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Donald Trump.
© Joe Raedle/Getty Images/AFP

Mueller-Report zu Trump: Die Frage des Impeachments schwelt weiter

Die Veröffentlichung des Berichts bringt keine Überraschungen im Blick auf Trumps Verhalten. Der Kampf um den "Spin" aber geht weiter. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

"Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nichts", lautet ein Spontispruch aus Zeiten des antiautoritären Aufbegehrens. Das Schicksal des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller über Donald Trumps potenzielle Rechtsbrüche bestätigt diese ironische Behauptung auf gewisse Weise. Seit Donnerstag, 17 Uhr (MEZ) liegt das Dokument vor. Große Recherche-Teams amerikanischer Medien durchforsten die rund 400 Seiten auf neue Erkenntnisse hin. Schließlich soll der Bericht die Basis für die Entscheidung legen, ob dieser Präsident im Amt bleiben kann.

Sie finden auch manch interessantes Detail. Zum Beispiel soll Trump verzweifelt gewesen sein, als er von der Ernennung des Sonderermittlers erfuhr: "Das ist das Ende meiner Präsidentschaft." Doch Gründe, das bisherige Bild von den Vorwürfen gegen Trump zu korrigieren, fördert diese akribische Arbeit nicht zu Tage. Die wichtigsten Schlüsse lauten: Es gab Kontakte zwischen dem Wahlkampf-Team Trumps und russischen Abgesandten, aber keine Belege für Absprachen, um den Ausgang der US-Wahl 2016 zu beeinflussen.

Der Präsident hat mehrfach versucht, die Untersuchungen, die Licht in das Dunkel bringen sollten, zu behindern oder gar zu unterbinden. Er hat FBI-Chef James Comey gefeuert; er gab die Anweisung, Sonderermittler Mueller zu feuern, zog sie aber wieder zurück; und vieles mehr. Aber aus Sicht Muellers reichten die Belege nicht, um eine strafrechtliche Verfolgung Trumps zu empfehlen.

Kein Freispruch vom Vorwurf der Justizbehinderung

Zum Vorwurf der Justizbehinderung schreibt Mueller, er sei "auf Basis der Fakten der juristischen Vorgaben nicht in der Lage, zu dieser Bewertung zu kommen". Er unterstreicht zugleich, dass er keinen Grund sieht, Trump vom Vorwurf der Justizbehinderung frei zu sprechen. "Wenn wir nach gründlicher Untersuchung der Fakten überzeugt wären, dass der Präsident die Justiz nicht behindert hat, würden wir das festhalten."

Was gegen den Präsidenten vorliegt - und was nicht -, weiß die redselige Republik schon lange. Die USA haben hervorragende investigative Journalisten mit engen Kontakten in die Regierung, zu Muellers Team und zu Menschen, die einiges wissen, weil sie früher mit Trump verbandelt waren, nun aber plaudern, weil sie sich mit ihm überworfen haben.

Zeitungen und Rundfunksender, ganz voran die "New York Times" und die "Washington Post", sind den Verdächtigungen und Vorwürfen seit gut zwei Jahren konsequent nachgegangen - teils vor, teils parallel zur offiziellen Untersuchung. Das ist der Grund, warum der Bericht wenig Neues zu Tage fördert. Wohl dem Land, das solche Medien hat. In modernen westlichen Demokratien mit ihrer weitgehenden Transparenz lassen sich schwere Rechtsbrüche der Regierung und Verwaltung nicht lange geheim halten.

Es geht nicht um Fakten, sondern um den "Spin"

Die Gefahr für eine redliche Information und Meinungsbildung der Bürger droht von anderer Seite: der Verfälschung der Fakten durch Leugnen oder einseitige Interpretation aus parteipolitischen oder machtpolitischen Interessen. In diesem Kampf geht es nicht mehr ausschließlich und in manchen Phasen nicht einmal mehr in erster Linie um die Tatsachen. Sondern um den "Spin", um die Interpretation der Lage.

Auch das führen die USA jetzt geradezu idealtypisch vor. 90 Minuten bevor Justizminister Barr den Mueller-Bericht der Öffentlichkeit überließ, gab er eine Pressekonferenz, in der er versuchte, die Interpretation vorzugeben - höchst einseitig, als Stimme seines Herrn. Trump sei vom Vorwurf der Kooperation mit Moskau zur Manipulation des Wahlausgangs freigesprochen worden. Auch vom Vorwurf der Justizbehinderung sei nichts geblieben.

Die Demokraten betreiben das umgekehrte Spiel. Sie konzentrieren sich auf Muellers zweischneidige Bewertung, inwieweit Trump die Justiz behindert habe, und tun so, als sei der Nicht-Freispruch gleichbedeutend mit einem verkappten Schuldspruch. Daraus leiten einige bereits den Auftrag ab, nun ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Sie fühlen sich bestärkt durch eine weitere mutige Festlegung Muellers. Er hat die Verteidigungslinie des Weißen Hauses zurückgewiesen, dass der Präsident schon aus Prinzip keine Behinderung der Justiz begehen könne, weil er ja der Chef der Regierung und damit auch des Justizministeriums sei.

Vom "Fact Finding" zur Amtsenthebung?

So verschiebt sich nun die Debatte um Wahlbeeinflussung und Justizbehinderung von der "Fact Finding"-Mission Muellers zurück in die Politik und ganz voran in den Kongress. Sollen die Demokraten anderthalb Jahre vor der Präsidentschaftswahl 2020 ein Impeachment gegen Trump einleiten? Das ist höchst riskant. Die Stimmen, um das Verfahren zu beginnen, haben sie. Das geht mit der absoluten Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die Aussicht auf eine Verurteilung des Präsidenten haben sie hingegen nicht. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich.

Ein Großteil der Bürger würde ein Impeachment als "Overreach" bewerten. Die Wähler interessieren sich weit mehr für die "Brot und Butter"-Themen ihres Alltags als für die Russland-Untersuchung. Mit Vorschlägen zur Rettung des Wirtschaftswachstums, zur Krankenversicherung, zum Arbeitsmarkt und den Bildungskosten können die Demokraten die Wahl gewinnen; mit einem scheiternden Impeachment riskieren sie, die Wahl zu verlieren.

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