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Lesben und Schwule freuten sich in Dublin über den Erfolg des irischen Referendums.
© Aidan Crawley/ dpa

Die CDU und die Homo-Ehe: Die Grenzen der Gleichheit

Die CDU ringt mit dem Thema Homo-Ehe. Dabei hat sich die Partei verändert – und es ist nicht mehr klar, ob die Konservativen überhaupt noch in der Mehrheit sind.

Wenn Volker Kauder demnächst ein Problem bekommt, dann kann er sich bei Pietro Parolin bedanken. Als „Niederlage für die Menschheit“ hat der vatikanische Generalstaatssekretär das Votum der Iren für die Einführung der Homo- Ehe gegeißelt. Das römische Brachialurteil ließ nicht nur reihenweise deutsche Glaubensbrüder auf Distanz gehen. Es dürfte auch seinen Teil dazu beigetragen haben, dass die Gegner einer völligen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in der CDU im Moment auffallend ruhig sind. Also muss der Fraktionschef selbst voran. „Die sogenannte Homo-Ehe, also die Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Verbindungen, lehne ich ab“, hat Kauder der „FAZ“ erklärt.

Damit steht er in der CDU nicht allein, und bis vor wenigen Jahren hätte der bekennende Konservative ziemlich sicher sein können, dass er für eine klare Mehrheit der Partei spricht. Inzwischen ist das so sicher nicht mehr. Gleich zwei seiner Stellvertreter im Fraktionsvorsitz plädieren für eine Neubewertung. Nadine Schön, mit 30 Jahren schon oberste Familienpolitikerin der Union, tut es offensiv: „Ich befürworte eine Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare“, sagt Schön dem Magazin „Focus“. Der Innenpolitiker Thomas Strobl tut es ein wenig verbindlicher: Die CDU müsse über ihr Ehe- und Familienbild im 21. Jahrhundert nachdenken und diskutieren. Nadine Schön wiederum hat eine Idee, wo diese Debatte bestens aufgehoben wäre – beim nächsten Parteitag nämlich im Herbst.

Vor gut zwei Jahren wurde schon einmal entschieden

Das hätte dann etwas von einem Déjà-vu. Es war schon spät geworden an jenem 3. Dezember 2012, als der CDU-Parteitag in Hannover einen heiklen Tagesordnungspunkt zu besprechen hatte: steuerliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften – ja oder nein? Schon diese vergleichsweise technische Frage löste eine Grundsatzdiskussion über das Ehe- und Familienbild der CDU aus. Am Ende lehnte der Parteitag die Gleichstellung ab. Interessant waren freilich schon damals die Mehrheitsverhältnisse: Die Befürworter der Gleichstellung kamen, grob geschätzt, auf etwa 40 Prozent der Delegierten.

Wie die Abstimmung bei einer Neuauflage ausgehen würde, ist offen. Schließlich ist seither einiges passiert. Homosexuelle Spitzenfunktionäre sind auch in der Union zur Selbstverständlichkeit geworden. Und fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Votum von Hannover ordnete das Bundesverfassungsgericht genau das an, was die CDU-Mehrheit abgelehnt hatte. Das Ehegatten-Splitting gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare, alles andere wäre ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.

Streitpunkt Volladoption

Mit der gleichen Begründung kippten die Karlsruher Richter im selben Jahr eine weitere Hürde für Homo-Paare: Sie erlaubten die sogenannte Sukzessivadoption. Wenn ein Partner ein adoptiertes Kind mit in eine eingetragene Partnerschaft bringt, darf der andere dieses Kind ebenfalls adoptieren. Das Urteil hat für die heutige Debatte in der Union erhebliche Bedeutung. Denn nachdem das Bundeskabinett an diesem Mittwoch ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, das in vielen Einzelbereichen Ehe und Lebenspartnerschaft gleichstellt, bleibt im Kern nur noch ein großer Unterschied. Volker Kauder baut darauf sein Nein auf: Eine Volladoption durch gleichgeschlechtliche Partner halte er nicht für richtig.

Auch damit steht er nicht allein in der CDU. In der Parteitagsdebatte 2012 hatten sogar etliche Befürworter der Steuer-Gleichstellung darauf hingewiesen, dass ja nicht das Adoptionsrecht zur Debatte stehe – da sähen auch sie eine Grenze.

Die zu begründen ist allerdings nicht leicht. Als der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf vor Kurzem den „Schöpfungsplan“ heranzog, dem ein solches Adoptionsrecht widerspreche, erntete er peinlich berührtes Schweigen. So parolinistisch wie Wolf denkt zwar eine durchaus beachtliche Minderheit in der CDU. Laut zu sagen traut sich das aber kaum noch einer.

Kauders Zwangslage

Kauder argumentiert nicht mit der Bibel, sondern mit dem Wohl der Kinder; das gehe der Selbstverwirklichung homosexueller Paare vor. Die Karlsruher Richter hatten in ihrem Adoptionsurteil freilich nach Anhörung von Sachverständigen festgehalten, dass einem Kind das Aufwachsen mit zwei Vätern oder Müttern nicht schade. Das Gericht hatte es auch ausdrücklich offengelassen, ob das Verbot der Volladoption für Homo-Paare verfassungsgemäß ist. Doch der Hinweis, dass es eines „gewichtigen Sachgrunds“ bedürfe, um eine Benachteiligung vergleichbarer Lebensgemeinschaften zu begründen, kommt einem Wink mit dem Zaunpfahl gleich.

Kauder versucht die Bastion denn auch mit einem formalen Argument zu befestigen: Ehe und Lebenspartnerschaft könnten nicht mit einem einfachen Gesetz gleichgestellt werden, sondern wohl nur durch Verfassungsänderung. Dafür sehe er im Bundestag keine Mehrheit. Das dürfte stimmen, schon wegen der CSU. Es beschreibt aber zugleich Kauders Zwangslage. Sollte sich ein CDU-Parteitag für das irische Modell entscheiden, stünde der Fraktionschef plötzlich ziemlich einsam auf der Lichtung.

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