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Gesundheitsminister Jens Spahn bürdet der GKV immer neue Lasten auf.
© Tobias Schwarz/AFP

Schlecht bei Kasse: Die Gesetzlichen Krankenversicherer kritisieren Jens Spahn

Die Reformen der Groko im Gesundheitssystem schaffen neuen Milliardenlasten. Beitragssenkungen lassen das Geld der GKV knapper werden.

Die gesetzlichen Krankenversicherer haben die große Koalition davor gewarnt, sie mit immer neuen Ausgabeposten zu überlasten. Zwar sei die Finanzlage der Kassen „noch erfreulich stabil“, sagte die Vorstandschefin des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, am Montag im brandenburgischen Kremmen.

Doch angesichts nach unten korrigierter Konjunkturprognosen wäre nun bei teuren Reformvorhaben mal „Zurückhaltung geboten“. Stattdessen herrsche bei den Politikern diesbezüglich weiterhin „große Kreativität“. Die Funktionärin rechnete vor, dass allein zwei jüngst in Kraft getretene Gesetze schon im ersten Jahr 3,2 Milliarden Euro an Beitragsgeldern verschlängen.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz schlage 2019 mit 2,2 Milliarden Euro zu Buche, das Gesetz für schnellere Arzttermine und bessere Versorgung mit einer Milliarde Euro. 2020 sei dadurch schon mit 5,2 Milliarden an Zusatzkosten, 2022 gar mit 6,7 Milliarden Euro zu rechnen. Und die Mehrausgaben durch zahlreiche weitere, bereits in Gang gesetzte Vorhaben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seien noch nicht prognostizierbar.

Tatsächlich sind die Kassen nach den Rekordüberschüssen der vergangenen Jahre zum Jahresbeginn erstmals wieder in die roten Zahlen gerutscht. Fürs erste Quartal verbuchten sie im Rechnungsergebnis ein Minus von 102 Millionen Euro. Nachdem die Ausgaben in den Wintermonaten höher sind und die Zusatzeinnahmen durch Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch ausstehen, hat das aufs gesamte Jahr besehen zwar noch wenig Aussagekraft.

Rat der Kassen im Ministerium kaum noch gefragt

Doch im Vergleichszeitraum des Vorjahres kamen die Kassen noch auf ein Plus von mehr als 400 Millionen. Insgesamt beliefen sich die Überschüsse von Kassen und Gesundheitsfonds im vergangenen Jahr auf mehr als 2,6 Milliarden Euro.

Die Reserven sind nur geringfügig, um hundert Millionen auf 20,9 Miliarden Euro, gesunken – was in etwa einer Monatsausgabe entspricht. Dass das Geld bei den Kassen knapper wird, hängt auch mit Beitragssenkungen zusammen. Insgesamt profitierten 29,2 Millionen Versicherte von niedrigeren Zusatzbeiträgen, rechnete Pfeiffer vor. Gleichzeitig fehlten bis zu 800 Millionen Euro durch die Senkung der Mindestbeiträge für Selbständige.

Heftige Kritik übte die Verbandschefin daran, dass die gesetzlichen Krankenkassen zwar die Kosten für die Digitalisierung des Systems komplett allein zu stemmen hätten. Inhaltlich würden sie aber seit der Übernahme der Anteilsmehrheit bei der Betreibergesellschaft Gematik durch das Gesundheitsministerium kaum noch gefragt.

Der eigenmächtige Vorstoß von Spahn etwa, die Führung der Gematik auszutauschen, sei „nicht zwingend ein Beispiel für gute Zusammenarbeit“, sagte Pfeiffer. Wie das Gesundheitsministerium am Montag bestätigte, soll dort der ehemalige Ratiopharm-Chef Markus Leyck Dieken ab Juli die Zuständigkeit für die Vernetzung des Gesundheitswesens übernehmen. Spahn habe sich bewusst gegen Kandidaten aus dem Umfeld der Gematik entschieden, weil sich so eher neue Ansätze in Unternehmens- und Führungskultur ergäben, hieß es.

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