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Die Kanzlerin zu Besuch in Hohenschönhausen.
© REUTERS/Wolfgang Kumm

Merkel in Stasi-Gedenkstätte: Die Gegenwart ist Geschichte

Die Kanzlerin besucht das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen und spricht über Linksextremismus.

Auf den ersten Blick nur ein Termin für schöne Bilder: das grüne Sakko der Bundeskanzlerin vor den grauen Betonwänden des ehemaligen Stasi-Gefängnisses in Berlin-Hohenschönhausen. Heute eine Gedenkstätte, aber noch lange kein Thema für die Vergangenheit: Zum Beispiel wohne der ehemalige Gefängnischef noch auf der anderen Straßenseite, erzählt Hubertus Knabe, der heutige Leiter der Gedenkstätte. Zellen und Vernehmungsräume sind fast unverändert erhalten. Es ist offiziell kein Wahlkampftermin für Angela Merkel (CDU) – und doch ihr erster öffentlicher Auftritt nach ihrem Urlaub. Inszeniert kurz vor dem 56. Jahrestag des Mauerbaus am Sonntag. Die ehemalige DDR-Bürgerin Merkel will das kollektive Erinnern beschwören und Nähe zu den Bundesbürgern aus dem Osten herstellen. Der Bund und das Land Berlin wollen 8,8 Millionen Euro bereitstellen, um die Gedenkstätte „denkmalgerecht“ zu sanieren.

Zusammen mit Monika Grütters (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, und Gedenkstättenleiter Knabe traf sie bei einem Rundgang am Freitag den ehemaligen Häftling Arno Drefke, mit dem sie einen Kranz am Gedenkstein für die „Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft“ niederlegte. „Wir können nur die Zukunft gestalten, wenn wir uns der Vergangenheit annehmen“, sagte Merkel. „Es scheint lange her, aber es mahnt uns auch heute noch, kraftvoll für Demokratie und Freiheit einzutreten.“ Am Rundgang teilnehmen durfte auch Martin Pätzold (CDU), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Lichtenberg, der auf seine Wiederwahl hofft. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), kam nur kurz vorbei, um die Kanzlerin zu begrüßen. Lederer ist auch für die Aufsicht über die Gedenkstätten-Stiftung zuständig.

Knabe und Lederer waren in der Holm-Affäre aneinandergeraten

Mit Knabe war der Linken-Politiker zuletzt aneinandergeraten, da Knabe die Stasi-Akte des dadurch entlassenen ehemaligen Baustaatssekretärs Andrej Holm (Linke) herausgegeben hatte. Knabe ist kein Freund der Linkspartei. Immerhin hat er 2010 ein Buch mit dem programmatischen Titel „Honeckers Erben. Die Wahrheit über Die Linke“ geschrieben. Zuvor hatte es Irritationen gegeben, ob Lederer an dem Rundgang teilnehmen werde. Auf Nachfrage sagte er dem Tagesspiegel, dies sei nie seine Absicht gewesen, und er wisse nicht, wie es zu anderweitigen Annahmen kommen konnte. Als Kultursenator gehöre es für ihn zum guten Ton, die Kanzlerin vor Ort zu begrüßen, und natürlich freue man sich über das Geld für die Investitionen. Weiter wollte er den Besuch von Merkel nicht kommentieren.

Knabe hingegen betonte unermüdlich, wie zufrieden er sei, dass die Kanzlerin seine Einladung angenommen habe. Frau Merkel habe nicht gewusst, dass seine Gedenkstätte die einzige sei, die nicht nur einen Blick in die Vergangenheit werfe, sondern auch über „Linksextremismus heute“ informiere, sagte er. Daher habe die Kanzlerin auch hier ein klares Zeichen gesetzt. Denn die „linksextremistische Politik“ von früher würde sich derzeit wiederholen. Er habe Merkel gebeten, mehr gegen Linksextremismus zu unternehmen und das auch in den nächsten Koalitionsvertrag aufzunehmen. Merkel habe ihm darin zugestimmt. Sie habe gesagt, das Thema sei durch die Krawalle beim G20-Gipfel ins Bewusstsein gerückt.

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