Blechen für den Klimaschutz: Die fünf wichtigsten Fragen zur CO2-Steuer
Deutschland erreicht seine Klimaziele nicht. Daher wird über eine Abgabe für das Treibhausgas CO2 gestritten.
Mit „Fridays for Future“ und der Dürre 2018 ist der Druck gewachsen, endlich Erfolge beim Klimaschutz zu liefern. Was tun? In Berlin wird über die Einführung einer CO2-Steuer diskutiert, in fast allen Parteien.
1. Was ist eine CO2-Steuer?
Damit würde auf Energieverbrauch, zum Beispiel Benzin und Strom, eine Steuer oder Abgabe erhoben, die sich nach der Höhe der Treibhausgasemissionen richtet, die durch den Verbrauch entstehen. Eigentlich geht es um eine Reform, denn schon jetzt sind Energieträger mit Steuern belegt.
Die sind aber uneinheitlich: Obwohl gleich viel CO2 bei der Verbrennung entsteht, kostet ein Liter Diesel viel mehr als ein Liter Heizöl. Strom ist besonders teuer. Meist ist gemeint, die Preise auf der einen Seite zu vereinheitlichen und auf der anderen Seite pro CO2-Menge anzuheben.
2. Warum ist sie gerade im Gespräch?
Deutschland wird sein EU-Klimaziel für 2020 in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft und Wärme so gut wie sicher verfehlen. Da deshalb Verschmutzungsrechte aus dem Ausland zugekauft werden müssen, hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schon 300 Millionen Euro im Haushalt zur Seite gelegt. Das ist auch als Warnung an die Kabinettskollegen zu verstehen: Tut endlich was.
Vor diesem Hintergrund steht die Bundesregierung unter enormen Handlungsdruck, Klimaschutz vor allem im Verkehr- und Gebäudebereich umzusetzen. Denn hier ist in den vergangenen Jahren nicht viel passiert. Im jüngst eingerichteten „Klimakabinett“ wollen die Minister nun besprechen, ob CO2-Bepreisung als Klimaschutzmaßnahme infrage kommt und ob diese vielleicht sogar die Klima-Sektorziele ersetzen kann.
Bislang hat jeder Sektor, also zum Beispiel der Verkehr und die Stromerzeugung, ein eigenes Klimaziel. Die Gegner dieses Ansatzes argumentieren, dass das nicht kosteneffizient sei. Es sollten doch besser dort Emissionen reduziert werden, wo es am günstigsten ist und CO2-arme Technologien bereits vorhanden seien.
3. Welche Konzepte liegen dafür vor?
Es gibt verschiedene Modelle, um den CO2-Ausstoß teurer zu machen. Der Verein CO2-Abgabe schlägt die Einführung einer nationalen CO2-Steuer vor, die Einstiegshöhe läge bei 40 Euro pro Tonne. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will sich noch nicht auf einen Preis festlegen, verweist aber auf den Vorschlag des Chef der Wirtschaftsweisen Christoph M. Schmidt, der als Einstiegspreis 20 Euro nennt. Gleichzeitig würden alle weiteren Steuern und Umlagen im Energiebereich entfallen. So würden Verbraucher oder mittelständische Unternehmen, die etwa die Erneuerbare-Energien-Umlage zahlen, entlastet. Im Modell des Vereins ist auch berücksichtigt, die Steuer sozial fair auszugestalten.
Der Wirtschaftsweise Christoph M. Schmidt hält von der Einführung einer nationalen Steuer nichts. Damit würden sich Emissionen nur ins Ausland verschieben. Er plädiert für die Ausweitung des bereits bestehenden Emissionshandels auf den Verkehrssektor, Privathaushalte und bisher ausgenommene Industrien. Schmidt ist es aber wichtig, dass die Ausweitung in einer Art europäische Staatenallianz geschieht.
Auch die FDP will den Emissionshandel auf den Verkehr- und Wärmesektor ausweiten, will dabei aber nicht erst auf Europa warten. „Wir können das in Deutschland sofort ausweiten“, sagte Lukas Köhler, klimapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Etwa könnten für den Verkehrsbereich Raffinerien in den Emissionshandel aufgenommen werden.
4. Wie wären die Auswirkungen auf die Bürger?
Klar ist, dass eine CO2-intensive Lebensweise teurer würde. Das muss auch so sein, sonst hätte sie nicht den gewünschten Effekt, Konsumverhalten in eine klimaschonendere Richtung zu lenken. Beim Urlaubsflug oder der Autofahrt ins Grüne mag das verschmerzbar sein. Und reihum herrscht Einigkeit, dass die CO2-Steuer „aufkommensneutral“ sein muss. Die Bürger sollen das Geld in der einen oder anderen Form zurückbekommen.
Zum Schreckbild der Debatte ist aber der einkommensschwache Auto-Pendler im unsanierten Haus geworden, der nicht das Geld hat, in eine saubere Heizung und ein Elektroauto zu investieren. Die Angst vor einer Protestbewegung wie den Gelbwesten in Frankreich geht um. Es muss also noch zusätzliche Unterstützung geben. Wie genau, das wird derzeit diskutiert, Studien, unter anderem vom Bundeskanzleramt, sollen Antworten liefern.
5. Welche Erfahrungen gibt es in anderen Ländern?
Im Gegensatz zu Frankreich, wo eine Spritsteuererhöhung eine Protestweille auslöste, zeigt das Beispiel Schweden, dass eine CO2-Steuer auf Akzeptanz stoßen kann. Mit derzeit umgerechnet 115 Euro pro Tonne CO2 liegen die Verschmutzungskosten im internationalen Vergleich dort am höchsten.
Interessant ist, dass bei Einführung der CO2-Steuer 1991 in Schweden diese darauf abzielte, die Nutzung fossiler Energien vor allem für die Bürger zu verteuern. Ein Aufschrei der schwedischen Bevölkerung blieb aber aus. „Es lag daran, dass gleichzeitig eine ganze Reihe unpopulärer Steuern abgeschafft wurde“, erklärt Thomas Sterner, Professor für Umweltwirtschaft an der Universität Göteborg. Auch in der Schweiz gibt es seit 2008 eine sogenannte „Lenkungsabgabe“, die wie eine CO2-Steuer funktioniert. Die Regierung zahlt die Einnahmen über die Krankenversicherung an die Bürger zurück.
6. Wie realistisch ist es, dass die Steuer kommt?
Über seinen Staatssekretär Andreas Feicht ließ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Winter ausrichten, dass es mit einer CO2-Bepreisung in dieser Legislaturperiode nichts mehr werde. Der Wind hat gedreht: Das Klimakabinett will nun konkret alle Möglichkeiten prüfen. „Wir werden die Steuerbelastung der Bürger nicht erhöhen“ steht zwar klar im schwarz-roten Koalitionsvertrag, und darauf berufen sich vor allem in der Union die Gegner der Reform.
Doch Belastungen durch einen CO2-Preis lassen sich, wie beschrieben, ausgleichen. Ob das reicht ist eine Interpretationssache. Zum Knackpunkt kann auch bei Zustimmung dann die hochkomplexe Ausgestaltung werden, die viele Interessen berührt. Und wenn die Ausweitung des Emissionshandels eingeführt werden soll, braucht es EU-Unterstützung, das kann mit Blick vor allem auf die osteuropäischen Staaten schwierig werden. Der Weg ist also weit.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels stand, dass Umweltministerin Svenja Schulze einen Preis von 20 Euro pro Tonne CO2 fordert. Das ist nicht der Fall. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.