Geplanter USA-Nordkorea-Gipfel: Die Euphorie weicht der Skepsis
Politiker und Außenpolitikexperten glauben bei einem Treffen in Brüssel nicht an einen Erfolg des geplanten USA-Nordkorea-Gipfels im Mai.
Die anfängliche Euphorie über ein für Mai geplantes Gipfeltreffen zwischen Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump ist am Sonnabend in Skepsis umgeschlagen. Auf die Ankündigung südkoreanischer Vermittler am Donnerstag, dass Kim bereit sei, mit Trump direkt über ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms zu reden und bis zu ihrem Treffen weitere Atom- und Raketentests unterlassen werde, hatten die Börsen positiv reagiert. Nun schreibt die „New York Times“ unter Berufung auf Trumps Mitarbeiter, die Vorbereitung des Gipfels sei so kompliziert und die Erfolgsaussicht so ungewiss, dass manche im Weißen Haus glaubten, dass er nicht stattfinden werde.
Beim Brussels Forum des German Marshall Fund – ein hochrangiges jährliches Treffen von Politikern und Außenpolitikexperten ähnlich der Münchener Sicherheitskonferenz – äußerte sich die Mehrheit der Teilnehmer am Sonnabend pessimistisch. In einer Umfrage sagten zwei Drittel, der diplomatische Vorstoß werde ergebnislos verlaufen; am Ende werde sich die Region in der gleichen gespannten Lage wiederfinden wie zuvor. Rund ein Fünftel hofft auf eine Lösung. Jeder Zehnte befürchtet, durch einen Misserfolg werde die Kriegsgefahr noch wachsen.
Als Gründe für die Skepsis nennen die Fachleute zum einen, dass es Kim nur um einen Prestigegewinn gehe, er aber keine Zugeständnisse machen wolle; frühere diplomatische Versuche seit 1994 hätten auch keinen Erfolg gehabt. Nordkorea habe seine Zusagen am Ende stets gebrochen. Zum anderen verweisen die Experten auf Trumps Sprunghaftigkeit und die Art des Zustandekommens der Gipfelankündigung. Sie lasse keine systematische Vorbereitung erkennen. US-Außenminister Tillerson war nicht informiert über die Absicht.
Die einzige Quelle für Kims Bereitschaft zu ernsthaften Verhandlungen ist bisher die Ankündigung südkoreanischer Vermittler, die erst in Nordkorea waren und am Donnerstag nach Washington reisten, um auf dem Gelände des Weißen Hauses Kims Einladung an Trump zu einem Gipfel öffentlich zu machen. Trump reagierte positiv. Er sei bereit, Kim zu treffen. Über direkte Kontakte zwischen dem Weißem Haus und der nordkoreanischen Führung, die dem Ziel dienen, Ort und Rahmenbedingungen des Gipfels sowie die Gesprächsthemen vorzubereiten, ist bisher nichts bekannt. Südkoreas Präsident Moon, der eine Entspannungspolitik mit dem Norden gegen alle Widerstände und Rückschläge verfolgt, will sich demnächst persönlich mit Kim treffen. Dies scheint der Hauptkanal für die Vorbereitung des Trump-Kim-Treffens zu sein.
Trumps doppelgleisiger Umgang mit Südkorea irritiert
Japans Sonderbotschafter Masaharu Kohno sagte beim Brussels Forum, die Erfahrungen mit Nordkorea hätten ihn „vorsichtig und tendenziell pessimistisch“ gemacht. Er nannte drei Optionen, warum Kim plötzlich Verhandlungen anbiete: Erstens wolle er Zeit gewinnen. Zweitens einen Keil zwischen die USA und deren Verbündete Südkorea und Japan treiben. Drittens zeige sich, dass der Druck durch die verschärften Sanktionen wirke. Nordkorea werde deren Aufhebung verlangen.
Wendy Sherman, die die Atomgespräche mit dem Iran und Nordkorea in Präsident Obamas Amtszeit geführt hatte, sagte, die diplomatische Bemühung sei generell zu begrüßen, weil „jede militärische Entwicklung katastrophal“ wäre angesichts der Fähigkeit des Nordens, den Großraum Seoul mit seinen 15 Millionen Einwohnern mit Kurzstreckenraketen zu zerstören. Doch die Ausgangslage sei kompliziert. China, das den größten Einfluss auf Nordkorea ausüben könne, verfolge widersprüchliche Interessen. Deshalb müsse „ein US-Präsident, der in einen solchen Gipfel geht, extrem gut vorbereitet sein. Ich fürchte, das ist heute nicht der Fall.“
Irritationen löst Trumps doppelgleisiger Umgang mit Südkorea aus. In einem Moment, in dem er Seoul dankbar sein müsste für die Vermittlung des Gipfels und Einigkeit demonstrieren sollte, verhängt er Strafzölle gegen Südkorea. Bis heute hat er keinen Botschafter nach Seoul entsandt. Viele frühere Korea-Experten haben die US-Regierung verlassen und sind nicht ersetzt worden. Sokeel Park, der in Südkorea eine Hilfsorganisation für Flüchtlinge aus dem Norden leitet, sagte in Brüssel, im besten Fall gebe es eine „Good Cop, Bad Cop“-Arbeitsteilung zwischen Südkorea und den USA. De facto bildeten derzeit südkoreanische Diplomaten „Trumps Verhandlungsteam mit Nordkorea“.
Kori Schake, eine Außenpolitikexpertin der Republikaner, die gerade an das International Institute for Strategic Studies in London gewechselt ist, warb um etwas Optimismus. Auch wenn Trump „erratisch vorgeht und kein gutes Urteilsvermögen“ zeige, solle man die Aussicht auf den Gipfel als Chance und nicht nur als Risiko begreifen. Der beste denkbare Ausgang sei, dass Nordkorea eine internationale Aufwertung erreiche und China die Strategie Südkoreas unterstütze, die koreanische Halbinsel atomwaffenfrei zu machen. Der Südkoreaner Park betonte, Nordkorea sei zwar das geschlossenste Land der Erde. Aber die Öffnung der Gesellschaft durch neue Kommunikationstechniken habe begonnen und lasse sich nicht zurückdrehen.