Umgang mit der AfD: Die Linke auf der Suche nach dem rechten Weg
Stefan Liebich will einen Teil der AfD-Wähler abschreiben, Klaus Lederer glaubt, dass Berlin "links tickt". Offen gegen Wagenknecht stänkern will keiner bei der Linken. Die Partei ist auf der Suche.
Die Worte von Sahra Wagenknecht waren deutlich. Die Linke werde "in den Augen vieler als Teil des unsozialen Parteienkartells" wahrgenommen. Viele würden die AfD "aus Notwehr" wählen, um auf sich aufmerksam zu machen. Das sagte Wagenknecht im Interview mit dem Tagesspiegel. Offen widersprechen wollte so recht keiner der führenden Linken. Weit entfernt sind sie von einem Aufruf gegen Wagenknecht, den es noch im Juli gab, als sich die Fraktionsvorsitzende kritisch zur Flüchtlingspolitik geäußert hatte. Inzwischen ist der Aufruf "Sahra, es reicht" sogar gelöscht. Jetzt wird sie, wie es aussieht, mindestens toleriert – wohl nicht nur, weil es schwierig ist, die Fraktionschefin ständig zu kritisieren, sondern auch, weil die Einsicht reift, dass ihre Stimme möglicherweise gebraucht wird, um an die AfD verlorene Wähler zurückzugewinnen.
Doch nicht alle wollen die Abtrünnigen zurückgewinnen. Stefan Liebich, Linken-Bundestagsabgeordneter aus Berlin, fordert seine Partei auf, sich ehrlich zu machen. „Unsere Programmatik können wir nicht einfach beliebig in den Wind hängen, als Linke müssen wir auch standhaft sein und manchmal auch sagen: das passt nicht zu uns“, sagte er dem Tagesspiegel. Natürlich müsse die Linke ihre soziale Kompetenz besonders herausstreichen, aber man müsse erkennen, dass es einem Teil der AfD-Wählerschaft gar nicht um die soziale Frage geht. Die AfD wolle ein kulturell anderes Deutschland, das deutlich weiter rechts, autoritär und fremdenfeindlich sei. „Diese Menschen können wir mit unserem politischen Angebot nicht erreichen.“
Lederer: "Berlin tickt links"
Er warnte seine Partei auch mit Blick auf Wagenknecht davor, bei der AfD-Debatte „zu viele unvereinbare Linien nebeneinander zu verfolgen“. Die Linke habe in den 90er Jahren eine andere Rolle gehabt. "Wir waren die Ausgegrenzten, diejenigen, die außerhalb des demokratischen Spektrums gestellt wurden. Jetzt ist das anders, wir regieren mit, tragen Verantwortung und da können wir uns auch nicht als reine Protestpartei definieren. Es darf da kein Entweder-Oder geben", forderte Liebich.
Auch Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Linken in Berlin und mitten in der heißen Wahlkampfphase, will nicht offen gegen Wagenknecht austeilen. Er erklärte dem Tagesspiegel: „Einfache Antworten gibt es nicht. Wir sind in Berlin Teil der stadtpolitischen Kämpfe und wollen, dass berechtigter Protest auch in reale Veränderung mündet. Berlin tickt links, auch auf der Straße. Hier werden wir den Rechtstrend stoppen.“