Bundespräsidentenwahl: Die AfD als Zünglein an der Waage?
Die AfD hat mit Albrecht Glaser einen Präsidentschaftskandidaten ohne Chance. Im dritten Wahlgang aber könnte sie durchaus den Ausschlag geben.
Die AfD war als erste Partei vorgeprescht. Seit Anfang Mai hat sie einen Präsidentschaftskandidaten. Albrecht Glaser heißt er. Dabei gilt der 74-jährige Parteivize, in zweiter Ehe verheiratet und Vater eines zehnjährigen Jungen, nur als zweite Wahl. Lieber hätte die AfD ihren Parteidoyen Alexander Gauland ins Rennen geschickt. Doch der winkte ab, „aus Altersgründen“, obwohl er nur einige Monate älter als Glaser ist.
Denn natürlich ist ein AfD-Kandidat aussichtslos, egal wie er heißt. 35 Wahlleute kann die Partei in die Bundesversammlung schicken. Viel ist das nicht – und doch genug, um am Ende vielleicht Zünglein an der Waage zu sein. Schon früh hatte die Partei erkannt, dass sie die Präsidentenwahl als Werbeplattform nutzen kann. Deshalb auch die schnelle Bekanntgabe des Kandidaten Glaser.
Unumstritten ist der nicht mal in der eigenen Partei. Das hat mit Glasers Vorliebe für juristische Satzungsdebatten zu tun, aber auch mit seiner umstrittenen Vergangenheit als Stadtkämmerer in Frankfurt am Main. Um die Jahrtausendwende war der Jurist für die „Glaser- Fonds“ verantwortlich, sehr riskante Anlagegeschäfte am Stadtparlament vorbei, durch die die Stadt hohe zweistellige Millionenbeträge verlor. Ex-CDU-Mitglied Glaser sagt, der Aktiencrash damals sei eben nicht vorhersehbar gewesen.
Mehr Sympathien für Steinmeier als für Schäuble
Als sicher gilt, dass die AfD in den ersten beiden Wahlgängen ihn wählen wird. Danach aber, in einem möglichen dritten Wahlgang, könnten deren Stimmen sich auf andere Kandidaten verteilen. Jedenfalls geht man in der AfD davon aus, dass die Wahlleute sich nicht geschlossen enthalten werden.
Dass die AfD eher einem konservativen als einem Mitte-Links-Kandidaten ins Amt verhelfen würde, gilt dabei nicht als ausgemacht. Wolfgang Schäuble halten viele AfD-Funktionäre für unwählbar – wegen seiner Rolle bei der Euro-Rettungspolitik. Wobei die Union auch kein Interesse daran haben kann, einen Bundespräsidenten mit Hilfe der Rechtspopulisten durchzusetzen. In der AfD gibt es Sympathien, gegebenenfalls Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu wählen – wegen dessen gemäßigter Russland-Politik. Denn eines darf man nicht vergessen: Die Hälfte der AfD-Delegierten wird von ostdeutschen Fraktionen nominiert – und dort kommt Steinmeiers Haltung besser als im Westen an.
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