Kritik an Maischberger-Sendung: Die allzu weiße Gästeliste
Fernsehdebatten über Rassismus ohne Menschen, die davon betroffen sind: Das wird gerade heftig kritisiert. Vor allem die Sendung „Maischberger. Die Woche“ steht im Fokus.
Eine Maischberger-Sendung zum Thema Rassismus und Polizeigewalt – ohne Betroffene: Dafür steht die Redaktion seit Dienstag in der Kritik.
Das Erste hatte die Gästeliste der Sendung bei Twitter so angekündigt: Mit Heiko Maas werde man „über die Lage in den USA nach dem Tod von #GeorgeFloyd“ sprechen.
Außerdem seien Börsenexpertin Anja Kohl, der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens, Kolumnist Jan Fleischhauer und die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff zu Gast. Keine schwarze Deutsche, keine Person of Color (PoC), also eine andere nicht-weiße Person, die aus eigener Erfahrung berichten könnte.
Bei Twitter regte sich schnell Kritik, vor allem von Menschen aus Medien und Politik – schwarze, weiße, PoC. Wieso diese Gästeauswahl?
In den vergangenen Tagen war hier schon viel zum Umgang mit den Unruhen in den USA diskutiert worden. Kritik gab es vor allem an Positionen, die rassistische Polizeigewalt als ein rein US-Problem darstellen. Menschen, die in Deutschland von Rassismus betroffen sind, betonten, wie wichtig es sei, ihnen auch hier zuzuhören und das Problem als solches anzuerkennen.
Wie zur Bestätigung, dass das in Deutschland nicht gerade Normalität ist: Auch bei der Lanz am Dienstag standen keine Schwarzen auf der Gästeliste. Und nun die Maischberger-Ankündigung.
Die Grünenpolitikerin Aminata Touré aus Schleswig-Holstein reagierte darauf schlicht mit der Feststellung, sie kenne tatsächlich schwarze Expert*innen, die man einladen könnte.
Der Journalist Malcolm Ohanwe, der in diesen Tagen unter anderem bei der Deutschen Welle zum Thema rassistische Polizeigewalt in Deutschland gesprochen hat, brachte es direkter auf den Punkt: „Diese Besetzung schießt einfach den Vogel ab“, schrieb er.
Tweet der Maischberger-Redaktion sorgt für noch mehr Empörung
Die Reaktionen der Maischberger-Redaktion auf die Kritik trugen dann keineswegs zur Deeskalation bei. Zunächst erklärte sie, es gehe bei der Sendung „Maischberger. Die Woche“ immer um mehrere Themen, nicht ausschließlich also um die rassistische Polizeigewalt. Man werde auch über das Konjunkturpaket, Reisewarnungen und die Suche nach dem Corona-Impfstoff sprechen. Die Argumentation überzeugte jedoch nicht – als ob schwarze Gäste nicht zu diesen anderen Themen hätten sprechen können, so der Tenor.
Am meisten Empörung löste aber ein Tweet der Redaktion aus, in dem es hieß: „Lasst uns doch alle erst mal die Sendung anschauen und anschließend gerne weiterdiskutieren. Machen wir das so?" - mit einem Zwinkersmiley am Ende.
Dies wurde als absolut unpassend empfunden, unter anderem von der Tagesspiegel-Kolumnistin Hatice Akyün. Sie fragte nach, warum die Maischberger-Redaktion die sie kritisierenden Menschen anrede wie ungezogene Kinder:
„Nein, machen wir nicht so“, konterte auch Grünen-Politiker Özcan Mutlu.
Am Mittwoch nun informierte die Redaktion darüber, dass sei bereits seit Sonntag versuche, in den USA eine schwarze Gesprächspartnerin zu finden – nannte den Namen zunächst nicht, was erneut nicht gut ankam, sondern als Alibi-Aktion verspottet wurde. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier kommentierte, es sei besser gar nicht zu twittern, als wie Maischberger zu twittern.
Blogger Nasir Ahmad startete eine Petition bei Change.org, mit der er die Maischberger-Redaktion aufforderte, die Gäste aus und neue einzuladen. Sie war bis zum Nachmittag etwa 20.000 Mal unterschrieben worden.
„Streicht die Gästeliste und macht diesen Fehler wieder gut, in dem ihr jenen eine Stimme gebt, die in euren Talkshow über Rassismus sprechen sollten. Setzt ein Zeichen, zeigt, dass Deutschland ein Land der Vielfalt ist, zeigt, dass für euch schwarze Menschen WIRKLICH zählen“, heißt es darin.
Verständnis dafür äußerte dann ausgerechnet die schwarze Expertin, deren Teilnahme an der Sendung am Mittwoch zunächst namenlos angekündigt worden war und die wohl die Kritiker besänftigen sollte: Die US-Germanistin Priscilla Layne. Ihr Foto ist nun auch in der zuvor so weißen Bilderstrecke zur Vorankündigung zu sehen.
Sie verstehe nun, dass ihre Einladung viel von dem „Bullshit“ zeige, dem schwarze Deutsche ausgesetzt seien, twitterte Layne - etwa den, in wichtigen Diskussionen außen vor gelassen zu werden.
In einer Reihe von Tweets erklärte sie, wie sie zu dieser Einschätzung gelangt ist. Dabei macht sie unter anderem deutlich, dass die ARD sie erst am Dienstag kontaktiert habe - offenbar nach der Kritik.
Einen schwarzen Gast zu haben sei wohl ein "Last-Minute"-Gedanke gewesen, schließt Layne daraus. Und: Man wüsste dort offenbar nichts über schwarze deutsche Aktivisten, Organisationen oder Wissenschaftlerinnen, die man hätte einladen können.
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