zum Hauptinhalt
Lohndumping durch Leiharbeit und Werkverträge beklagen die Gewerkschaften, hier bei einer Demonstration vor dem Mercedes-Werk in Sindelfingen.
© dpa

Leiharbeit und Werkverträge: DGB-Chef: CSU darf Missbrauch nicht ignorieren

DGB-Chef Reiner Hoffmann ärgert sich darüber, dass die CSU die geplanten Regelungen von Leiharbeit und Werkverträgen ablehnt. Ihm geht die Reform nicht weit genug.

Die CSU sagt: Beschränkungen bei Leiharbeit und Werkverträgen passen nicht mehr in unsere Zeit. Haben die Gewerkschaften mit ihren Forderungen den Anschluss an die Moderne verloren?

Überhaupt nicht. Wir finden es gut, dass die CSU unseren Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" teilt. Dann muss die CSU aber auch Spielregeln zulassen , die diesem Grundsatz zur Realität verhelfen. Wir erleben doch tagtäglich, dass Leiharbeit und auch die Werkvertragsarbeit massiv zum Lohndumping missbraucht wird.

Wie viel Flexibilität wollen Sie Betrieben, die mal schnell jemanden zusätzlich beschäftigen müssen, denn gewähren?

Wir erkennen an, dass es Formen der Leiharbeit gibt, die dringend notwendig sind - beispielsweise bei Hochkonjunktur, bei saisonalen Spitzen oder krankheitsbedingten Abwesenheiten. Da brauchen die Unternehmen Flexibilität, um spezifisch reagieren zu können. Aber wenn Leiharbeit missbraucht wird zum Dauerinstrument, mit Verleihdauern von zwei oder drei Jahren. in Größenordnungen von 20 oder 30 Prozent der Belegschaften und mit bis zu 30 Prozent geringerem Lohn, dann hat das mit Flexibilität nichts zu tun. Das ist Lohndrückerei.

Worauf kommt es Ihnen bei den Reformen an? Geht Ihnen der Entwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles denn weit genug?

Natürlich haben die Gewerkschaften weitergehendere Vorstellungen. Beispielsweise wollen wir, dass nicht nur einzelne Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsplatz als solcher in den Blick genommen wird. Wenn es dabei bleibt, dass sich das Gesetz nur auf die Arbeitnehmer bezieht, kann das zu Drehtüreffekten führen. Eine maximale Verleihdauer von 18 Monaten würde nichts nützen, weil die bisherigen Beschäftigten dann einfach entlassen und neue Leiharbeitnehmer eingestellt werden könnten. Das ist ein Beispiel dafür, wo das Gesetz ins Leere greift.

Die vorgesehenen Öffnungsklauseln sind für Sie akzeptabel?

Sie sind nicht nur okay, sondern waren unsere ausdrückliche Forderung. Wir haben ja, wo Arbeitgeber tarifvertragsfähig sind, sinnvolle Regelungen hinbekommen. Die sollen auch weiter gelten.

Die CSU warnt auch davor, mit den geplanten Transparenzvorgaben zur Durchsetzung von Entgeltgleichheit Unfrieden in die Betriebe zu tragen...

Das Gegenteil ist der Fall. Unfrieden gibt es, wenn Männer und Frauen unterschiedlich behandelt werden . Um den Betriebsfrieden zu wahren, ist es zwingend erforderlich, mehr Transparenz für Entgeltgleichheit zu bekommen.

Was halten Sie denn von der Forderung, aus der Union, den Mindestlohn für Flüchtlinge, so wie für Beschäftigte, die lange arbeitslos waren, befristet auszusetzen?

Offenbar haben einige da was nicht mitbekommen. Die großen Arbeitgeberverbände und der DGB haben sich längst darauf verständigt, dass es für Flüchtlinge keine Ausnahmen vom Mindestlohn geben darf. Es darf nicht sein, dass bei der Integration von Menschen, die aus großer Not zu uns kommen, Beschäftigte gegeneinander ausgespielt werden - Langzeitarbeitslose gegen Flüchtlinge oder Flüchtlinge gegen gering Qualifizierte. Es würde zur Spaltung der Gesellschaft führen und den sozialen Zusammenhalt gefährden. Das sollte nicht so schwer zu begreifen sein.

2017 soll der Mindestlohn angepasst werden. Muss man sich das wegen der vielen Flüchtlinge, die einen Zugang zum Arbeitsmarkt suchen, jetzt noch mal überlegen?

Überhaupt nicht. Wir haben ja gerade erlebt, dass der Mindestlohn allen Unkenrufen zum Trotz ein Erfolgsmodell ist. Wir haben dank dieser Vorgabe mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und 200.000 Minijobs weniger. Der Mindestlohn ist eine große Errungenschaft. Und er muss, wie vorgesehen, im nächsten Jahr dann auch weiterentwickelt werden.

Zur Startseite