche Funktionäre riefen die Partei dazu auf, im Bundestagswahljahr „mehr ostdeutsches Selbstbewusstsein“ zu zeigen. Vize-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem Tagesspiegel: „Jede Partei sollte immer die Hochburgen pflegen und ausbauen“, die Linke könne sich in diesem Sinne ein Beispiel an der CSU nehmen. Die Linke habe „zentrale Kompetenz in Ostdeutschland“, die ihr auch die SPD nicht nehmen könne.
Westdeutsche Parteifreunde Bartschs hatten davor gewarnt, im Wahlkampf die „ostdeutsche Karte“ zu spielen. Die nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen etwa plädierte dagegen, beim Kampf um Stimmen mit einem „Erfahrungsvorsprung Ost“ hausieren zu gehen. Sie behauptete, ein Erfolg bei der Bundestagswahl hänge wesentlich vom Abschneiden der Partei in NRW ab – dem größten Bundesland. Zugleich warnte Dagdelen vor einem „Aufweichen“ radikaler Positionen, wie sie im Erfurter Grundsatzprogramm verankert sind. Der niedersächsische Landesvorsitzende Manfred Sohn nannte es „dramatisch“, dass die Linke im Westen „keine eigenständige Größe“ mehr sei. In seinem Land war die Partei am 20. Januar aus dem Parlament geflogen – wie zuvor schon in Schleswig-Holstein und NRW.
Die Brandenburgerin Dagmar Enkelmann, Parlamentsgeschäftsführerin im Bundestag, entgegnete, die Genossen im Westen müssten dann keine Angst vor der Fünfprozenthürde haben, „wenn sie respektieren, dass das Gewicht im Osten liegt und die nächste Wahl im Osten gewonnen wird“. Die Linke sei im Osten Volkspartei und habe dort einen guten Stand, sagte Enkelmann dem Tagesspiegel. Diesen „Vorsprung“ gelte es im Bundestagswahlkampf zu nutzen. Auch Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter, betonte in Thesen, aus denen das „Neue Deutschland“ zitierte, die „Kernkompetenz“ der Partei liege „in der sozialen Frage und regional bestimmt in der Vertretung der Interessen der Ostdeutschen“. In Reformerkreisen hieß es: „Manche der westdeutschen Genossen nehmen dort Zuflucht, wo sie zu Hause sind: Das ist Radikalität.“
Ex-Parteichef Klaus Ernst erinnerte an frühere Auseinandersetzungen zwischen Ost und West. In seinem Buch „Was war? Was bleibt?“ zur Geschichte der WASG berichtete er: „Wir mussten Kröten schlucken – wir von der WASG waren plötzlich eine Nachfolgepartei der SED.“ Aber auch die Führungscrew der PDS „musste Macht abgeben“. Nun würden manche im Osten gern diese Macht zurückhaben. Die WASG hatte sich 2007 mit der PDS vereinigt. „Ein Zurück in Regionalpartei Ost und Sektierergrüppchen West wäre das Aus einer erfolgreichen Linken“, warnte Ernst. Momentan aber könne er nicht erkennen, „dass es in Richtung Spaltung geht“, fügte Ernst auf Anfrage hinzu.