zum Hauptinhalt
Da war noch alles gut: Angela Merkel bei 2014 bei den Weltmeistern.
© picture alliance / dpa

Martenstein über Löw und Merkel: Die Gleichsetzung von Politik und Fußball ist Quatsch

Es sind Schicksalstage - für Kanzlerin Merkel und Bundestrainer Löw. Aber am Ende bleibt Fußball Fußball.

Auch für Nivea ist das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der WM eine Katastrophe. Jogi Löw war der wichtigste Werbeträger für Nivea, muss das in Zukunft auch noch der Werbe-Weltmeister Jürgen Klopp übernehmen? Falls mein Lieblingskandidat für die Löw-Nachfolge ans Ruder kommt, der kantige Horst Hrubesch, ein moderner Wiedergänger von Sepp Herberger, dann sehe ich am Horizont eher Werbeverträge für den Hagebaumarkt oder für Flensburger Pilsener.

Es sind zahlreiche Bücher und Feuilletons geschrieben worden über den geheimnisvollen Zusammenhang zwischen deutschem Fußball und deutscher Politik. Im Wunder von Bern, der Weltmeisterschaft von 1954, schien sich das Wirtschaftswunder perfekt zu spiegeln. 1974, wieder Weltmeister, diesmal im Zeichen der Reform-Euphorie: „Gerd Müller sah aus wie Che Guevara“, hieß es im „Spiegel“ über den Auftritt des damaligen Wunderstürmers.

1990, wieder Weltmeister; dieser Erfolg galt als das i-Tüpfelchen der Wiedervereinigung. 2006 reichte es nicht ganz zum Titel, wohl aber zu einem friedlich patriotischen Sommermärchen. Irgendwie schien dieses Land sich 2006 mit sich selbst versöhnt zu haben. Die Sieger von 2014 taugten auch wieder zum Sinnbild, ein multikulturelles Team, mit Boateng, mit Özil und dem in Polen geborenen Klose. Nun also der Absturz.

Wir haben jetzt eine Kanzlerin und einen Bundestrainer, die auf der Kippe stehen, beide waren lange im Amt, beide wirken ausgebrannt. Die Spaltung der deutschen Gesellschaft und die schlechte Gesamtstimmung haben sich im Team abgebildet, Schuldzuweisungen an Einzelne sind aber unangebracht.

Das ganze Team wirkte uninspiriert, die Taktik des Trainers war durchsichtig, die Aufstellung mutlos, die Spielfreude wie weggeblasen und in den Zweikämpfen sahen sie aus, als ob sie auf eine gesamteuropäische Lösung des Problems warten oder die Unterstützung von Frankreich.

Man kann heutzutage ein Tor nicht wirklich schützen, die Rechtslage im Strafraum war auf Seiten von Schweden und Südkorea. Einige der deutschen Spieler, die versuchten, die Mittellinie zu überschreiten, waren mit falschen Pässen ausgestattet, die den Mitspieler nicht fanden. Aber was den Export angeht, sind wir immer noch Weltmeister, leider auch beim Export von Punkten an die WM-Konkurrenz.

Aber diese Gleichsetzung von Politik und Fußball ist Quatsch. Fußball ist Fußball. Beim Fußball sollte man fair sein, aber auch entschlossen, man darf ruhig gewinnen wollen, man sollte Spieler, denen nichts mehr einfällt, auch mal austauschen, hin und wieder ist eine Notbremse unumgänglich. Falls der Trainer sein System nicht umstellt und seine Leute nicht mehr motivieren kann, ist seine Zeit vorbei, das ist Fußball, alles andere wäre Politik.

Zur Startseite