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Im Dezember endet die Amtszeit von Ban Ki Moon als UN-Chef. Ein Nachfolger wird gesucht.
© dpa

Nachfolge von Ban Ki Moon: Die halbtransparente Suche nach einem neuen UN-Chef

Endlich eine Frau! Und endlich jemand aus Osteuropa! Das sind die beiden am häufigsten genannten Anforderungen an die Bewerber für die Nachfolge von Ban Ki Moon. Aber der UN-Chefposten ist kein Fall für die Quote. Ein Kommentar

Päpste und UN-Generalsekretäre fielen bisher vom Himmel. Eben noch Unbekannte und nur einem kleinen Zirkel Auswahlberechtigter bekannt, wurden sie nach allergeheimster Beschlussfassung der Welt präsentiert, die sich daraufhin überrascht die Augen reiben konnte. Der wer wird’s?

Ob sich das bei der katholischen Kirche je ändert, ist unklar, bei den UN aber wurde vor der Wahl des kommenden Generalsekretärs eine Transparenzoffensive gestartet. Was die allerdings bisher öffentlich machte, lässt den Wunsch aufkommen, vielleicht lieber doch nichts wissen zu wollen.

Es durften diesmal erstmalig mehrere Bewerber – zwölf an der Zahl – in drei öffentlichen Vorstellungsrunden im April, Juni und Juli vor den Vereinten Nationen auftreten und für sich werben. Entschieden wird letztlich aber von den fünf ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien), gegen deren rote Veto-Karte kein Kandidat auf den Chefsessel kommen kann. Und da sich aktuell USA und Russland kaum gewogen sind, wird eine Blockadesituation befürchtet, in der je der Kandidat, der dem einen passt, vom anderen blockiert wird. Als wäre das nicht schon schwierig genug, kommen auf allgemeinen Druck noch zwei formale Anforderungen an die Bewerber ins Spiel, von denen leider keine zur Eignung für das Amt Hinweise liefert. Es sind:

1.) Herkunft: Osteuropa.

2.) Geschlecht: weiblich.

Braucht es für ein derart eingeschränktes Ergebnis transparente Auswahlrunden mit öffentlichen Bewerberpräsentationen? Kaum. Was es braucht, ist eher ein bisschen mehr Superstar-Suche. Denn auf eine Art geht es bei dem Amt um einen Superstar-Job.

Das Gewicht des Amts hängt vom Format des Inhabers ab - Quotendiskussion schaden da

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat abgesehen von seinen internen und administrativen Aufgaben extern vor allem repräsentative. Gewicht und Einfluss hängen folglich vor allem vom Format des Amtsinhabers ab. Das schon vor der Wahl dadurch zu beschneiden, dass mehrere formale Kriterien und Quoten genannt werden, denen er entsprechen muss, ist nicht hilfreich.

Dass bisher wegen eines Regionalausgleichs bereits ein Rotationsverfahren durch die Kontinente üblich war, hat zum Noch-Generalsekretär Ban Ki Moon aus Asien geführt. Der fand zwar vor wenigen Tagen in New York harte – wenn auch folgenlose – Worte für die Ländervertreter, die mit „blutigen Händen“ am Syrienkonflikt beteiligt sind, agierte ansonsten aber eher wenig eindrücklich.

So stellt sich ganz allgemein die Frage, ob ausgerechnet die Vergabe extrem exponierter und zugleich so vage definierter Posten wie des obersten UN-Repräsentanten ein Fall für Quoten sein sollte. Die Quote ist dann gut, nützlich und hilfreich, wenn aus einem Pool an qualifizierten Bewerbern immer dieselben ausgewählt werden, beispielsweise weiße Männer um die 50, und andere – Frauen, Schwarze, Ältere, Jüngere – ohne diesen Kniff nie zum Zug kämen. Wenn aber schon die Suche nach nur einem einzigen qualifizierten Bewerber die Schwierigkeit an sich darstellt, dann braucht es die Quote nicht. Bei der kommenden Wahl für die Ban-Nachfolge wird sie wahrscheinlich dazu führen, dass der Bewerber, der allgemein am geeignetsten erscheint, aus dem Rennen fliegt.

Das Geschacher ist nun transparenter, aber wer will zusehen?

António Guterres war von Juni 2005 bis 2015 UN-Flüchtlingskommissar – ist also in der global drängendsten Frage mehr als eingespielt auf der internationalen Bühne. Außerdem hat er wie berichtet bisher alle UN-Probeabstimmungen gewonnen. Und nun soll sein hauptsächliches Versäumnis darin bestehen sein, dass er ein portugiesischer Mann statt eine osteuropäischen Frau ist?

Wahrscheinlicher wären also wohl diese Namen: Natalia Gherman aus der Republik Moldau, die aber erst 47 Jahre alt ist, und außerdem hält Russland seit dem Ukrainekonflikt Abstand zu der Minirepublik. Oder Irina Bokowa, frühere bulgarische Vizeaußenministerin, die Russland passt, aber den USA und anderen Ländern als zu russlandfreundlich gilt. Oder die EU-Kommissionsvizepräsidentin Kristalina Georgiewa, für die sich Bundeskanzlerin Angela Merkel angeblich beim russischen Präsidenten Wladimir Putin eingesetzt haben soll; was jedenfalls von Moskau verbreitet und von Berlin umgehend zurückgewiesen wurde. Dazu müsste Bulgarien aber auch Bokowa zurückziehen, was es bisher nicht getan hat.

Das alles kann man derzeit über die Wahlen zum nächsten Generalsekretär der UN lesen. Und das macht die Sache sicher transparenter. Aber auch abgeschmackter.

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