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Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende Oktober bei einer Kabinettssitzung im Kanzleramt.
© imago images/photothek

Abgesagter Koalitionsgipfel: Die Groko ist bewegungsunfähig

Der Koalitionsgipfel zur Grundrente ist abgesagt. In normalen Zeiten wäre das unproblematisch. Aber derzeit ist bei SPD und CDU nichts normal. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Jetzt auch noch Norbert Röttgen. Klar, auch der ehemalige Umweltminister und aktuelle Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag hat noch eine Rechnung mit der Kanzlerin offen. Man kann seine Äußerungen in der „New York Times“, wo er der Kanzlerin Untätigkeit vorwirft und Deutschland einen „Totalausfall“ nennt, als kleine persönliche Abrechnung lesen, genau wie bei Friedrich Merz.

Doch das greift zu kurz. Denn tatsächlich ist diese Regierung fast bewegungsunfähig. Eingekeilt zwischen zwei Parteien, die dermaßen mit sich selbst beschäftigt sind, dass in jedes Sachthema der eigene parteiinterne Machtkampf projiziert wird.

Aktuelles Beispiel ist die Grundrente, über die eigentlich beim Koalitionsausschuss am Montag weiter verhandelt werden sollte. Knackpunkt ist die Frage, ob eine Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt werden muss, bevor Rentnerinnen und Rentner mehr Geld bekommen. Darüber streiten die Koalitionäre. Das ist legitim. In normalen Zeiten wäre ein strittiges Thema auch keine grundlegende Belastung für die Koalition.

Das ist jetzt anders. Die Nerven liegen blank: Setzt sich die SPD nicht durch, dürfte auch dem letzten Groko-Verteidiger die Luft ausgehen. Setzt sie sich durch, könnte es in der CDU noch ungemütlicher werden. Kein Wunder also, dass der Termin kurzfristig verschoben wurde. Die Frage ist aktuell weniger, wie viel Kraft zum Kompromiss die Regierung selbst noch hat, entscheidender ist, wie viel Kraft CDU und SPD noch haben, diese Kompromisse mitzutragen.

Und da kommt die Kanzlerin ins Spiel. Angela Merkel, die so seltsam zurückgezogen, beinahe der politischen Realität entrückt wirkt. Vielleicht ist sie das nicht, hat intern noch die Kontrolle. Aber entscheidend ist, wie sie auf das Publikum und damit auch auf die eigenen Leute wirkt.

Ein Bemühen um die große Koalition ist nicht erkennbar

Dieser Eindruck trägt nicht zum Erfolg der Koalition bei. „Sie hat sich bemüht“, soll man in den Geschichtsbüchern über sie schreiben, sagte sie im Sommer. Im Kapitel über diese Koalition wird das nicht stehen können, denn ein Bemühen um die Groko ist nicht erkennbar.

Und so verharrt die Koalition zwischen Existenzangst in der SPD, Streit in der CDU und einer untergetauchten Kanzlerin. Da wirkt die CSU wie der letzte Hort der Stabilität. Sie hat ihre Führungsfrage geklärt. Die Antwort heißt Markus Söder. Und der lauert.

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