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Petro Poroschenko im Wahlkampf. Das Bild veröffentlichte sein eigener Presseservice.
© AFP

Ukraine: Die gestörte Wahl

Am Sonntag wählen die Ukrainer einen neuen Präsidenten. Im Osten des Landes versuchen militante Separatisten schon jetzt, die Abstimmung zu beeinflussen.

Vor der Präsidentenwahl in der Ukraine am Sonntag ist schon jetzt klar, dass in den Regionen Luhansk und Donezk nicht alle Bürger an der Abstimmung teilnehmen können. Darauf wies die zentrale Wahlkommission schon in dieser Woche hin. Doch trotz der unruhigen Lage im Osten wollen 82 Prozent der etwa 36 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben. Eine Befragung der größten ukrainischen Tageszeitung „Segodna“ machte deutlich, dass es für die meisten Ukrainer um die Beendigung der Konflikte innerhalb des Landes und mit Russland geht sowie um die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation.

Verunsicherte Bürger

Anders als in der West- und Zentralukraine ist die Bevölkerung in Luhansk und Donezk verunsichert. In vielen Wahlbezirken habe es keinerlei Wahlvorbereitungen gegeben. In Luhansk seien nur 26 Prozent der Wahllisten vorhanden, in Donezk 16, hieß es. Die meisten Wahllisten und Unterlagen sind von Separatisten geplündert worden. Täglich laufen Meldungen im Fernsehen, wonach Wahlhelfer massiv von Gruppen der Separatisten bedroht werden. Die meisten Wahlhelfer sind Frauen, Lehrerinnen oder Kita-Angestellte. Sie erledigen nicht nur die Aufgaben am Wahltag im Wahllokal, sondern sind auch für die Vorbereitungen und die Auszählungen verantwortlich.

Poroschenko vor Timoschenko

Um das höchste Staatsamt bewerben sich 18 Kandidaten. In Umfragen liegt der Oligarch Petro Poroschenko mit 36 bis 48 Prozent weit vorne, dahinter folgen die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko (sechs bis 17 Prozent) und der ehemalige Wirtschaftsminister Sergej Tigipko (vier bis acht Prozent). Auffallend ist die Schwäche der bisherigen Regierungspartei von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch, der Kandidat Michail Dobkin, liegt bei knapp fünf Prozent.

Wunsch nach Veränderung

Als Grund für Poroschenkos hohe Umfragewerte geben die Meinungsforscher den Wunsch vieler Ukrainer nach Veränderung an. Auch wenn Poroschenko kein Politikneuling ist und in den vergangenen 15 Jahren, Außen- und Wirtschaftsminister sowie Chef der Nationalbank und des Sicherheitsrates gewesen ist, „sehen die Menschen in ihm das kleinere Übel“, schreibt die kritische, liberale Internetzeitung „Ukrainiska Prawda“.

Ob und in welcher Höhe die Menschen in den Problemregionen Luhansk und Donezk von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, ist schwer vorhersehbar. Der Donezker Soziologe Stanislaw Fedortschuk befürchtet, dass es zu Störungen der Wahlen kommen wird. Den Kandidaten Michail Dobkin hält er für zu schwach, zudem hat sich der kommunistische Wettbewerber Petro Simonenko zurückgezogen. „Alle Szenarien sind möglich: das Verbrennen von Stimmzetteln, die Bedrohung der Wahlhelfer – oder sie drehen in der Nachbarschaft einfach den Strom ab“, sagt Fedortschuk.

2800 Wahlbeobachter der OSZE

Damit das verhindert wird, haben die OSZE und andere internationale sowie ukrainische Institutionen rund 2800 Wahlbeobachter registrieren lassen. Das ukrainische Innenministerium wird nach eigenen Angaben 75 000 Beschäftigte, darunter 55 700 Polizisten einsetzen, um die Wahlen zu schützen. Die Ukrainer werden am Sonntag von 8.00 bis 20.00 Uhr (7.00 bis 19.00 Uhr deutscher Zeit) ihre Stimme abgeben können. Offizielle Ergebnisse werden nicht vor Montag erwartet. Bereits wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale werden jedoch die Ergebnisse von Wahlnachbefragungen veröffentlicht.

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