CDU-Generalsekretär Peter Tauber: Die AfD ist die Maus, nicht der Elefant
Warum machen wir Demokraten uns so oft so klein? Wir haben die Mittel, die AfD zu entlarven. Wir sollten sie nutzen - mit mehr Mumm. Ein Gastbeitrag.
Wer derzeit von außen auf das politische Deutschland schaut, sieht einen aufgescheuchten Hühnerhaufen: Politiker, Journalisten, Gewerkschafter und Glaubensvertreter ergehen sich in einem orientierungslosen „OhGottOhGottOhGott“.
Was ist passiert? Die AfD ist vor dem Hintergrund der Flüchtlingsdebatte mit 20 Prozent in den Landtag in Mecklenburg-Vorpommern eingezogen. Im März ist sie bereits mit ähnlich starken Ergebnissen in die Parlamente in Baden- Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gekommen. Auch damals herrschten in der öffentlichen Debatte „Ängstlichkeit, pädagogischer Übereifer und ein Hang zu Bevormundung und Intoleranz“, wie es die „FAZ“ richtig beschreibt. Hinzu kam eine teilweise nur schwer erträgliche Wählerbeschimpfung.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die AfD ist eine Gefahr für den Zusammenhalt in unserem Land. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass in Deutschland noch mal eine Partei Erfolg haben könnte, für die Menschlichkeit nichts zählt und die rücksichtslos gegen Ausländer hetzt. Deshalb muss man der AfD entschieden entgegentreten. Wir müssen diesen Hassern und Hetzern sagen: Wir werden euch keinen Millimeter weichen!
Richtig ist leider auch, dass sich eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit den Wählern der AfD zeigt. Wer in den vergangenen Wochen einmal Straßenwahlkampf gemacht hat, hat erlebt, wie schwierig mitunter der Dialog ist. Das weiß ich aus eigener Erfahrung in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Berlin. Es gibt viele Bürger, die haben einfach große Sorgen und Ängste. Sie wollen gehört werden – und sie sind offen für Erklärungen. Manch einer ist aber für Argumente und Fakten nicht mehr zugänglich. Vom „Ende der Ära der Fakten“ ist im Feuilleton bereits die Rede.
In dieser schwierigen Situation braucht es weniger Aktionismus, weniger Alarmismus, sondern in erster Linie Ruhe und ein bisschen mehr Mumm! Die AfD ist nicht dabei, morgen die absolute Mehrheit in Deutschland zu erringen. Sie ist bundesweit eine 10- bis 15-Prozent-Partei. Das bedeutet, 85 bis 90 Prozent der Deutschen stehen nicht hinter der AfD. Sie ist nicht der Elefant, sondern die Maus. Wir sind eine der stabilsten und funktionsfähigsten Demokratien der Welt. Seit über 70 Jahren sind wir in der Lage, die größten Krisen zu meistern, weil wir einen funktionierenden politischen Prozess haben; mit starken Parlamenten und einem verlässlichen Rechtsstaat – auch wenn die AfD das Gegenteil behauptet.
Wir haben die Kraft für verantwortungsvolles Handeln
Ich frage mich, warum wir Demokraten uns so oft so klein machen?! Wir haben die Kraft für verantwortungsvolles Handeln, für einen umsichtigen Dialog, für eine differenzierte Auseinandersetzung. Wie das gehen kann, zeigte kürzlich das Satiremagazin „quer“ vom BR: Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hatte der Bundeskanzlerin vorgeworfen, sie ruiniere unser Land, „wie es seit ’45 keiner mehr getan hat“. Die Antwort der „quer“-Redaktion: „Haushaltsdebatte 2016 im Bundestag: Die Zahl der Erwerbstätigen hat einen neuen Rekord erreicht. Deutschland muss bis 2020 keine neuen Schulden machen. Ach ja, und: Deutschland wird wieder Exportweltmeister. Klingt, als hätte uns Merkel tatsächlich ruiniert.“
Besser kann man die verlogene AfD-Propaganda nicht entlarven. Wir haben alle Mittel, um das zu tun, was es jetzt braucht: hinhören – erklären – handeln! Also: mehr Mumm.
Der Autor ist Generalsekretär der CDU.
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Peter Tauber