Ukrainischer Botschafter ätzt gegen Schwesig: „Die Heuchelei ist zum Kotzen“
Auf Twitter greift der ukrainische Botschafter Melnyk Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin an. Auch die Bundesregierung attackiert der Diplomat scharf.
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) per Twitter scharf attackiert und ihr Heuchelei vorgeworfen.
Schwesig hatte am Freitag ein Foto des Landtags, des Schweriner Schlosses, angestrahlt in den Farben der ukrainischen Nationalflagge, per Twitter verbreitet. Dazu hatte sie geschrieben: „Solidarität mit der Ukraine. Ein wichtiges Zeichen des Landtages.“
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Melnyk reagierte am Samstagmorgen auf diesen Tweet und schrieb direkt an Schwesig adressiert: „Die Heuchelei ist zum Kotzen.“
Einen genauen Grund für den direkten Vorwurf an Schwesig nannte Melnyk nicht. Die SPD-Politikerin war vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine wegen ihres russlandfreundlichen Kurses oft kritisiert worden. Schwesig hatte sich vor dem Überfall immer wieder vehement für die Fertigstellung und rasche Inbetriebnahme der umstrittenen deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 eingesetzt.
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Als die Bundesregierung nach dem russischen Angriff Nord Stream 2 dann stoppte, machte Schwesig klar, dass sie und ihre Landesregierung die Entscheidung voll unterstützten.
Schwesigs Sprecher Andreas Timm wies die Kritik des Botschafters als „falsch“ zurück. Schwesig habe Putins Angriff auf die Ukraine mit klaren Worten verurteilt. „Mit dem Anstrahlen des Schweriner Schlosses hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern ein Zeichen des Mitgefühls an die Menschen in der Ukraine gesandt. Hinter diese Aktion hat sich die Ministerpräsidentin gestellt.“
Twittertirade an die Bundesregierung
Kurz nach seinem Vorwurf an Schwesig twitterte Melnyk dann einen Aufruf an die Bundesregierung. Er warf ihr vor, „tatenlos zuzusehen“, wie die Ukrainer von der russischen Luftwaffe und von russischen Raketen ermordet werden.
Der Botschafter erneuerte seine Forderung nach Waffenlieferungen aus Deutschland. Die Ukraine brauche Flugabwehrraketen, um Menschen zu schützen. „Das wäre echte Solidarität“ setzte Melnyk hinzu.
Melnyk fordert Russlands Rauswurf aus Swift
In einem weiteren Tweet wandte sich Melnyk dann direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Wie lange wollen Sie noch warten mit dem Rauswurf Russlands aus dem Swift?“, schrieb Melnyk mit Bezug auf das internationale Bankenkommunikationsnetzwerk.
Nach dem Angriff auf die Ukraine war der Schritt als Sanktion gefordert worden. Mit dem Ausschluss aus Swift würden russische Banken praktisch vom globalen Finanzsystem abgeschnitten. Baerbock etwa hatte aber zu Bedenken gegeben, dass dies „massive Kollateralschäden“ auslösen könnte.
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Im selben Tweet fragt Melnyk dann, wie viele Ukrainer „noch von Putin geschlachtet“ werden müssten, bevor Deutschland die Ukraine mit Defensivwaffen unterstütze.
Die Bundesregierung hatte der Ukraine als bisher einzige Rüstungshilfe 5000 Helme zugesagt. Während Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) das als „ganz deutliches Signal“ der deutschen Solidarität mit der Ukraine wertete, sprach Melnyk von einer „reinen Symbolgeste“. Die Lieferung der Helme, die inzwischen dem ukrainischen Militär übergeben worden sind, hatte auch für viel Spott gesorgt.
Die Bundesregierung schließt die Lieferung tödlicher Waffen auch nach dem russischen Angriff aus. Die Ukraine kritisiert die deutsche Zurückhaltung bei den Rüstungslieferungen dagegen scharf. Andere Nato-Staaten wie die USA, Großbritannien und auch baltische Ländern unterstützen die Ukraine mit Waffen.