zum Hauptinhalt
Wie wird sich US-Präsident Donald Trump nun verhalten?
© MANDEL NGAN/AFP

Coronavirus in den USA: Die Lage ist so ernst – für die Suche nach Schuldigen ist wirklich keine Zeit

22 Millionen neue Arbeitslose in nur vier Wochen: Der Druck auf US-Präsident Trump steigt enorm. Aber panische Reaktionen helfen nicht weiter. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Es darf einfach nicht an ihm liegen. Eine Pandemie, die die USA härter und unvorbereiteter trifft als viele andere Länder? Mit Zigtausend Toten, Millionen neuer Arbeitsloser und einer Wirtschaft vor dem Crash? Für Donald Trump trägt daran wahlweise die Weltgesundheitsorganisation, China, die Opposition im Kongress, die Gouverneure in den Bundesstaaten oder sein Vorgänger im Weißen Haus schuld. Und die Medien natürlich. Der US-Präsident selbst macht ja alles richtig.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple-Geräte herunterladen können und hier für Android-Geräte.]

Der neueste Dreh ist seine unerhörte Drohung, den gesamten Kongress in die Zwangspause zu schicken, um freie Stellen in seiner Regierung schnell ohne dessen Genehmigung besetzen zu können. Die Vorsichtsmaßnahme in der Corona-Krise, dass Abgeordnete und Senatoren derzeit nicht zu regulären Sitzungen zusammentreten, nennt Trump eine „Vernachlässigung der Pflichten, die sich das amerikanische Volk in dieser Krise nicht leisten kann“, und schlimmer: einen „Betrug“. So könne er nicht regieren. Dass seit Beginn seiner Amtszeit vor drei Jahren viele Stellen nicht besetzt sind – geschenkt.

Viele der Jobs sind auf Dauer verloren

Nachvollziehbar ist, dass sich der Präsident angesichts 22 Millionen neuer Arbeitsloser in nur vier Krisen-Wochen einem unglaublich großen Druck ausgesetzt fühlt. Welche Volkswirtschaft hält es auf Dauer aus, Woche um Woche zuzuschauen, wie mehr als fünf Millionen Menschen ihre Jobs verlieren – mit all den katastrophalen sozialen Folgen und keiner Besserung in Sicht?

[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleitet unser US-Quintett Christoph von Marschall, Anna Sauerbrey, Juliane Schäuble, Malte Lehming und Tilman Schröter Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty]

Aber Trump wäre schlecht beraten, wenn er deshalb nun mehr auf seine Wirtschafts- als auf seine Gesundheitsexperten hört. Wenn er den Menschen im Land falsche Hoffnungen macht, dass bald alles wieder so sein wird wie früher. Denn das wird es nicht. Viele der Jobs sind wohl auf Dauer verloren, und bei einer zu frühen Aufhebung der Schutzmaßnahmen droht eine Verschärfung der Epidemie, die ihren Höhepunkt in den USA Experten zufolge noch längst nicht erreicht hat.

Die Lage ist so ernst, die Krise so schwer, dass für die Frage, wer Schuld hat, eigentlich keine Zeit ist. Jetzt geht es um Krisenbewältigung, darum, die Folgen abzufedern und ja, auch darum, den Menschen Hoffnung zu machen. Aber mit falschen Hoffnungen und der aufreibenden Suche nach dem Sündenbock wird die Krise nur noch schlimmer.

Zur Startseite