Ein Kompromiss für Trump: Deutschland zahlt deutlich mehr – wie der neue Nato-Deal zustande kam
Mit einem größeren Beitrag zu den Kosten der Nato kommt Deutschland den USA ein bisschen entgegen. Doch Frankreich hatte massive Vorbehalte. Eine Analyse.
Wieder und wieder hat Donald Trump sich über Deutschland beklagt: Die Deutschen zahlten nicht genug für die Nato, die Amerikaner müssten den größten Teil der Lasten des Bündnisses tragen. Jetzt hat sich die Nato auf eine Neuverteilung der gemeinsamen Kosten ab 2021 geeinigt. Künftig sollen die Amerikaner weniger in das Budget einzahlen, während die Deutschen ihren Beitrag erhöhen.
Die Einigung bezieht sich lediglich auf die Verwaltungskosten, die für Personal, für das Hauptquartier und weitere Infrastruktur anfallen, nicht aber auf den eigentlichen Streitpunkt, die Höhe der nationalen Verteidigungsausgaben. Mit diesem Kompromiss soll Trump offenbar Entgegenkommen signalisiert werden. Die Einigung wurde wenige Tage vor dem Nato-Gipfel in London präsentiert, an dem auch der US-Präsident teilnehmen wird.
Die Verwaltungskosten der Nato werden nach einem festen Schlüssel verteilt, der sich bisher am Bruttonationaleinkommen der Mitgliedsstaaten orientiert. Allerdings hatten die USA bereits früher für sich eine Obergrenze ausgehandelt, da sie sonst den Großteil der Kosten hätten tragen müssen.
Derzeit ist Deutschland mit 14,8 Prozent der gemeinsamen Kosten der zweitgrößte Beitragszahler. Der neuen Regelung zufolge wird Deutschland künftig 16,35 Prozent übernehmen. Der Beitrag der USA soll von derzeit 22,1 Prozent auf 16,35 Prozent sinken. Deutschland und die USA würden also denselben Betrag nach Brüssel überweisen – eine symbolische Geste Richtung Washington.
Deutsche werden 33 Millionen Euro mehr zahlen
Sollte das Budget des Bündnisses gleichbleiben, würden die Amerikaner ab 2021 mehr als 120 Millionen Euro im Jahr sparen, während die Deutschen 33 Millionen zusätzlich für die Nato aufwenden müssten. In diesem Jahr lag der deutsche Beitrag bei 313 Millionen Euro.
Die USA hatten schon 2018 angekündigt, ihre Zahlungen an das Bündnis kürzen zu wollen. Daraufhin hat offenbar die Bundesregierung die Initiative ergriffen. Deutsche Diplomaten verhandelten in den vergangenen Monaten mit den USA und dem Nato-Generalsekretär über eine mögliche Neuverteilung der Kosten.
Ein erster Vorschlag, der bereits im September bekannt geworden war, stieß jedoch innerhalb des Bündnisses auf Kritik und musste deshalb noch einmal überarbeitet werden. Der Vorschlag sah vor, dass alle anderen Nato-Staaten ebenfalls mehr zahlen sollten, um die Senkung des US-Beitrags zu kompensieren.
Doch nicht alle Bündnispartner unterstützten die deutschen Pläne. Frankreich hatte schon früh massive Vorbehalte dagegen angemeldet, den USA einen Teil ihres Beitrags zu erlassen, weniger aus finanziellen als aus grundsätzlichen Überlegungen. In Paris hieß es, dies sei kein gutes Signal. Wenn man einem solchen Vorschlag zustimme, sei unklar, wo das enden werde. Frankreich fürchtete, dass sich die USA schrittweise immer weiter zurückziehen könnten, auch aus anderen internationalen Organisationen.
Deutschland machte die Rechnung ohne Frankreich
Dass die Deutschen auch in Kenntnis der französischen Vorbehalte mit den USA weiterverhandelten, wurde in Paris nicht gerade positiv aufgenommen. Den auf diese Weise entstandenen Vorschlag, der auch höhere Zahlungen Frankreichs vorsah, lehnte die französische Regierung ab. Daraufhin musste der Kostenschlüssel noch einmal neu berechnet werden. Für die Senkung des US-Beitrags sollen nun alle Nato-Partner aufkommen – mit Ausnahme Frankreichs.
Deutschland hat diese Rechnung zunächst ohne den engen Partner Frankreich gemacht, was ein weiteres Beispiel für das deutlich abgekühlte Verhältnis der beiden Nachbarn ist. Und hinter der französischen Ablehnung, den USA mit einer Senkung der Beiträge entgegenzukommen, steht ein viel tiefer liegender Konflikt. So bezeichnete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Nato gerade erst als „hirntot“. Der kleine Streit um die Neuverteilung der Kosten wirft damit ein Schlaglicht auf grundlegendere Probleme innerhalb des Bündnisses.